Ein Mann boxt sich durch - Kevin Pannewitz nun auch Faustkämpfer
Das bewegte Leben des früheren Profifußballers Kevin Pannewitz ist um eine weitere skurrile Geschichte reicher. Der frühere Spieler des FC Hansa Rostock und VfL Wolfsburg feierte am Sonnabend bei einem Kampfabend in Güstrow sein Debüt als Boxer.
Sechs Minuten können eine verdammt lange Zeit sein - diese Erfahrung musste Pannewitz am Samstagabend in der Sport und Kongresshalle Güstrow machen. Dort stand der 32-Jährige bei der Benefiz Fight Night erstmals als Faustkämpfer im Ring. In der Gewichtsklasse Schwergewicht duellierte sich der einstige Zweitliga-Fußballer mit dem Tattooartisten Alex Likonen. Der Fight ging über dreimal zwei Minuten - und Pannewitz war anschließend mit seinen Kräften am Ende.
So entging es ihm, dass Ringrichter Dirk Künnemann fälschlicherweise den Arm von Likonen in die Höhe hob, obwohl Pannewitz zuvor von Ringsprecher Marc Dargusch als Sieger verkündet worden war. "Ich habe das gar nicht gecheckt. Ich war so kaputt, dass ich gar nicht wusste, in welcher Ecke ich war", erklärte er der "Ostsee-Zeitung". Erst nachdem der Supervisor interveniert hatte, bekam "Panne", wie er gerufen wird, den goldenen Pokal für seinen Sieg nach Punkten.
Ex-Fußballer bringt 149 Kilogramm auf die Waage
Ob der sechsminütige Schlagabtausch mit Likonen nun eine einmalige Sache bleiben wird oder Pannewitz eine ernsthafte Karriere als Boxer anstrebt, diese Frage blieb nach seinem Ring-Debüt unbeantwortet. Respekt einflößend war sein Debüt als Faustkämpfer allemal - schon wegen seiner Statur. Denn mit 149 Kilogramm war der einstige deutsche Junioren-Fußball-Nationalspieler mit Abstand der schwerste Teilnehmer der Veranstaltung. Zum Vergleich: Gegner Likonen brachte 117 Kilogramm auf die Waage - und wirkte dabei auch etwas austrainierter.
Dass Pannewitz den Fight gewann, war dennoch überraschend, ging er doch geschwächt in das Duell und musste sich sowohl vor als auch nach dem Kampf übergeben. "Meine Frau ist krank. Ich glaube, mich hat es auch erwischt. Aber es hat ja trotzdem gereicht", erklärte er.
Als Fußballer zu undiszipliniert für den Profibereich
"Es hat ja trotzdem gereicht" - dieser Satz passte viele Jahre auch zur Karriere des Kickers Kevin Pannewitz. Obwohl er zu seinen Profizeiten immer wieder mit Gewichtsproblemen zu kämpfen hatte und sich Undiszipliniertheiten leistete, hielt er sich viele Jahre im "Haifischbecken" Profifußball. Der gebürtige Berliner war mit so großem Talent gesegnet, dass er selbst mit Bäuchlein noch besser war als einige seiner Mitspieler mit Idealgewicht.
37 Zweitliga-Partien für Hansa sowie 58 Drittliga-Einsätze für die Rostocker und den FC Carl Zeiss Jena schlagen für ihn zu Buche. Hinzu kommen noch 61 Partien in der Regionalliga für den Goslarer SC sowie die VSG Altglienicke Berlin. Keine schlechte Bilanz für einen Mann, über den die Wochenzeitung "Die Zeit" einst schrieb: "Der Kühlschrank war sein größter Gegner."
Dieser Meinung war übrigens seinerzeit auch Felix Magath als sein Coach beim VfL Wolfsburg. Der als Disziplinfanatiker bekannte Übungsleiter hatte zu Beginn noch gehofft, Pannewitz durch hartes Training fit für die Bundesliga zu bekommen. Doch sein Wunsch ging nicht in Erfüllung. "Pannewitz ist panne", resümierte Magath ernüchtert.
Ein Leben zwischen Möbelpacker und Realitystar
Einsätze in Deutschlands Beletage blieben ein unerfüllter Traum für Pannewitz, der sich nach seinem Wolfsburg-Intermezzo sowie einem zwischenzeitlichen Comeback bei Drittligist Jena mit Aushilfsjobs über Wasser hielt. Es war ein Leben zwischen Möbelpacker und Reality-Star, das "Panne" führte. Denn er war sich auch nicht zu schade, sich im Fernsehen vor einem großen Publikum seelisch zu entblößen. Beim RTL-Format "Kampf der Realitystars" holte Pannewitz 2020 den Sieg - und wurde dafür mit 50.000 Euro belohnt.
Angestrebtes Debüt als "Käfigkämpfer" platzt
Seitdem ist der Ex-Profi auch in den sozialen Medien sowie mit einem eigenen Kanal auf dem Videoportal YouTube sehr aktiv. Das große Geld ist damit für ihn bisher aber noch nicht zu verdienen. Vielleicht auch deshalb hatte er eine Karriere in der Vollkontakt-Kampfsportart Mixed Martial Arts angestrebt. Ein Gegner stand in dem früheren Bundesliga-Stürmer Martin Fenin bereits fest. Und Pannnewitz war auch gewillt, sich für sein Debüt im "Käfigkampf" auf 83 Kilogramm herunterzuhungern. Mitte September aber wurde das Projekt vom Veranstalter abgebrochen - aus "diversen Gründen", wie Pannewitz via Instagram mitteilte: "Ich finde es sehr schade, es hat eine Menge Spaß gemacht."
Pannewitz spielt nun für Mecklenburger Dorfclub Lalendorf
Statt im Käfig zu kämpfen, kickt "Panne" nun in der Kreisklasse. Seit einigen Wochen hat der 32-Jährige ein Zweitspielrecht für den FC-KSG Lalendorf. Der rund 50 Kilometer südlich von Rostock beheimatete Club visiert binnen weniger Jahre den Durchmarsch von der Elften in die Sechste Liga an. Und dafür wurden in Marcel von Walsleben-Schied und eben Pannewitz auch zwei frühere Hansa-Profis in das rund 3.000 Einwohner zählende Dorf geholt.
"Ich werde mal 20 bis 30 Minuten meinen Astralkörper bewegen", hatte Pannewitz vor seinem Debüt Anfang Oktober für den Amateurverein angekündigt. Beim 3:0-Erfolg gegen den Mühl Rosiner FC stand er dann bis zur Halbzeit auf den Platz. Das Trikot spannte dabei etwas - aber die Pässe fanden noch so präzise wie früher den Weg zu seinen Teamkameraden.
Ex-Profi reist nur zu Heimspielen an
Pannewitz ist beim verlustpunktfreien Tabellenführer der Kreisklasse Warnow nur Teilzeitarbeiter. Zum Training muss der 32-Jährige nicht extra aus Berlin anreisen. Und auch nicht zu jeder Partie, weil er gleichzeitig noch für den Influencer-Club Delay Sports in seiner Heimatstadt aufläuft.
Langeweile kommt also nicht auf bei dem Mann, über dessen Leben man viel sagen kann, nur eines nicht: dass es langweilig ist.