Datenanalyse zum Bundesliga-Abstiegskampf: Wer bleibt drin, wer steigt ab?
Abstieg, Relegation oder Rettung - der Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga bietet einmal mehr reichlich Spannung. Was sind die Stärken und Schwächen der Teams und wer muss absteigen? Die Datenanalyse mit Antworten.
Letzte-Chance-Spiele hat es in der einst ruhmreichen und zuletzt sehr wechselhaften Geschichte des 1. FC Köln häufig gegeben. Und selbst wenn die vermeintlich letzte Chance häufig dann gar nicht wirklich die letzte Chance war: Am Sonntag (17.30 Uhr) geht es für die Rheinländer beim FSV Mainz 05 um nicht weniger, als die Hoffnung auf den Bundesliga-Klassenerhalt noch ein wenig am Leben zu erhalten.
Fünf Zähler beträgt der Rückstand des FC auf Rang 16, den der VfL Bochum belegt. Die Mainzer liegen punktgleich auf Platz 15. Borussia Mönchengladbach gegen Union Berlin (Sonntag, 15.30 Uhr) ist die zweite wichtige Partie im Abstiegskampf am Wochenende. Denn die Berliner haben ihrerseits lediglich zwei Zähler Vorsprung auf Mainz und Bochum, könnten Gladbach aber mit einem Sieg überholen.
Reichlich tabellarische Brisanz ist also geboten am 31. Spieltag. Doch wer hat laut GSN-Daten die besten Chancen auf den Klassenerhalt?
1. FC Köln: Es hakt vor allem in der Offensive
Darmstadt 98 als abgeschlagenes Tabellenschlusslicht ist in der Rechnung zu vernachlässigen. Die Hessen könnten bereits am Wochenende als Absteiger feststehen. Ganz nüchtern festgestellt: Die Qualität der Mannschaft reicht für Bundesliga-Ansprüche einfach nicht aus.
Aber sie reichte, um am vergangenen Wochenende beim 1. FC Köln zu gewinnen und die Rheinländer in tiefe Trübseligkeit zu stürzen. 80 Prozent beträgt laut GSN die Wahrscheinlichkeit, dass der FC zum siebten Mal aus der Bundesliga absteigt.
"Es ist offensichtlich: Das, was wir qualitativ auf den Platz gebracht haben, war kein Bundesliganiveau", sagte Kölns Sportchef Christian Keller nach dem 0:2 gegen Darmstadt. Dies gilt indes nicht nur für diese Partie. Die Mannschaft von Trainer Timo Schultz, der im Winter von Steffen Baumgart übernommen hatte, zeigt seit Beginn der Spielzeit die klassischen Merkmale eines Abstiegskandidaten.
23 erzielte Tore sind der schlechteste Wert der Liga. Bester Kölner Torschütze ist Davie Selke mit sechs Treffern - eine Ausbeute, die Harry Kane oder Serhou Guirassy in guter Form an zwei Spieltagen erreichen.
Anfällig bei Standards und Einwürfen
Dabei zeigen die GSN-Daten, dass Köln durchaus gut darin ist, über die Flügel mit Flanken den Ball in gefährliche Zonen zu bringen. Es fehlen aber Spieler, die mit den Vorlagen auch etwas anfangen können. Und auch Selke wird dem FC in der "Crunchtime" der Saison fehlen, er hat einen Mittelfußbruch erlitten und wird den Rest der Spielzeit verpassen.
Verheerend, da Köln schon mit seinem besten Torschützen die schlechteste Chancenverwertung hatte. Zumal das Team in vielen anderen relevanten Offensiv-Kategorien im Ligavergleich auf dem letzten oder vorletzten Platz liegt.
Defensiv gibt es grundsätzlich gute Ansätze, jedoch ebenfalls eine entscheidende Schwäche: die Verteidigung von Standardsituationen. Die Schultz-Elf kassiert in der Bundesliga die meisten Gegentreffer nach Ecken und Einwürfen.
Geringe Torgefahr und Anfälligkeit bei Standards - eine fatale Mischung, die fast sicher zum Abstieg des 1. FC Köln führen wird.
VfL Bochum nach Sieg gegen Bayern im freien Fall
Hochspannung gibt es im Kampf um Platz 16. Union Berlin, der VfL Bochum und Mainz 05 liegen ganz dicht beieinander und werden wohl den Relegationsteilnehmer unter sich ausspielen. Dabei hat sich die Ausgangslage in den vergangenen Wochen dramatisch zu Gunsten der Mainzer und ebenso dramatisch zu Ungunsten der Bochumer gewendet.
Nach dem Sieg gegen Bayern München am 22. Spieltag hatte Bochum als Elfter zehn Punkte Vorsprung auf Mainz. Seitdem gelingt dem VfL so gut wie nichts mehr. Nach zwei Unentschieden und sechs Niederlagen (und einem Trainerwechsel) ist Bochum auf Platz 16 durchgereicht worden.
Die Probleme sind denen der Kölner nicht unähnlich: Die individuelle Qualität in der Offensive ist unterdurchschnittlich. Bochum ist eine aktive Mannschaft, gewinnt viele Bälle auch in der gegnerischen Hälfte. Doch was damit anfangen?
Hoher Einsatz - wenig Ertrag
Der VfL hat die schlechteste Torrate aus dem Spiel heraus sowie die geringsten Werte bei der Passgenauigkeit und den erfolgreichen Dribblings. Hoher Einsatz führt also nur zu geringem Erfolg.
Und obwohl Bochum grundsätzlich sehr gute Werte im Kopfballspiel hat, gibt es eine hohe Anfälligkeit bei gegnerischen Standardsituationen - wie auch bei Kontern.
Der VfL Bochum hat die höchste Wahrscheinlichkeit (37 Prozent) der Abstiegskandidaten auf Rang 16. Dies würde nach jetzigem Stand ein Duell mit Fortuna Düsseldorf in der Relegation bedeuten.
Mainz 05 will Aufholjagd krönen
Einen ganz anderen Trend erlebt derzeit Mainz 05. Die Rheinhessen waren schon relativ weit abgeschlagen, haben sich aber unter Trainer Bo Henriksen auf ihre alten Tugenden besonnen und eine beeindruckende Aufholjagd gestartet.
Er wolle "Emotionen" reinbringen, "Begeisterung" schüren, die "Angst" nehmen, "Sieger-Mentalität" implementieren, sagte der Coach nach seinem Amtsantritt im Februar. Es ist ihm gelungen. Elf Punkte holten die 05er aus den jüngsten fünf Partien. Ein Sieg gegen Köln wäre ein weiterer Meilenstein im Kampf um den Ligaverbleib.
Mainz zeigt Leidenschaft, defensive Kompaktheit und Robustheit. Das Spiel ist darauf angelegt, nach Balleroberungen und schnellem Umschalten Tore zu schießen - oder nach Standards. Beides gelingt aktuell gut.
Gleichzeitig birgt ein frühes Attackieren des Gegners die Gefahr, Kontergegentore zu kassieren, da dem Gegner viel Platz angeboten wird. Zudem ist Mainz eine Mannschaft, die Probleme hat, gut organisierte Kontrahenten mit strukturiertem Positionsspiel in Bedrängnis zu bringen.
So gut die Gefühlslage bei den 05ern sein mag: Ein positiver Trend ist keine Garantie für ein erfolgreiches Saisonende. Die Wahrscheinlichkeit auf eine Relegationsteilnahme beträgt immer noch 34 Prozent.
Union Berlin muss nach Erfolgssaison zittern
Union Berlin ist der Vierte im Bunde der Mannschaften, die noch ordentlich zittern müssen. Das Überraschungsteam der vergangenen Jahre ist in dieser Saison ein wenig zurechtgestutzt worden, hat aber immer noch alle Chancen auf den Klassenerhalt.
Auf den ersten Blick mag eine knappe Rettung nicht als Erfolg erscheinen, gerade wenn ein Team zu Beginn der Spielzeit in der Champions League kurz vor einem Punktgewinn bei Real Madrid stand. Doch die "Eisernen" sind nach wie vor ein kleiner Club mit begrenzten Möglichkeiten. Und einem klassischen Außenseiter-Fußball.
Union will das Spiel nicht mit feinem Passspiel kontrollieren. Union wirft Leidenschaft, Laufbereitschaft und Standardstärke in die Waagschale. Dies funktionierte in der vergangenen Saison überragend gut. Die Berliner wurden Vierter, obwohl sie beispielsweise bei der Anzahl der Großchancen nur auf Rang 16 lagen.
Die "Eisernen" sind in einen gewaltigen Negativstrudel geraten
Signifikant hat sich der Ansatz nicht geändert. Aber Überperformance reguliert sich irgendwann von selbst - bei Union lösten die Misserfolge aber einen gewaltigen Negativstrudel aus, dem sogar der fast unantastbare Trainer Urs Fischer zum Opfer fiel.
Nachfolger Nenad Bjelica stabilisierte die Elf wieder - trotzdem ist die Lage nach drei Niederlagen in Folge erneut angespannt.
Was spricht für die "Eisernen"? Das leichteste Restprogramm der Abstiegskandidaten - und die Gewissheit, dass der Kampf- und Minimalisten-Fußball grundsätzlich funktioniert. "Ich kenne den Charakter der Mannschaft", betonte Kapitän Christopher Trimmel.
Gladbach und Wolfsburg bleibt das Schlimmste erspart
Und was ist mit Borussia Mönchengladbach und dem VfL Wolfsburg? Zufrieden ist dort mit dem Saisonverlauf niemand. Doch das Allerschlimmste bleibt beiden Clubs laut GSN-Daten erspart. Lediglich zwei Prozent beträgt die Wahrscheinlichkeit auf Rang 16 für beide Clubs. Tränen der Enttäuschung werden sehr wahrscheinlich in Köln - vielleicht aber auch in Bochum, Berlin-Köpenick oder Mainz fließen.