Wilde Schlussphase gegen Hertha: Kiel verpasst Sprung an die Spitze
Fußball-Zweitligist Holstein Kiel hat den Sprung auf einen direkten Aufstiegsrang verpasst. Die Kieler verloren am siebten Spieltag unglücklich 2:3 (0:2) gegen Absteiger Hertha BSC. Nach vier Siegen zu Saisonbeginn war es die zweite Niederlage in Folge für die KSV.
Diese Niederlage dürfte sich für das Team von Kiel-Trainer Marcel Rapp besonders bitter anfühlen. Die Gastgeber waren nach einem Zwei-Tore-Rückstand zur Pause fulminant aus der Kabine gekommen. Die Torschützen Benedikt Pichler (54.) und Steven Skrzybski per Strafstoß (56.) sowie Keeper Timon Weiner (88.) mit einem gehaltenen Elfmeter sorgten für einen vermeintlichen Punktgewinn. Diesen entriss den "Störchen" ausgerechnet Ex-Kieler Fabian Reese - ebenfalls per Foulelfmeter - in der Nachspielzeit (90.+2.).
Rapp: "Ob das ein klarer Elfmeter war?"
"Das ist sehr bitter, vor allem die Art und Weise dann mit den zwei Elfmetern", sagte Skrzybski nach dem Spiel dem NDR: "In der ersten Halbzeit haben wir es einfach nicht verdient. In der zweiten schon, aber wir müssen es konstant in beiden Halbzeiten unter Beweis stellen." Trainer Rapp haderte mit dem zweiten Strafstoß für die Hertha: "Ob das jetzt ein klarer Elfmeter war, weiß ich nicht", sagte der 44-Jährige, "ich hätte mir gewünscht, dass er sich das noch einmal anguckt. So kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen."
"Wie wir aus der Pause gekommen sind, das ist das Gesicht, das wir zeigen wollen. Am besten von der ersten Minute an." Steven Skrzybski, Holstein Kiel
Nach dem schwachen 1:5 beim FC St. Pauli nahm Rapp zwei Änderungen vor: Lewis Holtby und Colin Kleine-Bekel rückten in die Startelf. Mittelfeldakteur Holtby übernahm die Kapitänsbinde von Philipp Sander, der mit muskulären Problemen fehlte. Beide Teams tasteten sich zu Beginn erst einmal ab. Die erste gute Möglichkeit hatte Shuto Machino, der nach einer Flanke von Skrzybski komplett freistehend auf Höhe des Elfmeterpunkts zum Abschluss kam (9.). Der Ball ging allerdings meilenweit über das Tor hinaus in den strahlend blauen Kieler Himmel - da wäre mehr drin gewesen.
Weiner rettet stark gegen Tabakovic
Im direkten Gegenzug wurde es brandgefährlich: Haris Tabakovic, bester Torschütze der Liga, hatte aus kürzester Distanz die Führung auf dem Fuß, doch Holstein-Torhüter Weiner reagierte überragend und verhinderte den Rückstand. Der Angriff war von Reese eingeleitet worden, der auf der linken Seite gleich mehrere seiner ehemaligen Mitspieler überlief und den Ball scharf in den Fünfmeterraum auf Tabakovic spielte.
Die Zuschauer im Holstein-Stadion sahen eine ausgeglichene, aber sehr ansehnliche Partie, lediglich die Tore fehlten - noch. Auch weil beide Teams zu wenig aus ihren Möglichkeiten machten. So auch Pichler, der einen haarsträubenden Querpass aus der Berliner Abwehrreihe abfing - das Geschenk aber nicht nutzte.
Ex-Kieler Reese leitet 0:1 ein
Besser machten es nach einer guten halben Stunde die Gäste: Erneut war es Reese, der den Ball von Linksaußen wunderschön in den Strafraum flankte und dort den mitgestürmten Smail Prevljak fand. Der nickte aus kurzer Distanz problemlos ein - 0:1 (27.). Das Gegentor sorgte für einen Bruch im Spiel der Hausherren, jetzt war die "Alte Dame" am Drücker. Andreas Bouchalakis baute in der 39. Minute per Abstauber die Führung aus. Schlussmann Weiner hatte einen Prevljak-Schuss nach vorne abprallen lassen - der BSC-Mittelfeldspieler nahm dankend an. Mit dem 0:2 ging es in die Kabinen.
2:2 nach 0:2 - Dreifachwechsel mit Wirkung
KSV-Coach Rapp wechselte zur Halbzeit gleich dreimal. Und die Maßnahme wirkte: Die Kieler starteten in Durchgang zwei mit einer Druckphase: Nach Chancen von Skrzybski und Tom Rothe (beide 52.) sorgte Pichler für den Anschlusstreffer. Der Österreicher kam nach einer Ecke am Fünfmeterraum zum Kopfball (54.) - nur noch 1:2. Direkt in der nächsten Szene war es wieder Pichler, der im Mittelpunkt stand. Der Stürmer wurde von Herthas Toni Leistner im Strafraum gefoult - den fälligen Elfmeter verwandelte Skrzybski sicher (57.).
Alles wieder offen im Holstein-Stadion, wo die Kieler nun wie entfesselt spielten. Nur fünf Minuten nach dem Ausgleich bediente Skrzybski Pichler im Fünfmeterraum - der nur knapp vorbeirauschte. Kurz darauf war es erneut Pichler (64.), der eine Großchance vergab. Der Kopfball des Stürmers ging knapp über das Tor der Berliner. Nach diesem fulminanten Start kehrte etwas Ruhe in das Spiel ein. Wohl auch, weil mit Pichler einer der gefährlichsten Akteure in der 74. Minute verletzt ausgewechselt werden musste.
Zwei Elfmeter in der Schlussphase
In den Schlussminuten wurde es dann doch noch wild: Kleine-Bekel brachte Tabakovic im eigenen Strafraum zu Fall. Nach VAR-Überprüfung korrigierte Schiedsrichter Florian Badstübner seine Entscheidung und zeigte auf den Elfmeterpunkt. Doch Kiels Keeper parierte gegen Schütze Tabakovic.
Der Punktgewinn war dadurch aber keinesfalls gesichert. In der 89. Minute gab es erneut Foulelfmeter - dieses Mal verursacht durch Fiete Arp. Der zweite Strafstoß saß: Ausgerechnet Reese verwandelte sicher zum 2:3-Endstand (90.+2.). Den Schlusspunkt aus Kieler Sicht hinter einen bitteren Nachmittag setzte dann Marvin Schulz, der nach einer Rangelei auch noch mit Gelb-Rot vom Platz musste (90.+7).