Szene der European Open in Winsen © picture alliance/dpa

Golf: Gewinnt erneut ein Außenseiter die European Open in Winsen?

Stand: 30.05.2024 09:27 Uhr

Von heute an finden bei Winsen an der Luhe die European Open der Profi-Golfer statt. Bisher gewannen fast immer Spieler auf der Green-Eagle-Anlage, die zuvor nie erfolgreich waren. Das könnte auch dieses Mal wieder passieren. Hoffnungen auf den Durchbruch machen sich in Freddy Schott und Anton Albers auch zwei junge Deutsche.

von Matthias Cammann

Als er nach sechs Stunden seine Runde beendet, zieht Schott sich die Kappe vom Kopf. Zum Vorschein kommt seine volle lockige Mähne, die ihm bis auf die Schultern fällt. Er strahlt und umarmt die drei Amateure, mit denen er gerade bei Wind und Wetter beim obligatorischen Pro-Am auf dem Platz gestanden hat.

Was für viele Profis ein Graus ist, macht dem 23-Jährigen einen Tag vor dem Start der siebten Auflage der European Open in Winsen richtig Spaß. Nebenbei hat ihn auch noch ein Kamerateam begleitet, um für einen Sponsor einen Werbefilm zu drehen. Viel Trubel vor dem so wichtigen Turnier in der Heimat. "Ich weiß, dass da die Meinungen auseinander gehen. Aber mir macht es Spaß, mit netten Leuten zusammen zu sein. Mich beflügelt das eher, als das es mich ablenkt", sagt Schott.

156 Spieler sind am Start - jeder kann gewinnen

50 Meter Luftlinie entfernt steht Albers auf der Range und bereitet sich vor. Der 24-Jährige aus Buchholz spielt noch unter dem Radar, gehört nicht zu den Auserwählten, die beim Pro-Am mithelfen sollen, den Golfsport, das Turnier und die Sponsoren in ein positives Licht zu rücken. Albers ist eher einer, der das Teilnehmerfeld auffüllt: "Ich habe genau vor einem Jahr hier in Green Eagle mein erstes Profi-Turnier gespielt. Und seit 2024 bin ich auf der Challenge-Tour, der zweiten Liga sozusagen." Weil Albers aber ein großes Talent ist und aus der Gegend kommt, hat er vom Veranstalter eine Einladung bekommen.

Wenn von heute an 156 Profis beim mit 2,5 Millionen Dollar dotierten Turnier der DP World Tour an den Start gehen, wollen sie alle gewinnen. Und gerade das Turnier bei Winsen hat gezeigt, dass auch der größte Außenseiter gewinnen kann. Ob die Engländer Richard McEvoy und Markus Armitage oder Kalle Samooja aus Finnland: In den zurückliegenden Jahren haben fast immer Spieler triumphiert, die nie zuvor einen Siegerpokal auf höchster europäischer Ebene ergattert haben.

"Wenn du als Star hierherkommst, kannst du von dem schwierigen Platz ganz schnell frustriert werden. Einige schenken dann schnell ab." Golf-Profi Marcel Siem

Für Marcel Siem, einen der erfahrenen deutschen Golf-Profis, ist das kein Wunder: "Wenn du als Star hierherkommst, kannst du von dem schwierigen Platz ganz schnell frustriert werden. Einige schenken dann schnell ab", erklärt der 43-Jährige: "Aber wenn du hungrig bist, den unbedingten Siegeswillen hast und dazu geduldig bist, dann ist hier deine Chance."

Das hat im vergangenen Jahr auch der nordirische "No Name" Tom McKibbin gezeigt, der mit 20 seinen ersten großen Titel holte. Siem und Maximilian Kieffer landeten auf einem geteilten zweiten Platz. Es sind Erfolge wie der von McKibbin, die die beiden deutschen Jungprofis Schott und Albers anspornen.

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Schott und Albers unterscheiden sich vom Äußeren und vom Wesen, aber auch ihr Werdegang könnte kaum unterschiedlicher sein. Albers entschied sich für den Weg über ein amerikanisches College, um sich Wettkampfhärte zu holen und fernab von zuhause selbstständig zu werden. Nach der Schule schlug er sofort die Profi-Laufbahn ein und wurde dabei von Siem unterstützt. Deshalb bezeichnet Schott ihn auch als seinen "großen Bruder, den ich in meiner Kindheit nie hatte".

Draufgänger Schott und ausgeglichener Albers

Während Albers seine Stärke darin sieht, "ziemlich ausgeglichen zu sein" und sehr zielgerichtet an die Sache zu gehen, ist Schott eher ein Draufgänger. Das zeigte sich in Green Eagle schon im vergangenen Jahr, als er zwischenzeitlich vorn mitmischte, sich dann aber mit fast haarsträubenden Fehlern um eine bessere Platzierung brachte.

Parallelen zwischen den beiden gibt es aber doch. Beide kennen den Platz, den Rockmusiker und Golf-Fan Alice Cooper wegen der Länge und Schwierigkeit "Green Monster" getauft hat, aus dem Effeff. Albers wohnt nur 30 Fahrminuten entfernt und darf, wann immer er möchte, auf dem Platz spielen und trainieren.

Schott ist, obwohl er aus Düsseldorf kommt, sogar Botschafter der Green Eagle Golf Courses: "Wann immer ich eine zweiwöchige Turnierpause habe, komme ich hier nach Winsen." Denn nicht nur Schott ist davon überzeugt, dass die Grüns in Green Eagle die besten in Deutschland sind und als einzige mit dem Standard von internationalen Top-Plätzen mithalten können.

Siem zählt Willett und Hojgaard zu den Favoriten - und Schott

Der letzte deutsche Heimsieg bei einem Turnier der DP World Tour liegt bereits 16 Jahre zurück. Im Juni 2008 gewann Martin Kaymer die International Open bei München. Aktuell ist die frühere Nummer eins der Weltrangliste auf der konkurrierenden LIV-Tour unterwegs.

Albers und Schott müssen bereits am Morgen zeigen, wie gut sie den Platz beherrschen und ob sie um den Titel mitspielen können. Siem gehört nach einer Hüft-Operation und gut einem Vierteljahr Pause nicht zu den Sieganwärtern. Aber er hat seine Favoriten, darunter natürlich die Offensichtlichen: Ex-Masters-Champion Danny Willett aus England, den dänischen Jungstar Rasmus Hojgaard oder den Sieger der Vorwoche, den Spanier Nacho Elvira.

Aber dann kommt in der Aufzählung von Siem schon sein "kleiner Bruder" Schott: "Achtet auf ihn. Der kennt den Platz, fühlt sich hier sauwohl und kann mit seinen Längen das 'grüne Monster' bezwingen." Albers, den noch Unscheinbaren aus Buchholz in der Nordheide, hat er nicht auf der Rechnung. Mal sehen, ob das so bleibt.

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