"Bock auf Basketball und Girl Power" - Nationalspielerinnen pushen Talente
Mehr Perspektive, mehr Sichtbarkeit - das hat sich die Hamburger Initiative "Project Girlspower" (PGP) auf die Fahnen geschrieben. DBB-Kapitänin Marie Gülich und ihre Nationalteamkollegin Emily Bessoir waren nun bei einem dreitägigen Basketball-Camp für Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren dabei, um sie anzuleiten und zu unterstützen.
Dumpfes Prellen, helles Quietschen von Schuhsohlen und der unverwechselbare Klang, wenn der Ball durchs Netz fliegt, erfüllen die Sporthalle des Gymnasium Hoheluft. Hier, im Hamburger Norden, jagen 28 junge Basketballerinnen dem Ball hinterher - unter den Augen von Camp-Organisatorin Miriam Sommerstedt und der beiden deutschen Nationalspielerinnen Marie Gülich und Emily Bessoir.
Lernen von zwei Olympia-Teilnehmerinnen
Sommerstedt ist Mitgründerin von "Project Girlspower". Seit dem vergangenen Jahr bietet das Projekt auf Initiative des Eimsbütteler TV und der TSG Bergedorf einmal im Monat vereinsübergreifend Training für Hamburger Nachwuchs-Basketballerinnen an. Das Ziel ist, "Mädchen im Basketball mehr Perspektive und Sichtbarkeit zu verschaffen", sagt Zweitliga-Spielerin Sommerstedt (ETV). Das Camp ist das erste dieser Art - weitere sollen folgen.
Bei der Auftaktveranstaltung bringen Gülich und Bessoir Olympia-Glanz in die sonst eher schlichte Schulsporthalle. Beide schafften im Sommer in Paris bei der Olympia-Premiere mit dem DBB-Team gleich den Einzug ins Viertelfinale. Seit den Spielen in der französischen Hauptstadt wollen immer mehr Mädchen Basketball spielen. Auch, weil die 3x3-Basketballerinnen dort sensationell Gold holten.
"Ich wollte immer mal ein Camp für Mädchen machen, aber ich hatte nie die Zeit", sagt die deutsche Kapitänin Gülich. "Jetzt bin ich das erste Mal seit zehn Jahren etwas länger in Deutschland und freue mich, etwas zurückzugeben und meine Erfahrung zu teilen."
Marie Gülich: DBB-Kapitänin und Vorbild
Über Erfahrung verfügt die 42-malige Nationalspielerin reichlich: 2018 bis 2020 war sie in der nordamerikanischen WNBA aktiv, der besten Basketball-Liga der Welt. Die 30-Jährige spielte in Italien, Polen und zuletzt in Spanien. Mit Valencia Basket holte die 1,95-m-große Centerspielerin in der vergangenen Saison das Triple aus spanischer Meisterschaft, Pokalsieg und Supercup. Neben weiteren Titeln gewann sie mit Valencia 2021 auch den Eurocup - den zweitwichtigsten europäischen Wettbewerb. Nach eine Reha-Pause steht Gülich ab Dezember in Taiwan bei Taiyuan unter Vertrag.
Eine beeindruckende Karriere. Findet auch Cleo Jacklofsky, die sich mit ihren Freundinnen wegen Gülich und Bessoir für das Camp entschieden hat: "Das sind schon Vorbilder für mich und die anderen, weil die echt viel erreicht haben. Hier von ihnen zu lernen, ist schon krass."
"Hier sind Frauen, die etwas erreicht haben. Frauen in Leadership-Positionen, die Entscheidungen treffen. Das ist ein gutes Beispiel für die jungen Mädchen." Nationalspielerin Marie Gülich
Gülich selbst habe das in ihrer Kindheit gefehlt, "weibliche Beispiele oder Spielerinnen, zu denen man ein bisschen aufschauen kann", erzählt sie. Deshalb sei das Camp bewusst nur für Basketballerinnen, auch das Trainerinnen-Team ist rein weiblich besetzt. Sogar Sidney Parson, Bundestrainerin für den weiblichen Nachwuchs beim Deutschen Basketball Bund (DBB) und Assistenz-Coach des A-Nationalteams, hat eine kleine Einheit geleitet. "Da hat man schon gesehen, dass sich der Gesichtsausdruck und die Intensität bei den Spielerinnen nochmal verändert hat", schmunzelt Gülich. "Das war cool zu sehen."
Hoffen auf bessere Strukturen und Perspektiven
Im Hamburger Camp seien "einige Talente" dabei: "Das macht mir Mut für die Zukunft und einfach Freude", sagt Gülich, die genau wie Bessoir langfristig auf bessere Strukturen und Perspektiven im deutschen (Frauen-)Basketball hofft. "Durch Olympia hat man den Schwung voll mitbekommen. Vor allem durch 3x3-Gold, aber auch mit unserem Weg nach Paris", sagt die 22-jährige Bessoir: "Es ist mega viel Potenzial da. Ich hoffe, dass wir das nutzen können."
Basketball ist in Deutschland jedenfalls so gefragt wie noch nie: 13 Prozent mehr Mitgliedschaften im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet der Deutsche Basketball Bund (Ermittlungsstand Januar 2024). Ein Allzeit-Hoch, das auch der Hamburger Mädchen-Basketball spürt: "Wir haben immer mehr Anfragen und teilweise Wartelisten. Es gibt auch viel mehr Vernetzungstreffen unter den Vereinen", sagt Sommerstedt. Sie freue sich besonders darüber, "dass wir gemeinsam versuchen, diese Welle zu reiten und voranzukommen".
EM-Gruppenphase 2025 in Hamburg
Die nächsten Highlights stehen für Deutschlands Basketballerinnen schon vor der Tür: Im kommenden Sommer richtet Hamburg die Gruppenphase der Basketball-EM aus. 2026 findet dann die Heim-WM in Berlin statt.
Zwei Turniere, die für die Hamburger Camp-Talente noch zu früh kommen. Aber "ich hoffe, dass wir mit diesen Events weiter viele motivieren und einfach alle Bock haben auf Basketball", sagt Gülich.