HSV-Profi Nando: Ein paar Tore und eine Lüge
Fernando Pereira de Pinho Junior braucht nur ein Spiel, um die Herzen der Fans des Hamburger SV zu erobern. Am 24. Februar 1990 debütiert der Brasilianer mit dem Künstlernamen Nando im Trikot des Traditionsvereins und trägt sich beim 6:0-Erfolg gegen Bayer Uerdingen zweimal in die Torschützenliste ein. Der Anhang und die Presse sind sich einig: Der HSV hat ein Juwel an Land gezogen. Doch der Mann mit den zart gezeichneten Gesichtszügen, der ein wenig ausschaut wie ein Star aus einer Bollywood-Liebes-Serie, kann die hohen Erwartungen im Anschluss zunächst nicht erfüllen. Nando - damals gerade einmal 22 Jahre alt - muss sich erst an das Tempo und die harte Gangart im deutschen Fußball gewöhnen. Hinzu kommen Sprachprobleme. "Ich verstand nur Bahnhof bei meiner Ankunft", erinnert er sich später im Interview mit dem Magazin "11 Freunde". Der Brasilianer trifft nur noch zwei weitere Male in der Rückrunde der Saison 1989/1990 und droht zum Fehleinkauf abgestempelt zu werden. Doch Nandos große Zeit soll noch kommen.
Tolle Leistungen an der Seite von Thomas Doll
In der darauf folgenden Saison muss sich der Angreifer zwar häufig mit dem Platz auf der Ersatzbank begnügen. Doch wenn ihn Trainer Gerd-Volker Schock auf den Rasen schickt, weiß Nando regelmäßig zu überzeugen. Dabei profitiert der Südamerikaner auch von der starken Hamburger Offensive um Thomas Doll und Jan Furtok. Nando trifft elf Mal und hat maßgeblichen Anteil am Einzug des Clubs in den UEFA-Cup. Es soll das beste Jahr in der Fußballkarriere von Fernando Pereira de Pinho Junior gewesen sein. Der kurz vor dem Bankrott stehende HSV muss in Doll seinen alles überragenden Spieler an Lazio Rom verkaufen. Zudem beendet Vereinslegende Manfred Kaltz seine Laufbahn. Der Substanzverlust ist erheblich. In der Serie 1991/1992 stürzen die Hanseaten in die Abstiegsregion ab. Nandos Förderer Schock muss seinen Stuhl räumen und wird durch den strengen Egon Coordes ersetzt. Zwar setzt auch der neue Coach mangels Alternativen auf den Brasilianer. Doch Nando fehlen die richtigen Mitspieler, um sich in Szene setzen zu können. Zudem plagt ihn das Heimweh. Am 9. Mai 1992 trägt er im Spiel gegen Hansa Rostock (1:0) das letzte Mal das HSV-Jersey.
Rückkehr an den Zuckerhut "ein Fehler"
Obgleich er von den Hamburgern eine Offerte vorliegen hat, sein Arbeitspapier um ein weiteres Jahr zu verlängern, räumt der Angreifer seinen Spind im Volksparkstadion. "Ich hatte vom HSV ein Angebot über ein Jahr vorliegen, ein türkischer Verein zeigte Interesse, aber mich zog es zurück in die Heimat und zu meiner Familie", erklärt er später. Nando wechselt zu Cruzeiro und verschwindet mehr oder minder von der Bildfläche. "Aus heutiger Sicht ein Fehler, aber als junger Mensch denkt man mit dem Herzen und nicht mit dem Verstand", sagt er über seine Rückkehr an den Zuckerhut. Noch einmal nimmt sich später die Hamburger Presse des Angreifers an. Nicht, weil er mit Toren auf sich aufmerksam gemacht hat. Es heißt, Nando habe aus Angst vor der Steuerbehörde 100.000 US-Dollar in einer Wand seines Domizils in der Hansestadt eingemauert und das Geld sei dort verschimmelt. Die Geschichte hält sich bis heute hartnäckig, auch wenn das einstige HSV-Sternchen interveniert: "Diese Story werde ich wohl mit in mein Grab nehmen. Leider muss ich Sie aber enttäuschen: Sie ist erstunken und erlogen. Mit meinem Geld weiß ich Besseres anzufangen."