Braunschweigs Jens Härtel: Mit Sorgen zurück zur alten Liebe Rostock
In der 2. Fußball-Bundesliga empfängt Rostock heute Eintracht Braunschweig. Für den Hansa-Aufstiegstrainer und jetzigen Eintracht-Coach Jens Härtel ist es die erste Rückkehr ins Ostseestadion. Platz für Sentimentalitäten aber gibt es nicht.
1.397 Tage hielt die Beziehung zwischen Härtel und dem FC Hansa. Knapp vier Jahre, in denen er 2021 mit dem Verein den umjubelten Aufstieg in die 2. Liga sowie den souveränen Klassenerhalt in der folgenden Saison schaffte, die im vergangenen Herbst aber auch ein ebenso abruptes wie überraschendes Ende fanden.
Härtel kehrt erstmals nach Rostock zurück
Die Trennung ist noch kein Jahr her, nun kehrt Härtel am Sonnabend (13 Uhr, im NDR Livecenter) zum ersten Mal mit seinem neuen Arbeitgeber an die alte Wirkungsstätte zurück. Und das mit durchaus gemischten Gefühlen. Da ist die emotionale Ebene, auf der er sich freut, alte Weggefährten aus Rostocker Zeiten wiederzusehen. "Es sind die Menschen, mit denen man relativ eng und lange zusammengearbeitet hat. Das sind die schönsten Momente", sagte Härtel, der 2019 zum damaligen Drittligisten FC Hansa gekommen war, am Donnerstag über seine Rostocker Zeit.
Die Erinnerung sei "positiv, weil wir enorm viele emotionale Momente mit der Mannschaft erlebt haben. Das bleibt. Deswegen freue ich mich und komme gern nach Rostock. Weil die Zeit eben so war, wie sie war. Die Entlassung oder die Freistellung - das sind Sachen, die passieren im Fußball. Aber im Nachgang muss ich sagen: Die Zeit fühlt sich gut an", resümierte er mit Blick auf die zweitlängste Trainer-Station seiner Karriere. Nur beim 1. FC Magdeburg war er mit gut vier Jahren noch länger als an der Ostsee tätig.
"Er hat den Weg so ein bisschen geebnet." Hansa-Trainer Alois Schwartz über Jens Härtel
"Jens hat hier eine tolle Leistung geliefert. Er ist mit der Mannschaft aufgestiegen, hat die Mannschaft dringehalten. Davor habe ich Respekt", sagte auch der aktuelle Rostocker Trainer Alois Schwartz. "Er hat den Weg so ein bisschen geebnet. Deshalb ist es schön, wenn man als Trainer wieder an eine Wirkungsstätte zurückkommt, an der man erfolgreich gearbeitet hat."
Härtel aber stellt trotz aller warmer Worte klar: "Es geht am Samstag nicht darum, die Leute zu begrüßen. Das passiert vielleicht nach dem Spiel, da kann man dann ein paar Worte wechseln. Bis dahin geht es für mich als Eintracht-Coach um unseren Auftritt in Rostock und darum, die Punkte zu sichern."
Rostock und Braunschweig schwächelten zuletzt
Denn bei aller emotionaler Verbundenheit ist da auch die rationale Ebene. Und die, so sagt Härtel, überwiege vor dem Duell eindeutig. Am Sonnabend treffen im Ostseestadion schließlich zwei Mannschaften aufeinander, die dasselbe Ziel haben: den Ligaverbleib. Zwei Teams zumal, die zuletzt schwächelten. Hansa hat nach starkem Saisonstart drei Spiele in Folge verloren, die Eintracht wartet seit vier Begegnungen auf einen Dreier.
"Hansa hat jetzt dreimal verloren, die wollen daraus auch keine Spaßveranstaltung machen. Für beide Mannschaften geht es darum, in die Spur zu kommen: Wir überhaupt richtig rein, Hansa wieder in die Spur", sagt Härtel, der seit Saisobeginn bei den Braunschweigern an der Seitenlinie steht.
Nur ein Sieg, eine lahmende Offensive...
Den Start mit seinem neuen Team hätte sich der Coach mit Sicherheit anders vorgestellt - einem Heimerfolg (1:0 gegen Schalke 04) und zwei Remis stehen bereits vier Niederlagen gegenüber. Auswärts holte die Eintracht, die unter Härtel bisher nur auf einen Punkteschnitt von 0,71 kommt, noch keinen Zähler. Zum Vergleich: Beim FCH erreichte Härtel in 159 Begegnungen einen Schnitt von 1,58.
Das Hauptproblem, mit dem der Coach vor seiner Rückkehr an die Ostsee kämpft, liegt aktuell in der Offensive. Mit nur fünf eigenen Treffern - 0,75 im Schnitt pro Partie - liegen die Niedersachsen in der 2. Liga auf dem letzten Platz. Erschwert wird die Aufgabe nun durch den Ausfall von Angreifer Anthony Ujah bis Jahresende, der immerhin drei der fünf Saisontore erzielt hat und auch sonst der Dreh- und Angelpunkt ist.
Der im Sommer verpflichtete Florian Krüger könnte ihn im Sturmzentrum ersetzen. Aber auch Luc Ihorst, Rayan Philippe oder Kaan Caliskaner sind Härtel zufolge Optionen für den Angriff. "Die Frage ist, mit wievielen Spitzen wir spielen werden. Ich habe für mich schon eine Entscheidung getroffen."
...und eine zuletzt schwächelnde Defensive
Doch auch die Defensive, vom Coach als Prunkstück und Basis einer auf schnelles Umschalten ausgelegten Spielweise erdacht, schwächelte zuletzt: Im Schnitt zwei Gegentore setzte es in den vier sieglosen Begegnungen - zuviel, wenn man vorne nicht trifft, um Siege zu landen. "Natürlich sind viele unzufrieden, das Umfeld will mehr sehen", weiß auch Härtel.
Viele Baustellen also für den 54-Jährigen, der die Niedersachsen in eine solide und sorgenfreie Saison führen sollte. Kann er der bisher so schwierigen Spielzeit ausgerechnet bei der alten Liebe eine Wendung geben?
Mögliche Aufstellungen:
Hansa Rostock: Kolke - van der Werff, David, Rossipal - Neidhart, Dressel, Bachmann, Schumacher - Vasiliadis - Perea, Junior Brumado
Eintracht Braunschweig: Hoffmann - Wiebe, Griesbeck, Ivanov, Donkor - Nikolaou - Kaufmann, Helgason, Gomez, Endo - Krüger