"Geile Ausgangslage"? HSV zwischen Demut und Aufstiegsträumen
Nach den Patzern der Konkurrenz darf sich der HSV als großer Gewinner des 32. Spieltags fühlen. Den direkten Bundesliga-Aufstieg wieder vor Augen, versuchen die Hanseaten die richtige Balance zwischen Selbstbewusstsein und Vorsicht zu finden.
Lediglich einen Punkt Rückstand haben die Hamburger in der Tabelle noch auf Rang zwei, aufkommende Euphorie wird dennoch im Keim erstickt: "Wir haben uns schon öfter in dieser Saison gefreut und konnten dann nicht ganz anknüpfen an die Leistungen - und daher ist das jetzt die Aufgabe für die kommenden Wochen", sagte Kapitän Sebastian Schonlau dem NDR.
Auch HSV-Coach Tim Walter ließ sich lediglich sein Mantra der vergangenen Wochen entlocken: "Wir gucken weiter auf uns, denn dann sind wir am stärksten." Gleichwohl gab sich der 47-Jährige für das anstehende Heimspiel gegen Fürth am Samstagabend (20.30 Uhr, im NDR Livecenter) zuversichtlich: "Da haben wir 57.000 im Rücken und das spüren wir. Das trägt uns nach vorne."
Glatzel: "Es ist eine geile Ausgangslage"
Angreifer Robert Glatzel wagte sich etwas weiter aus der Deckung als sein Trainer: "Es ist eine geile Ausgangslage für uns, denn wir haben nichts mehr zu verlieren." Gefühlt sei der direkte Aufstieg "schon zigmal vorbei" gewesen, "aber jetzt sind wir wieder da. Das muss uns einen Push geben". Allerdings birgt schon der kommende 33. Spieltag, der erstmals nicht zeitgleich ausgetragen wird, Druck-Potenzial.
Spitzenreiter Darmstadt 98 (am Freitagabend gegen Magdeburg) und der Tabellenzweite Heidenheim (am Sonnabend um 13 Uhr gegen Sandhausen) können vorlegen. Der HSV, der erst am Samstagabend spielt, stünde dann unter Siegzwang - sonst wäre der direkte Aufstieg praktisch verpasst.
HSV und Sandhausen - da war doch mal was?
Sollte das Trio den kommenden Spieltag allerdings im Gleichschritt bewältigen, wäre zumindest Darmstadt aufgestiegen - und der HSV (in Sandhausen) und Heidenheim (in Regensburg) würden sich dann am 28. Mai ein Fernduell um Rang zwei liefern.
Wie vor drei Jahren, als beide Teams am letzten Spieltag ebenfalls nur einen Zähler auseinanderlagen, allerdings auf den Plätzen drei und vier. Heidenheim unterlag zwar in Bielefeld, aber der HSV leistete sich eine unerwartete 1:5-Heimpleite gegen Sandhausen und musste dem FCH den Relegationsrang überlassen.
HSV-Coach Walter: "Stolz geschwellte Brust"
Diesmal ist die Stimmung an der Elbe jedoch eine andere. Vor einigen Wochen noch drohte der HSV alles zu verspielen, fand aber - auch dank der Patzer der Konkurrenz - wieder in die Spur. Der Sieg in Regensburg war deshalb nicht nur Balsam für die HSV-Seele, sondern sorgte für eine "stolz geschwellte Brust", wie Trainer Walter nach der Partie erklärte.
Das Selbstbewusstsein ist angebracht, denn die Hamburger zeigten vor allem in Hälfte eins eine furiose Leistung und haben mit nunmehr 60 Punkten ihre Zweitliga-Bestmarke aus der vergangenen Saison bereits zwei Spieltage vor Schluss eingestellt. Ein Platz unter den ersten Drei ist bei sechs Zählern Vorsprung auf Rang vier praktisch sicher.
Relegation eine hohe Hürde für den Zweitligisten
Doch auch mit der vierten Teilnahme an den Relegationsduellen (zweimal als Erstligist) hätte der HSV noch nichts erreicht. In den vergangenen zehn Jahren konnte sich nur ein einziges Mal der Zweitligist gegen den Tabellen-16. der Bundesliga durchsetzen - Union Berlin gegen den VfB Stuttgart. Insgesamt lautet die Bilanz 18:6 zugunsten der Erstligisten.
Auch der HSV hat im vergangenen Jahr die bittere Erfahrung gemacht, dass selbst ein sportlich schwer angeschlagener Bundesligist eine zu große Hausnummer sein kann: Trotz eines 1:0-Erfolges in Berlin, scheiterten die Hanseaten im Rückspiel im eigenen Stadion mit 0:2 gegen Hertha BSC. Insofern tun die Hamburger tatsächlich gut daran, weiter "bei sich" zu bleiben.