DFB-Sportgericht verschiebt Vuskovic-Verhandlung
Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat den für Freitag angesetzten dritten Verhandlungstag im Fall Mario Vuskovic vom Zweitligisten Hamburger SV um eine Woche auf den 17. März verschoben.
Der Anwalt des Verteidigers hat einen neuen, umfangreichen Verteidigungsschriftsatz eingereicht, der als Anlage auch vier neue, ergänzende Bewertungen wissenschaftlicher Fachberater enthält. "Die notwendige und sachgerechte Auseinandersetzung damit wäre bis zum ursprünglichen Termin an diesem Freitag nicht mehr möglich gewesen", erklärte der Sportgerichts-Vorsitzende Stephan Oberholz.
Bei einer am 16. September 2022 genommenen Dopingprobe war bei Vuskovic körperfremdes Erythropoetin (EPO) nachgewiesen worden. Dabei handelt es sich um eine verbotene sogenannte "nicht spezifische Substanz". Deshalb hat das DFB-Sportgericht den Kroaten am 15. November im Rahmen einer einstweiligen Verfügung vorläufig gesperrt. Die Analyse der B-Probe bestätigte Mitte Dezember das Ergebnis der A-Probe.
Laborleiter Voss: Keine Zweifel an Analyse im Fall Vuskovic
Eine C-Proben-Analyse, die von der Vuskovic-Seite verlangt wurde, wird es nicht geben. Für Dr. Sven Voss wäre sie auch wenig sinnvoll. Der Leiter des Dopinglabors in Kreischa ist vom Analyseverfahren und vom positiven Ergebnis der A- und B-Probe überzeugt. "Die Probe von Herrn Vuskovic sieht genauso aus, wie eine positive Probe aussehen muss", sagte Voss, der beim zweiten Verhandlungstermin als Zeuge geladen war, im NDR Interview. Vuskovics Dopingtest aus dem vergangenen September war im Institut für Dopinganalytik und Sportbiochemie (IDAS) in der A- und B-Probe positiv auf Erythropoetin (Epo) analysiert worden.
Dabei wenden Voss und seine Mitarbeiter das sogenannte SAR-PAGE-Verfahren an, die seit rund 20 Jahren erprobte Standardvariante für lizensierte Labore der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Die Vuskovic-Verteidigung hatte allerdings anhand von vier selbst in Auftrag gegebenen Gutachten dieses Verfahren und das positive Analyseergebnis angezweifelt. Demnach sei die Probe "falsch positiv".
Voss: Gegen-Gutachter keine Spezialisten
Für Voss ist dieser Schluss aus den von seinem Labor zur Verfügung gestellten Rohdaten nicht nachvollziehbar. Zudem zweifelt er an der Expertise der "Vuskovic-Gutachter". "Keiner von den Gegen-Gutachtern ist ein Spezialist in der Epo-Doping-Analytik, speziell aus dem Urin", sagt er. "Ich kann Tausende Paper über Krebsforschung lesen. Das macht mich aber nicht zu einem Spezialisten für so eine Auswertung. Es ist ein Unterschied zwischen Theorie und Praxis."
"Wir wissen, wie eine positive und eine negative Probe aussieht." Sven Voss, Leiter des Dopinglabors in Kreischa
Beim SAR-PAGE-Verfahren geht es - vereinfacht gesagt - um Bildinterpretationen von Teststreifen. Es sei wie bei einem Röntgenbild, so Voss. "Wenn sie zum Arzt gehen und der sagt: 'Da ist ein Bruch.' Dann ist das normalerweise nichts, was man verteidigen muss. Ein Röntgenarzt hat Tausende von solchen Bildern gesehen und weiß, wie er sie zu beurteilen hat", erklärt der Dopinganalytiker. "Genauso ist es bei uns. Wir haben Tausende von Proben gesehen. Wir wissen, wie eine positive und eine negative Probe aussieht."
Kritik an der Massenspektrometrie-Methode
Kritiker sehen allerdings in der Massenspektrometrie-Methode das bessere Verfahren. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) nutzt diese aber nicht - in den Augen von Voss wie auch anderen Dopinganalytikern aus gutem Grund. "Die Methode der Massenspektrometrie ist einfach noch nicht empfindlich genug", sagt Voss. "Das funktioniert in unglaublich großen Konzentrationen, aber es reicht nicht, um Epo aus dem Urin zu isolieren und dann auf dem Massenspektrometer zu messen."
Naud-Gutachten bestätigt Kreischa-Ergebnis
Stephan Oberholz, Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, wollte nach dem zweiten Verhandlungstermin eine weitere Expertise einholen und beauftragte damit den kanadischen Dopingforscher Prof. Jean-Francois Naud. In seinem Gutachten bestätigte Naud die Ergebnisse aus Kreischa und lehnte eine von der Vuskovic-Seite geforderte C-Proben-Analyse ab, die in den Regularien der Welt-Anti-Doping-Agentur ohnehin nicht vorgesehen ist.
C-Probe im WADA-Reglement nicht vorgesehen
Lizenzierte Labore müssen bei solchen Anfragen Rücksprache mit der WADA halten und könnten ihre Akkreditierung verlieren, wenn sie eine entsprechende Analyse ohne das Okay der Welt-Anti-Doping-Agentur durchführen würden. Eine C-Probe würde also einen Präzendenzfall schaffen.
ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt wünscht sich bei strittigen Fällen mehr Transparenz von der WADA: "Die WADA hält eisenhart an ihrem Reglement mit A- und B-Probe fest. Sie haben Angst, dass das ganze Anti-Dopingsystem auf dem Prüfstand steht."
"Es einfach an andere Labore geben, funktioniert nicht"
Im Fall von Vuskovic und der Epo-Doping-Analyse warnt Voss vor Vereinfachungen. "Es einfach an andere Labore zu geben, funktioniert nicht", sagt er. Das SAR-PAGE-Verfahren "ist kein Standardverfahren, das in jedem Labor angeboten wird. Es gibt keine anderen als die WADA-Labore, die das haben." Gleichwohl würde sich der Leiter des Labors in Kreischa über eine noch genauere Analysemethode für Epo-Doping freuen. "Die gibt es aber zurzeit nicht."
Mario Vuskovic, der seine Unschuld beteuert, droht vor dem DFB-Sportgericht eine Sperre von bis zu vier Jahren. Durch die Beweislastumkehr im Sport liegt es an ihm und seinen Anwälten, Belege für seine Unschuld zu liefern. Eine womöglich entlastende C-Probe wird es auf jeden Fall nicht sein.