Glückliche Kiezkicker jubeln spät gegen Nürnberg
Der Re-Start in die zweite Fußball-Bundesliga ist für den FC St. Pauli glücklich verlaufen. Nach sehr schwachem Beginn und auch dank 35-minütiger Überzahl im zweiten Durchgang kamen die Hamburger am Sonntag im Geisterspiel am heimischen Millerntor gegen den abstiegsbedrohten 1. FC Nürnberg zu einem 1:0 (0:0)-Sieg. Der eingewechselte Schwede Viktor Gyökeres traf kurz vor Schluss.
Mit dem Erfolg bei Kreisliga-Atmosphäre setzte St. Pauli seine gute Serie aus der Vor-Corona-Zeit fort und blieb auch im fünften Spiel ungeschlagen. Nach 26 Spieltagen liegen die Hamburger in der Tabelle auf dem neunten Rang, der Vorsprung auf Relegationsplatz 16 beträgt nun fünf Punkte. "Es war ein schwieriges Spiel heute. Am Ende sind wir der glückliche Gewinner. Wenn man weiß, wie wichtig solche ersten Spiele sind, freue ich mich für meine Spieler", sagte St. Paulis Coach Jos Luhukay.
St. Pauli findet nicht ins Spiel
Im sonst so lautstarken und farbenfrohen Millerntor-Stadion hing nur ein Transparent der St. Pauli-Fans mit der Aufschrift "Fussball lebt durch seine Fans - Reformen jetzt". Ansonsten verstand man bei gespenstischer Atmosphäre jedes Kommando, auf dem Platz und von der Seitenlinie. "Wir mussten uns erst mal an die Situation gewöhnen. Für jeden, der dabei war, war das eine neue Atmosphäre", sagte Kapitän Daniel Buballa.
Die Gäste kamen mit der ungewohnten Situation besser zurecht, Nikola Dovedan hatte nach 58 Sekunden die Führung auf dem Fuß. Die erste und einzige gefährliche Aktion der Hamburger im ersten Durchgang ließ 19 Minuten auf sich warten - hatte es aber doppelt in sich: Erst scheiterte Waldemar Sobota aus sechs Metern an FCN-Keeper Christian Mathenia, der auch den Nachschuss von Rico Benatelli wegfischte.
Danach gab Nürnberg wieder den Ton an: Hanno Behrens flankte auf Sturmspitze Adam Zrelak, der aus vier Metern über das Tor köpfte (24.). Anschließend scheiterten Tim Handwerker (27.) und Johannes Geis (36.) mit direkten Freistößen am glänzend reagierenden Robin Himmelmann. Luhukay reagierte noch vor der Halbzeit auf die Dominanz der Gäste: Finn Ole Becker kam für den unauffälligen Dimitrios Diamantakos. Der kurzfristige Effekt blieb aus. Stattdessen hätte Dovedan in der 42. Minute die Club-Führung erzielen müssen, jagte den Ball aber über das von Himmelmann verlassene Tor. Mit dem schmeichelhaften 0:0 aus Sicht der Kiezkicker ging es mundbeschützt in die Kabinen.
"Lucky Punch" durch Gyökeres
Ein Steilpass von Sobota auf Henk Veerman änderte den Spielverlauf. Der Holländer lief frei auf Mathenia zu, legte den Ball an ihm vorbei und wurde vom Schlussmann der Gäste mit gestrecktem Bein vor dem Strafraum zu Fall gebracht.
Schiedsrichter Daniel Siebert zog den Videobeweis zu Rate und stellte Mathenia anschließend mit Rot vom Platz (55.), Geis musste Ersatztorhüter Felix Dornebusch weichen. Den fälligen Freistoß schoss Marvin Knoll in die Arme des gerade eingewechselten Keepers.
Die Franken zogen sich zurück und überließen den Gastgebern die Partie. Die Braun-Weißen offenbarten Defizite im Offensivspiel, ließen Passpräzision und Durchschlagskraft lange vermissen. In der 68. Minute hatte der aufgerückte Verteidiger Sebastian Ohlsson die Großchance zur Führung. Eine Kopfballvorlage des eingewechselten Gyökeres beförderte der Schwede per Seitfallzieher über das Tor.
Nach dem Abpfiff nach Hause
Der Vorlagengeber wurde in der 84. Minute dann selbst zum Matchwinner: Sobota bediente den Stürmer, der sich an der Strafraumgrenze im Duell mit Georg Margreitter durchsetzte, nach innen zog und flach ins rechte Toreck schoss. Damit besiegelte er den ersten Geisterspiel-Sieg in der 110-jährigen Vereinsgeschichte des FC St. Pauli. Nach einer Woche in Hotel-Quarantäne durften die Profis nach dem Abpfiff wieder nach Hause. Für Montag und Dienstag gab ihnen der Trainer frei.