96-Boss Kind will mit Trainer Kocak verlängern
Womöglich haben sich die Zeiten tatsächlich geändert. Bei Hannover 96 läuft es auch nach dem Trainerwechsel von Mirko Slomka zu Kenan Kocak (drei Siege aus neun Spielen) alles andere als rund. Doch statt dem üblichen Reflex zu erliegen, die Verpflichtung eines neuen Coachs voranzutreiben, plant Clubchef Martin Kind, den Vertrag von Kocak sogar zu verlängern: "Kocak ist der richtige, der geeignete Trainer für 96, ich schätze ihn sehr", sagte der 75-Jährige Hannoveraner Medien und fügte hinzu: "Nach dem Spiel in Bielefeld werden wir die Vertragsgespräche mit dem Trainer beginnen." Der Spitzenreiter empfängt 96 heute (13.30 Uhr/im NDR Livecenter) auf der Bielefelder Alm.
Kocak hat bei Kind Stein im Brett
Kind hatte im Oktober eingeräumt, "in den letzten zwei Jahren unglaublich viele Fehler gemacht" zu haben. "Natürlich nicht bewusst", aber eben doch folgenschwer.
Das Dilemma: In den beiden jüngsten Bundesliga-Spielzeiten gab Hannover 96 (und damit Hauptgesellschafter Kind) so viel Geld für die Mannschaft aus wie nie zuvor. Der sportliche Misserfolg wiegt damit umso schwerer. Zumal langsam die Erkenntnis gereift sein sollte, dass Geld eben doch keine Tore schießt.
Hinzu kommen die unrühmlichen Amtszeiten der Manager Martin Bader und Horst Heldt, an dem Kind gegen dessen mehrfach öffentlich geäußerten Wechselwunsch festhielt, sowie zuletzt der Fall Jan Schlaudraff. Eigentlich als Assistent eingeplant, stand der Ex-Profi plötzlich selbst in der Verantwortung - und auch Schlaudraff scheiterte.
Mehr denn je hat sich Kind deshalb in den vergangenen Wochen und Monaten wieder selbst ins Tagesgeschäft eingeschaltet. Und eine neue Baustelle auf dem Cheftrainer-Posten möchte Kind auf jeden Fall verhindern. Schon in der Winterpause hatte der Unternehmer Fußballlehrer Kocak ausdrücklich gelobt: "Ihm ist es gelungen, der Mannschaft wieder Selbstvertrauen zu vermitteln, taktische Disziplin, Kondition, ein anderes Zweikampfverhalten und weitere Faktoren, sodass nach heutiger Einschätzung der Turnaround gelungen ist."
Erinnerungen an 96 unter Stendel 2017
Seitdem hat Kocaks Team fünf Punkte aus vier Spielen geholt. Und nun kommt Tabellenführer Bielefeld. Kurioserweise gab es fast auf den Tag genau vor drei Jahren ebenfalls dieses Duell in der Zweiten Liga - allerdings in Hannover und mit entgegengesetzten Vorzeichen: Hannover war unter Trainer Daniel Stendel Tabellenzweiter, Bielefeld schwebte in akuter Abstiegsgefahr. Publikumsliebling Stendel, der "seinem" Club trotz des Abstiegs neues Leben eingehaucht hatte, musste nur 22 Tage nach dem Bielefeld-Match (2:2) gehen. Im Vierkampf um den Aufstieg war 96 erstmals auf Rang vier zurückgefallen, hatte aber nur drei Punkte Rückstand auf Rang zwei.
Kocaks Lage ist heute trotz nur fünf Punkten Vorsprung auf den Abstiegsrelegationsrang deutlich entspannter. Der 39-Jährige, der am 15. November seinen Dienst antrat, sitzt fest im Sattel und soll Medienberichten zufolge einen neuen Zweijahresvertrag erhalten. Nicht von ungefähr hat Kind die Vertragsgespräche schon vor dem Duell mit dem Spitzenreiter angekündigt. Dabei tritt Bielefeld mit der Empfehlung von zuletzt 10:1 Toren in zwei Spielen an.