Handball: Kolstad-Konstrukt gerät ins Wanken - Sagosen will bleiben
Kaum ist das Handball-Millionenprojekt von Kolstad HB aus Norwegen gestartet, gibt es große Finanzprobleme. Topstars wie Sander Sagosen, der gerade den THW Kiel verlassen hat, stehen vor einer ungewissen Zukunft.
Als die Schlagzeilen vom finanziellen Schwelbrand beim Millionen-Projekt von Kolstad europaweit die Runde machten, musste Sagosen erst einmal als Feuerlöscher einspringen. "Ja", sagte der Ex-THW-Profi, "die Nachricht hat mich auch verletzt, aber ich stehe auch in dieser schweren Zeit hinter dem Verein". Soll heißen: Trotz der finanziellen Turbulenzen bei seinem neuen Arbeitgeber denkt der norwegische Handball-Nationalspieler, der in seiner Heimat das Aushängeschild des Vereins verkörpern soll, nicht an einen Abschied.
"Ich glaube wirklich an das Projekt und den Verein." Sander Sagosen
Ein Wechsel zurück in die Bundesliga kommt für Sagosen, den 27 Jahre alten Rückraumspieler, der zuletzt jahrelang für den THW Kiel auf Torejagd gegangen war, momentan nicht infrage. "Ich glaube wirklich an das Projekt und den Verein - trotz allem", sagte Sagosen der "Sport Bild". Er möchte "wirklich sehen, wie weit und gut wir dieses Jahr in der EHF Champions League sein können".
Kritik von HBL-Geschäftsführer Bohmann
Die Nachrichten aus Norwegen versetzten aber die gesamte Szene in Alarmbereitschaft. "Für die wechselnden Spieler ist das sehr bitter", sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann, der das Kolstad-Konstrukt stets kritisch gesehen hatte: "Die norwegische Liga sollte prüfen, ob Lizenzkriterien möglicherweise nicht erfüllt worden sind."
Fest steht: Das Projekt von Kolstad, das mit Spielern wie Sagosen, Magnus Röd und Göran Johannessen (beide von der SG Flensburg-Handewitt) den internationalen Handball aufmischen will, muss sparen. Wie der Club aus Trondheim mitteilte, müssen aufgrund der wirtschaftlichen Gesamtlage die Gehälter für Spieler, Trainer und andere Angestellte gekürzt werden.
Spielergehälter sollen sinken - im ersten Schritt um 30 Prozent
Sagosen bezeichnete dies als "eine harte Nachricht für alle Beteiligten". Nachdem sich die Lohnkosten in den letzten drei Jahren auf aktuell mehr als 52,8 Millionen norwegische Kronen (4,63 Millionen Euro) mehr als verfünffacht haben, müssen die Gehälter laut dem norwegischen Sender TV2 in der anstehenden Saison um 30 Prozent und in der folgenden um weitere 20 Prozent gekürzt werden.
Norwegische Sportler-Gewerkschaft eingeschaltet
"Ich freue mich, dass jetzt vor der Saison ein Realitätscheck durchgeführt wird, damit wir wissen, wie die Bedingungen sind", beteuerte Sagosen gegenüber der norwegischen Tageszeitung "Adresseavisen". Auf die Frage, ob sein eigenes Gehalt gekürzt wird, ging er allerdings nicht direkt ein.
Längst ist auch die norwegische Sportler-Gewerkschaft (NISO) in den Fall eingeschaltet. Es wird die Frage zu klären sein, ob die Spieler Gehaltseinbußen hinnehmen oder als Vertragsbruch einordnen würden, was mit Kündigungen einhergehen könnte. "Es liegt in unserer Verantwortung, Maßnahmen zu ergreifen, bevor wir in finanzielle Schwierigkeiten geraten", sagte Geschäftsführer Jostein Sivertsen nun. Erste Gespräche mit Spielern seien positiv verlaufen.
Die Uhr tickt: Kolstad, in der Champions League ein Vorrundengegner des THW Kiel, startet am 26. August mit einem Heimspiel gegen ÖIF Arendal in die neue Saison.