"Fame durch Follower?!"
von NDR Newcomernews (Ein Medienbildungsprojekt des NDR Landesfunkhauses MV mit Schülerinnen und Schülern.)
Wie wird man heutzutage berühmt? Wie bleibt man es? Und was bedeutet Berühmtsein überhaupt? Mit diesen und vielen anderen Fragen haben sich Dominique, Lena, Kara und Lara vom Online-Team im Projekt NDR Newcomernews am Schulzentrum am Sund in Stralsund beschäftigt. Dabei haben die Schülerinnen eine kleine Berühmtheit in den eigenen Reihen entdeckt...
Die 16-jährige "Aquarchytass" sitzt im Klassenraum an einem Tisch. Draußen ziehen die Wolken vorbei, lassen die Wintersonne und blauen Himmel durchblitzen. Es ist Pause, vom Hof hört man Kinder toben und rufen, während "Aquarchytass" auf das Smartphone guckt, das vor ihr auf dem Tisch liegt. 1.057 Follower. So viele Menschen folgen "Aquarchytass" auf Instagram. Sie bekommt Kommentare und Likes, manchmal sogar Zuschriften aus Asien und den USA. "Aquarchytass" zeichnet.
15 Augen gucken vom Bildschirm auf den Betrachter. Mal blicken sie verträumt, manche weinen, einige sehen müde aus. Hauptsächlich sind es Frauen. "Aquarchytass" sagt: "Ich finde Augen einfach schön. Ich beobachte, wie sie sich durch Licht und Schatten verändern und zeichne das. Ich mag es, wenn im Bild etwas passiert." Angefangen hat alles vor ein paar Jahren mit einem Video im Netz. Da hatte jemand Rihanna gezeichnet - das hat sie fasziniert und nicht mehr losgelassen. Dadurch hat "Aquarchytass" angefangen, selbst den Stift anzusetzen. "Ich hab einfach geübt und immer weitergemacht."
"Ich bin nicht wirklich berühmt"
Berühmt werden möchte "Aquarchytass" schon irgendwie. Aber sie will nicht auf der Straße angequatscht werden. Es geht ihr um die Kunst. Sie will später etwas machen, was sie mag. Eine Kunstgalerie eröffnen zum Beispiel. Bis dahin, sagt sie, ist es aber noch ein weiter Weg: "Ich bin nicht wirklich berühmt, ich habe ja nur eintausend Follower. Manche haben das Zehnfache. Berühmtsein, das fängt für mich viel später an, bei 15.000 Followern etwa."
Soziale Medien helfen dem Ruhm auf die Sprünge
Soziale Medien und Netzwerke wie Instagram, Youtube und Facebook spucken regelmäßig "kleine Berühmtheiten" aus. Ruhm oder Fame, wie Jugendliche sagen, kann heutzutage aber eben auch sehr schnell wieder vorbei sein. Viele Teenager finden, dass zwischen großen Stars wie Beyoncé, Brad Pitt und Rihanna und Menschen, die vorübergehend berühmt werden, schon noch ein Unterschied besteht. Dennoch: Um in der heutigen Zeit berühmt zu werden, müssen Menschen kein bestimmtes Talent mehr haben. Es genügt, aufzufallen, laut zu sein und schrill. Bestes Beispiel: Die Kardashians. Ein Familienclan, der weder Schauspieler, noch Sänger oder Sportler hervorgebacht hat. Trotzdem sind Kim und ihre Geschwister weltberühmt.
Gefunden und gesehen werden
Der Schlüssel zum Berühmtwerden: Mit einem Projekt, einer Idee, einem Post oder Foto den Nerv der Zeit treffen. Online von den richtigen Leuten gefunden und gesehen werden - das kann Menschen berühmt machen. Wer aber langfristig im Rampenlicht bleiben möchte, so die Einschätzung der Jugendlichen, muss durch Leistung überzeugen und dabei auch besser werden - das heißt, er oder sie braucht Ideen, die andere nicht haben. Aber was heißt es eigentlich überhaupt, berühmt zu sein? Man wird hofiert, gemocht, bewundert. Aber Menschen, die plötzlich berühmt werden, werden mitunter auch vom eigenen Erfolg und den Reaktionen des Publikums überrollt. Manche macht der Ruhm regelrecht krank, sie rasten in der Öffentlichkeit aus, rutschen in Alkohol- und Drogenexzesse ab.
"Interessant bleiben ist harte Arbeit"
Von diesem Szenario ist Künstlerin "Aquarchytass" meilenweit entfernt. Allein bekannt zu bleiben und die Follower bei Laune zu halten, sei harte Arbeit. Wer zwei Wochen lang kein Bild hochlädt, sagt sie, wird "entfolgt". Nervös macht sie das aber nicht. Sie lässt sich weder von ihren 1.000 Followern beeindrucken, noch davon, dass manche wieder gehen. "Das ist eigentlich nicht anders, als wenn man 200 Follower hat. Das sind eigentlich nur Zahlen. Wenn sie hoch- oder runtergehen, dann ändert das nichts an meinem Gefühl."
Ruhm und Erfolg sind nicht dasselbe
Zwischen Followern und echten Freunden, sagt "Aquarchytass", liegen Welten. Ihre Follower kennt sie nicht persönlich. Es sind im Grunde fremde Leute, die sich für ähnliche Themen interessieren. Und die ihre Kunst weiterbringen können. Die Instagramerin hofft dabei auf eine ganz spezielle Aufmerksamkeit: Große Kunstgalerien suchen inzwischen auch online nach neuen Talenten. Sie schreiben Künstler an, die sie interessieren, stellen ihre Werke aus und bringen den Künstlern mehr Reichweite, bessere Kontakte und damit die Chance auf beruflichen Erfolg in der Kunst. Das ist der Ruhm, von dem "Aquarchytass" träumt. Bis es soweit ist, ist sie aber sehr zufrieden mit dem, was sie hat: "Ganz egal, wie es mit meiner Kunst weitergeht - ich habe Spaß an ihr und bin dankbar für das, was ich erleben darf." Am Ende ist "Aquarchytass" eben ein ganz normaler Teenager - mit 1.057 Followern.
Dieser Artikel ist durch Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines Workshops des Medienbildungsprojekts NDR Newcomernews des NDR Landesfunkhauses entstanden.