Hürzeler-Kumpel Atamimi: "Wusste, dass er es schaffen wird"
Fabian Hürzeler hat den Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli mit sechs Siegen in Folge in Windeseile aus dem Tabellenkeller geführt. Dass der gerade einmal 30 Jahre alte Coach die Hamburger in die Erfolgsspur führen würde, war Khalid Atamimi klar. Er gewährte Hürzeler nach dessen Umzug 2020 nach Hamburg Unterschlupf. Sie lebten ein Jahr lang gemeinsam unter einem Dach.
Am Sonnabendnachmittag hat der Eimsbütteler TV seine Titelambitionen in der Oberliga Hamburg eindrucksvoll untermauert. Mit 7:0 gewann der Aufsteiger seine Auswärtspartie beim SV Curslack-Neuengamme und brannte dabei erneut ein Fußball-Feuerwerk ab. Dabei fehlte der prominenteste Spieler im Kader des ETV noch: Fabian Hürzeler. St. Paulis Trainer war in den vergangenen zweieinhalb Jahren immer mal wieder für den Fünftligisten aufgelaufen und hatte dabei "gute Impulse im Zentrum gesetzt", wie Atamimi im NDR Interview erzählt.
Der 31-Jährige coacht die Eimsbütteler Himmelsstürmer, die vom Durchmarsch in die Regionalliga träumen. Auf Hürzeler wird der Deutsch-Niederländer in Zukunft aber wohl verzichten müssen. "Er wollte jetzt eigentlich noch einmal angreifen, hat sich dann aber im Testspiel gegen Niendorf leider verletzt. Jetzt haben wir zu ihm gesagt: 'Ey, mach mal erstmal St. Pauli. Und wenn du Zeit hast, kommst du vorbei. Und wenn nicht, ist auch alles in Ordnung. Hauptsache, du rockst das Ding mit St. Pauli'", sagte Atamimi.
"Er macht es überragend"
Dieser Aufforderung kommt Hürzeler derzeit eindrucksvoll nach. Am Freitag gelang dem jüngsten Trainer im deutschen Profifußball beim 2:1 in Paderborn der sechste Sieg in Folge mit dem Kiezclub. Dass der 30-Jährige St. Pauli wieder in die Erfolgsspur führen würde, kommt für Atamimi nicht überraschend. "Das habe ich ihm zu 100 Prozent zugetraut, weil ich genau weiß, wie er denkt und wie er Fußball spielen lässt. Er hat eine ganz angenehme Art, den Jungs zu vermitteln, wie er Fußball spielen will. Und da wusste ich von Anfang an, dass er es schaffen wird, sie aus dem Keller herauszuführen. Aber wie er das aktuell macht, ist ja überragend", erklärt der ETV-Coach.
Nach Umzug aus Pipinsried ein Jahr lang WG-Mitbewohner
Beide verbindet eine besondere Beziehung. Atamimi nahm Hürzeler 2020 nach seinem Umzug aus dem oberbayerischen Pfarrdorf Pipinsried, wo er den ansässigen Club betreut hatte, in seiner Wohnung auf. Den Kontakt hatte Loïc Favé vermittelt, der zu diesem Zeitpunkt vom ETV zu St. Pauli wechselte und beim Zweitligisten wie Hürzeler neuer Co-Trainer von Timo Schultz wurde. Ein Jahr lang wohnte der jetzige Erfolgscoach des Kiezclubs bei Atamimi und zeigte dabei trotz seines Engagements im Profibereich keinerlei Starallüren.
"Er ist ein sehr angenehmer, richtig guter Mensch, sehr kommunikativ und offen - einfach fußballverrückt", beschreibt der 31-Jährige seinen ehemaligen Mitbewohner: "Man konnte auch mit ihm Spaß haben und feiern gehen. Er ist ein ganz normaler Typ, überhaupt nicht abgehoben."
Hürzeler und die Sache mit der Ordnung
Während St. Paulis Fußballer unter der Regie von Hürzeler sehr diszipliniert und geordnet auftreten, nahm es der 30-Jährige zu seinen WG-Zeiten nicht immer so genau mit der Ordnung, wie Atamimi mit einem Augenzwinkern verrät: "Was sein Zimmer anging, gab es da in jedem Fall noch Entwicklungspotenzial." Das indes lag wohl auch daran, dass Hürzeler stets nur den Fußball im Kopf hatte. "Jedes Mal, wenn er nach dem Training oder Spiel nach Hause kam, saß er noch mit dem Laptop auf dem Sofa", erklärt Atamimi.
Schultz-Nachfolger führt Kiezclub aus dem Keller
Diese Akribie in der Vor- und Nachbereitung von Übungseinheiten sowie Spielen ist offenbar eines der Geheimnisse des Erfolges von Hürzeler. Der 30-Jährige überlässt nichts dem Zufall und scheint zudem bislang in der Menschenführung alles richtig zu machen bei St. Pauli, das zur Winterpause nur wegen der besseren Tordifferenz gegenüber dem 1. FC Nürnberg und 1. FC Magdeburg nicht auf Relegationsrang 16 beziehungsweise Abstiegsplatz 17 stand.
Es folgten die Trennung von Schultz, Hürzelers überraschende Beförderung zum Chefcoach und die nun seit sechs Spieltagen anhaltende Siegesserie.
"Traue ihm die Bundesliga in jedem Fall zu"
"Ich bin mega, mega stolz auf diesen Jungen, dass er diesen Weg eingeschlagen hat. Und ich hoffe, dass es so weitergeht", erklärt Atamimi. Sollte dies der Fall sein, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sein früherer Mitbewohner in Deutschlands Beletage an der Linie steht. "Früher oder später traue ich ihm die Bundesliga in jedem Fall zu", sagt der 31-Jährige.
Beide haben übrigens nicht nur die Wohnung gemeinsam geteilt, sondern auch als Trainer - wenn auch auf unterschiedlichen Ebenen - eine ähnliche Erfolgsgeschichte. Denn Atamimi führte den ETV gleich in seinem ersten Trainerjahr in die Oberliga und klopft nun mit dem Club gar an das Regionalliga-Tor an.