Haarige Karriere: Hansa-Legende Mike Werner
Mike Werner bestritt lediglich zwei Bundesligaspiele. Am 29. August 1995 stoppte ihn eine Verletzung. Dennoch erlangte der Verteidiger Kultstatus - aufgrund seiner imposanten Frisur.
Das Schicksal scheint es gut zu meinen mit Mike Werner an jenem Dienstagabend des 29. August 1995. Weil sich der eigentlich für die Startformation von Hansa Rostock vorgesehene Heiko März beim Aufwärmen leicht verletzt hat, darf der langmähnige Verteidiger gegen Borussia Dortmund sein zweites Bundesligaspiel bestreiten. Doch die Freude über die Berufung in die Anfangsformation währt nur kurz beim damals 25 Jahre alten Abwehrmann. Werner und Hansa erwischsen einen katastrophalen Start. Nach 27 Minuten liegen die Mecklenburger durch zwei Treffer von Ruben Sosa mit 0:2 in Rückstand.
"Hatte barbarische Schmerzen"
So weit, so schlecht. Doch es soll noch schlimmer kommen für den Erstliga-Startelf-Debütanten. Kurz vor der Pause schlägt das Schicksal für Werner an diesem Tag ein zweites Mal zu. Diesmal in die andere Richtung. Nach einem Zusammenprall mit Knut Reinhardt bleibt der Verteidiger mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden liegen, signalisiert sofort, ausgewechselt werden zu müssen. "Ich hatte barbarische Schmerzen. Ich konnte nicht mehr auflaufen. Das Knie ist gleich geschwollen. Das hat man sofort gemerkt, dass da nichts mehr ging", erinnert sich Werner im Gespräch mit dem Sportclub des NDR Fernsehens. Nach nur zwei Bundesliga-Einsätzen musste er seine Profikarriere damals beenden. In nachhaltiger Erinnerung geblieben ist der gebürtige Spremberger vielen Fans dennoch. Das allerdings weniger wegen seiner fußballerischen Fähigkeiten, sondern seiner auffälligen Frisur. "Mike Werner: Legende dank Oliba (Abkürzung für Oberlippenbart, die Redaktion) und Vokuhila (vorne kurz, hinten lang)", heißt es treffend auf dem Internetportal "kult-kicker.de".
Leistungsträger in der Aufstiegssaison
Der frühere Hansa-Profi wehrt sich allerdings vehement dagegen, nur ob seiner "Haarpracht" Ruhm erlangt zu haben. Er habe nicht zufällig 100 Zweitliga-Partien bestritten, meint er und fügt energisch an: "Wer weiß, wie viele es geworden wären, hätte ich mich nicht verletzt. Es lag ja nicht nur an den Haaren, dass ich aufgefallen bin. Ich war ja auch spielerisch ab und zu mal gut." Darüber indes lässt sich vortrefflich streiten. Denn Werners Interpretation von Fußball ist während seiner aktiven Karriere eher kampfbetont. Der Mann mit den schulterlangen Haaren geht keinem Zweikampf aus dem Weg. Und er gewinnt das Duell Mann gegen Mann in den meisten Fällen. Das macht ihn zu einem formidablen Zweitliga-Kicker. Als Rostock in der Saison 1994/1995 der Wiederaufstieg in die Bundesliga gelingt, gehört der kompromisslose Verteidiger zu den Leistungsträgern bei den Mecklenburgern. Es ist der größte sportliche Erfolg des 27-maligen Juniorennationalspielers der DDR.
"Zum Friseur rein und dann waren sie ab"
Dass Werner anschließend in Fankreisen peu a peu Kultstatus erlangt, gründet auf ein Porträtbild für ein Sammelalbum, in dem alle Profis der 18 Erstligisten abgebildet sind. Die Haare des Rostocker Abwehrmanns reichen vom Hinterkopf über die Schultern bis zur Brust. Dazu trägt Werner einen sorgsam gepflegten Oberlippenbart und einen kleinen goldenen Ring im Ohr. Zwar ist der Verteidiger Mitte der 1990er-Jahre nicht der einzige Berufsfußballer, der eine solch auffällige Haarpracht hat, doch kein anderer Kicker präsentiert sich so extravagant wie er. "Ich war überzeugter Vokuhila-Träger, ich würde es wieder genauso machen. Ein bisschen abkapseln von den anderen, das war schon okay", sagt Werner. Auch nach dem jähen Ende seiner Profilaufbahn trägt der passionierte Motorradfahrer weiter "lang". Erst als er privat vor einem Neuanfang steht, entschließt er sich, sein Äußeres zu verändern. "Das war eine Familiengesichte. Ich stand vor der Scheidung. Und dann habe ich einen absoluten Cut gemacht und mich total verändert. Ich habe damals 15 Kilo abgenommen und die Haare abgeschnitten. Es war eine komplizierte Zeit. Man hat über alles gegrübelt und irgendwann ist es passiert: Zum Friseur rein und dann waren sie ab", erinnert sich der ehemalige Abwehrmann. Hätte er seine heutige Kurzhaarfrisur bereits zu Profizeiten getragen, Mike Werner wäre gewiss rasch in Vergessenheit geraten. So aber ist er trotz nur zwei Bundesliga-Kurzeinsätzen eine Legende. Dank "Oliba" und "Vokuhila".