Trainer Kohfeldt in Eupen: Aller Anfang ist schwer
Florian Kohfeldt hat bei der KAS Eupen seine erste Trainerstation im Ausland angetreten. Der frühere Coach von Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg will den belgischen Provinzclub nach Jahren des Abstiegskampfes in sichere Tabellengefilde führen. Doch die ersten Auftritte des Erstligisten unter dem 40-Jährigen waren ernüchternd.
Seit knapp einem Monat ist Kohfeldt nun Trainer der Königlichen Allgemeinen Sportvereinigung Eupen, wie der Verein aus der Provinz Lüttich mit vollem Namen heißt. Bevor er seine neue Mannschaft Mitte Juni zur ersten Übungseinheit in der Vorbereitung auf die am 29. Juli beginnende Saison in der Jupiler Pro League bat, hatte der gebürtige Siegener etwas Zeit, sich seine neue Heimat anzuschauen. "Ich habe schon auf dem Marktplatz gesessen und einen Kaffee getrunken und auch schon im Ratskeller gegessen. Ich fühle mich wohl hier. Bislang sind meine Eindrücke sehr positiv - es gab keinen Kulturschock", sagte der Fußballlehrer.
Auch nach dem ersten Training war der 40-Jährige sehr zufrieden. "Ich bin nicht vom Platz gegangen und habe mir gedacht: Das wird schwer, sondern: Das wird Spaß machen." Ihm war nach einjähriger Schaffenspause - Kohfeldt war im Mai 2022 beim VfL Wolfsburg entlassen worden - anzumerken, wie sehr ihm die tägliche Arbeit mit Spielern auf dem Platz gefehlt hatte.
Kohfeldt braucht dringend Verstärkungen
Bei aller Freude, die Deutschlands "Trainer des Jahres 2018" ausstrahlte, war allerdings auch nicht zu übersehen, dass es seiner Mannschaft nach den Abgängen einiger Leistungsträger in der Breite etwas an Substanz fehlt, um in Belgiens Eliteklasse eine bessere Rolle als in den Vorjahren spielen zu können. Und die ersten beiden Testspiele gingen dann auch verloren. Gegen den Zweitligisten RFC Lüttich unterlag Eupen mit 0:1, beim deutschen Regionalligisten Alemannia Aachen setzte es am vergangenen Freitag sogar eine 1:3-Niederlage.
Es liegt also noch viel Arbeit vor Kohfeldt, um das Team auf das von ihm erhoffte Niveau zu heben. Dass dies nicht ohne weitere Verstärkungen möglich sein wird, ist dem Coach bewusst: "Wir tauschen Profile aus und überlegen uns, was sinnvoll sein könnte. Mein Gefühl ist, dass wir da auf guten Wegen sind und zeitnah den einen oder anderen Spieler präsentieren können, von dem wir überzeugt sind", erklärte der 40-Jährige.
Ex-Bremer Möhwald einer von drei deutschen Profis
In Mittelfeldmann Kevin Möhlwald, den er bereits bei Werder coachte, hat Kohfeldt einen seiner Wunschspieler inzwischen bekommen. Der 30-Jährige wechselte vom künftigen Champions-League-Teilnehmer Union Berlin zum Team Panda, wie die KAS ebenfalls gerufen wird. Der Routinier soll die "sehr junge Mannschaft" (Kohfeldt) an die Hand nehmen.
Möhlwald ist neben den Torhütern Lennart Moser sowie Julian Renner einer von drei deutschen Profis im Eupener Aufgebot, in dem sich mit dem ivorischen Angreifer Konan N'Dri oder den belgischen Verteidiger Boris Lambert einige vielversprechende und spannende Akteure befinden, die noch längst nicht am Ende ihrer Entwicklung angekommen sind.
Kohfeldt will "etwas entwickeln"
Die noch im Kader schlummernden Potenziale freizulegen und das Team insgesamt auf ein besseres Level zu heben, das hat sich Kohfeldt auf die Fahnen geschrieben. Er sieht den Tabellen-15. der Vorsaison nicht als "Sprungbrett", wie er jüngst dem "kicker" sagte, sondern möchte in der Provinz langfristig arbeiten. "Es gibt verschiedene ausschlaggebende Gründe, warum ich hier bin. Zum einen ist der Club ambitioniert. Darüber hinaus geht es mir auch darum, dass ich das Gefühl habe, dass man in diesem Verein und mit den Leuten, die hier vor Ort sind, etwas entwickeln kann", hatte der 40-Jährige bereits bei seinem Amtsantritt erklärt.
Geheimniskrämerei um Vertragslaufzeit
Er beerbte bei der KAS Edward Still, dessen Kontrakt nicht verlängert wurde. Über die Laufzeit des Arbeitspapiers von Kohfeldt machte der Club, der der Aspire Zone Foundation aus Katar gehört, keine Angaben. "Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihm und sind davon überzeugt, dass Florian Kohfeldt uns helfen wird, unsere ehrgeizigen Ziele zu erreichen", sagte Eupens Vorstand Andreas Bleicher.
Die Vereinsverantwortlichen hoffen wie ihr Coach auf eine ruhige Saison. In seiner ersten Spielzeit will Kohfeldt "Platz sieben bis zwölf erreichen. Diese Clubs spielen dann in den mittleren Play-offs, haben mit dem Abstieg definitiv nichts zu tun." Der Sieger dieser Play-off-Runde kämpft mit dem Vierten der oberen Play-off-Runde um einen Platz in der Conference League.
Kohfeldts Hoffnung: Bloß nicht wieder Abstiegskampf
Der Einzug ins internationale Geschäft wäre für den kleinen Club aus der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens der größte Erfolg in seiner Historie. Und Kohfeldt würde in diesem Fall viel von seiner einstigen Reputation zurückgewinnen, die er durch zwei Entlassungen in Folge verloren hat. Zukunftsmusik und aktuell fraglos auch Wunschdenken.
Denn sollte die KAS den aktuellen Kader nicht noch erheblich verstärken, wird Kohfeldt mit Eupen wohl das bevorstehen, was er bereits aus Zeiten in Bremen und Wolfsburg bestens kennt: Abstiegskampf.