96-Coach Kocak: Zehn Stunden Training täglich
Lange Arbeitstage waren für Fußball-Trainer auch schon vor Beginn der Coronavirus-Pandemie und der daraus resultierenden Unterbrechung des Spielbetriebs Normalität. Neben ein bis zwei Übungseinheiten täglich gehörten unter anderem noch Videoanalysen, Spielergespräche und Pressetermine zu den Aufgaben der Coaches. Nun aber ist der Alltag für die Fußballlehrer noch einmal stressiger geworden. Denn durch die von der Politik vorgegebenen Abstandsregeln muss im Kleingruppen-Schichtbetrieb trainiert werden. Und so steht Kenan Kocak, Coach des Zweitligisten Hannover 96, derzeit nicht weniger als zehn Stunden täglich auf dem Rasen des Stadions am Maschsee, um seine Profis auf die mögliche Fortsetzung der Saison vorzubereiten.
"Momentan ist es schwer abzuschalten, weil man fast jede Minute mit der Situation beschäftigt ist. Das ist natürlich eine außergewöhnliche Situation", sagte der 39-Jährige dem NDR Hörfunk.
Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt
Kocaks Möglichkeiten, die Übungseinheiten abwechslungsreich zu gestalten, sind wegen der Abstandsregeln sehr eingeschränkt. Zweikämpfe sind nicht erlaubt, dementsprechend ist auch kein Trainingsspiel möglich. Dem Coach bleibt derzeit nichts anderes übrig, als seine Spieler viel laufen und individuell mit dem Ball trainieren zu lassen. "Wir haben im Trainer-Team zusammen versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Und wir versuchen nach wie vor, die Mannschaft - so gut es geht - auf diesen Tag X vorzubereiten", erklärte der Fußballlehrer. Ob und wann die nach dem 25. Spieltag unterbrochene Saison fortgesetzt wird, ist noch ungewiss. Sollte die Politik grünes Licht für Geisterspiele geben, müssen die Niedersachsen noch ein paar Punkte sammeln, um den zweiten Abstieg in Folge zu verhindern. Mit lediglich einer Niederlage in den vergangenen sechs Partien waren die "Roten" vor Beginn der Corona-Pause allerdings auf einem guten Weg dahin. Als Belohnung für den Aufwärtstrend erhielt Kocak einen neuen bis 2023 datierten Vertrag.
Kinds Wunsch: Mit Kocak in die Bundesliga
Der aus dem türkischen Kayseri stammende Trainer hat sich binnen weniger Monate - er ist seit Mitte November im Amt - ein hohes Standing in Hannover erarbeitet. "Ich persönlich bin von Herrn Kocak uneingeschränkt überzeugt", erklärte 96-Mehrheitsgesellschafter Martin Kind. Der Unternehmer hofft, mit dem Duo Kocak/Gerhard Zuber (Sportdirektor) langfristig zusammenarbeiten zu können - wenn denn die Resultate stimmen. "Wir wollen einfach mal beweisen, dass man es auch drei Jahre schaffen kann. Das ist unsere gemeinsame Herausforderung", sagte Kind, der sich wünscht, bereits in der kommenden Saison um den Bundesliga-Aufstieg mitspielen zu können. Sein Trainer teilt den Traum des 96-Patrons vom Sprung in die Beletage zwar. Allerdings schwebt Kocak dafür ein anderes Zeitfenster vor: "Ich denke schon, dass wir am Ende der drei Jahre den Anspruch haben sollten, in der Bundesliga zu spielen. Das ist aber ein langer Weg."