Bundesliga-Schiris erhoffen sich mit Dokuserie mehr Respekt
In der ARD-Serie "UNPARTEIISCH" zeigen sich die Elite-Schiedsrichter der Fußball-Bundesliga offen wie nie. Sie ließen ihren Funk auf dem Platz aufzeichnen und reden über den Umgang mit Druck und Drohungen. Sie erhoffen sich mehr Verständnis und Respekt.
Es sind bedrückende Momente, die Sascha Stegemann schildert. Die Polizei klingelte beim Bundesliga-Schiedsrichter an der Tür, Familie Stegemann saß gerade am Essenstisch. Mit den Kindern, die bereits gemerkt hatten, dass etwas nicht stimmte.
"Papa hatte gestern Ärger auf der Arbeit", erzählte Stegemann den Kindern. Er hatte ein klares Foul an BVB-Stürmer Karim Adeyemi übersehen, im Spiel VfL Bochum gegen Borussia Dortmund (1:1), auch Video Assistant Referee Daniel Hartmann griff nicht ein. Die Dortmunder hatten dafür kein Verständnis, einzelne Fans schickten vor Wut Morddrohungen. Stegemanns Verein schaltete die Polizei ein. "Als die Polizisten bei uns im Wohnzimmer standen, war die erste Reaktion: 'Papa, nehmen die dich mit, weil du gestern Ärger auf der Arbeit hattest?'"
"Das sind Momente, in denen du Gänsehaut bekommst und dich fragst, ob es die ganze Sache wert ist." Bundesliga-Schiedsrichter Sascha Stegemann
Die Sicht der Schiedsrichter. Noch nie wurde sie so deutlich gezeigt wie in der Dokuserie "UNPARTEIISCH" (alle fünf Folgen in der ARD Mediathek). Über die gesamte Saison 2022/2023 wurden mehrere Bundesliga-Schiedsrichter begleitet. Die Serie zeigt die Unparteiischen im Trainingslager, auf dem Weg zum Stadion, in der Kabine. Autor Tom Häussler durfte auf den Schiedsrichter-Funk auf dem Feld zurückgreifen, im Videokeller in Köln und im privaten Umfeld drehen.
Schiedsrichter-Doku: "Mehr Transparenz geht nicht"
Herausgekommen ist eine außergewöhnliche Dokuserie, die jene in den Mittelpunkt stellt, die eigentlich im Hintergrund bleiben wollen. "Viele Fans regen sich immer darüber auf, dass man keinen Einblick bekommt, dass man nicht weiß wie Entscheidungen zustande kommen", sagt Daniel Schlager, der seit 2018 Bundesliga pfeift. "Wir wurden jetzt ein Jahr begleitet, in total wichtigen Spielen und Momenten. Jeder Zuschauer kann die Kommunikation hören und Entscheidungen nachvollziehen. Mehr Transparenz geht nicht."
Schlager gehörte zum Team um Daniel Siebert, die das DFB-Pokalfinale zwischen RB Leipzig und Eintracht Frankfurt (2:0) pfiffen. Zuschauer sehen und hören nicht nur die Pfiffe und Ansagen, sondern verstehen auch, welche Bedeutung ein so großes Spiel für die Unparteiischen hat. Schlager: "Wir sind auch Sportler und wollen als Sportler wahrgenommen werden."
Schiedsrichter als Kino-Helden
Eine Woche vor Veröffentlichung bekamen die Schiedsrichter die 140-minütige Serie, die von "beckgroundtv" im Auftrag des NDR produziert wurde, vorab zu sehen. In einem Kinosaal in der Hamburger HafenCity, der Schiedsrichter als Leinwandheld. "Ich erhoffe mir, dass die Doku zeigt, dass wir Menschen sind und als Schiedsrichter genauso das Beste für das Spiel wollen", sagt Referee Patrick Ittrich und äußert eine Bitte: "Dass man es uns verzeiht, wenn wir einen Fehler machen, weil wir das nicht mit Absicht tun."
Für Lutz Michael Fröhlich, Geschäftsführer der DFB Schiri GmbH, ist die Serie einzigartig. "In der Tiefe waren wir mit anderen Dokus so noch nicht", sagt Fröhlich bei der Filmvorführung. Er erhofft sich durch die hautnahe Darstellung des Schiedsrichterlebens Werbung für den Job der Unparteiischen. "Und dann würde ich mir wünschen, dass man, wenn Fehler passieren, in der ganzen Gemeinschaft des Fußballs, Trainer, Spieler, Schiedsrichter, aber auch Medien etwas verantwortungsvoller mit den Betroffenen umgeht."