Göttlich: "Fußball eine Nussschale auf hoher See"
Wie geht es weiter im deutschen Profi-Fußball während der Corona-Pandemie? Die Debatte um einen Neustart mit Geisterspielen schwelt seit Wochen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat ein umfangreiches Konzept entwickelt und hofft nun auf grünes Licht durch die Politik. Ob und wann es die Erlaubnis gibt, unter strengen Sicherheitsauflagen zu spielen, ist allerdings unklar.
"Wie bekommen wir wieder Boden unter die Füße"
"Kein Mensch weiß, wie es irgendwie irgendwann konkret weitergehen kann", stellte Oke Göttlich, Präsident des Zweitligisten FC St. Pauli, im Podcast "Die NDR 2 Bundesligashow" klar. Der 44-Jährige unterstrich gleichzeitig, wie ernst die Lage derzeit für die Profi-Clubs insgesamt sei: "Wir befinden uns in einer Nussschale bei Gewitter auf hoher See", so Göttlich: "Die erste Aufgabe muss sein: Wie bekommen wir wieder Boden unter die Füße."
Keine Alternative zu Geisterspielen
Die Clubführung des FC St. Pauli steht traditionell im engen Austausch mit den eigenen Fans, und Göttlich hat Verständnis für Kritiker und Skeptiker, die eine Sonderrolle des Fußballs anprangern. Er betonte aber ganz deutlich: "Wir müssen den Betrieb irgendwie am Laufen halten, weil wir sonst einen Trümmerhaufen hinterlassen. Die Liga wird es so nicht mehr geben können, wenn wir nicht ins Spielen kommen."
St. Pauli hat finanzielle Reserven
Der FC St. Pauli befinde sich aber in einer verhältnismäßig guten Situation. "Wir sind wirtschaftlich so aufgestellt, dass wir das Tafelsilber bei uns und damit Möglichkeiten haben", unterstrich der Präsident. Selbst wenn in diesem Jahr überhaupt keine Partien mehr mit Zuschauern stattfänden, hätte der Verein Reserven.
Was absurd scheint, könnte bald Wirklichkeit sein
Ohnehin sei die Struktur des Clubs derzeit von großem Vorteil. Das beinhalte auch das hohe Maß an Partizipation: "Es ist unfassbar wichtig, in diesen Zeiten ein Mitglieder-geführter Verein zu sein, weil es Teilhabe ermöglicht." Was sagt der Präsident den Kritikern? Wissenschaftliche Abhandlungen "holen natürlich keinen Fan hinterm Ofen hervor". Aber: "Wir müssen sachlich, prozessual Dinge besprechen", erklärte Göttlich, der vieles für denkbar hält. Auch die Möglichkeit, dass Profis mit Gesichtsmasken spielen, wie in einem Entwurf des Bundesarbeitsministeriums vorgeschlagen?
"Wir werden Dinge erleben, von denen wir vorher nicht geglaubt haben, dass sie möglich sind. Vielleicht spielen Fußballer mit Masken, auch wenn das eigentlich absurd ist. Aber: kann doch sein", sagte der St.-Pauli-Präsident.
"Es geht nicht mehr um Einzelschicksale"
Göttlich zeigt sich offen für Ideen, hat aber auch klare Vorstellungen für die Zukunft des Profi-Fußballs. "Den deutschen Fußball rettet das Lizenzierungsverfahren zu einem großen Teil. Aber eben nicht genug, sonst müssten wir ja jetzt nicht unbedingt spielen." Was folgt daraus? "Wir brauchen mehr Regeln", forderte Göttlich. Dies werde zu Diskussionen führen, aber: "Es geht nicht mehr um Einzelschicksale."