Vor 20 Jahren: Als Schiedsrichter Hoyzer den Wettskandal auslöste
Der Fall Robert Hoyzer gehört zu den dunkelsten Kapiteln der deutschen Fußball-Geschichte. Vor 20 Jahren, am 21. August 2004, manipulierte der Schiedsrichter das DFB-Pokalspiel zwischen dem SC Paderborn und dem HSV. Die Begegnung war der Auslöser des Wettskandals, der den deutschen Fußball monatelang in seinen Grundfesten erschütterte.
Als die Erstrundenpartie des Hamburger SV beim Regionalligisten in Paderborn beendet war, sah alles zunächst nach einer weiteren "typischen" Pokalblamage eines Bundesligisten aus. 2:4 (2:2) hatten die Hanseaten verloren und waren damit bereits zum vierten Mal an einem Amateurclub gescheitert. Zwei Elfmeter und ein Platzverweis sorgten für das Aus des Favoriten - die Hamburger suchten und fanden in Schiedsrichter Robert Hoyzer dann auch schnell einen Schuldigen. Wie Recht sie damit hatten, ahnten sie allerdings selbst nicht.
Zweifelhafter Elfmeterpfiff
Zunächst lief an jenem 21. August alles nach Plan für den Bundesligisten. Vor 7.027 Zuschauern gingen die Hamburger durch Christian Rahn (13.) und Emile Mpenza (30.) mit 2:0 in Führung und wähnten sich auf der Siegerstraße. "Mach' mal was. Den Rest erledige ich", sagte Hoyzer, der den Drahtziehern des Wettskandals eine HSV-Niederlage versprochen hatte, zu einem Paderborner. Und tatsächlich wendete sich in der 35. Minute das Blatt.
Der Paderborner Thijs Waterink fiel im Strafraum um, Hoyzer entschied auf Strafstoß - es stand nur noch 1:2. HSV-Stürmer Mpenza verlor die Nerven, beschimpfte den (vermeintlich) Unparteiischen und kassierte die Rote Karte. "Das kam mir sehr gelegen, war aber gerechtfertigt", gab Hoyzer später zu Protokoll. Was nämlich keiner ahnte: Der 25-Jährige stand im Bunde mit kroatischen Wettpaten und hatte dafür zu sorgen, dass Paderborn die Partie gewann - so war es mit seinen Auftraggebern abgesprochen, die eine hohe fünfstellige Summe auf einen Erfolg des Underdogs gesetzt hatten und sechsstellig kassieren wollten.
Zwei Jahre und fünf Monate Haft für Hoyzer
Noch vor der Halbzeitpause kam Paderborn zum Ausgleich und drehte in der zweiten Hälfte die Partie. Unter anderem, weil Hoyzer erneut einen sehr fragwürdigen Elfmeter für die Gastgeber pfiff. Nach dem Spiel erklärten die Trainer Pavel Dotschev (Paderborn) und Klaus Toppmöller (Hamburg) unisono, der erste Elfmeter sei der Knackpunkt der Begegnung gewesen, an gemeinschaftlichen Wettbetrug dachten jedoch beide nicht.
Erste Ermittlungen gegen Hoyzer hinsichtlich etwaiger Spielmanipulationen gab es erst im Januar 2005, als sich mehrere Schiedsrichter deshalb an den DFB wandten. Elf Partien - unter anderem auch das Pokalspiel in Paderborn - standen im Fokus der Ermittlungen. Im November 2005 wurde Hoyzer, der seine vorsätzlichen Fehlentscheidungen bei Pokal- und Zweitliga-Spielen gestanden hatte, schließlich zu zwei Jahren und fünf Monaten ohne Bewährung verurteilt. Auch drei kroatische Wettpaten wurden ermittelt und erhielten Haftstrafen.
Finanzielle Entschädigung für den HSV
Der Sumpf war tief: Spieler gaben zu, Geld angeboten bekommen oder sogar angenommen zu haben. Manipulierte Partien mussten wiederholt werden, zudem beschloss der Verband ein Wettverbot für alle im Fußball involvierten Personen.
Das Pokalspiel zwischen Paderborn und dem HSV konnte indes nicht erneut ausgetragen werden, weil bei Bekanntwerden der Manipulationen bereits zwei weitere Runden des Wettbewerbs ausgespielt worden waren. Der HSV bekam stattdessen als Entschädigung 500.000 Euro und die Zuschauereinnahmen in Höhe von 1,5 Millionen Euro aus dem Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft am 12. Oktober 2005 in Hamburg gegen China (1:0).
Der HSV rutschte nach der Niederlage in Paderborn in eine sportliche Krise und am achten Bundesliga-Spieltag auf den letzten Tabellenplatz. Nach einem 0:2 gegen Arminia Bielefeld wurde Toppmöller entlassen. Einen Job als Bundesliga-Trainer bekam er anschließend nicht mehr.
Hoyzer muss Schadensersatz bis 2026 zahlen
Hoyzer, der von der Wettmafia 67.000 Euro für seine "Dienste" erhalten hatte, trat seine Haftstrafe am 18. Mai 2007 an und wurde nach 14 Monaten wegen guter Führung aus der Haft entlassen. Außergerichtlich hatte der Ex-Schiedsrichter gegenüber dem DFB einen Schadensersatz in Höhe von 750.000 Euro anerkannt.
Allerdings muss der frühere Referee nur 126.000 Euro in Raten zahlen - bis ins Jahr 2026. Dafür verzichtete er darauf, einen wirtschaftlichen Nutzen in Form einer Buchveröffentlichung oder einer Filmproduktion aus dem Skandal zu ziehen. Im April 2011 akzeptierte der damalige DFB-Präsident Theo Zwanziger Hoyzers Gnadengesuch und hob dessen lebenslange Sperre teilweise auf.
Als verspätete Reaktion auf den Skandal führten der DFB, die Europäische Fußball-Union (UEFA) und auch der Weltverband FIFA verschiedene Frühwarnsysteme ein.