Stand: 06.07.2015 09:00 Uhr

Geschenk an Hamburg und Norddeutschland

Prägung durch Gründer und Chefdirigent Hans Schmidt-Isserstedt

Hans Schmidt-Isserstedt, erster Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters © NDR - Honorarfrei
Hans Schmidt-Isserstedt, erster Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters

Die künstlerischen Etappen des NDR Sinfonieorchesters sind mit den Namen prägender Chefdirigenten verbunden. Für das Orchester war es ein Glücksfall, dass Hans Schmidt-Isserstedt, der erste in dieser renommierten Reihe, über gut 25 Jahre für künstlerische Kontinuität sorgen konnte. Schmidt-Isserstedt leistete Aufbauarbeit, er warb Musiker an, stellte das Orchester zusammen, formte es zu einem Klangkörper von unverwechselbarem Charakter. Er setzte die Schwerpunkte im Repertoire, nahm Abstand von den bombastischen Klanginszenierungen der Vergangenheit. Er besann sich auf die Fundamente, die er einerseits in den Ursprüngen heutiger Orchesterkultur, den Klassikern, andererseits aber auch in der Musik der Zeitgenossen sah.

Klassiker und "Klassiker der Moderne" als Schwerpunkte

Mozart, Haydn und Beethoven bildeten den einen Fokus seiner Arbeit; an ihnen schulte er das Ideal eines transparenten, klaren Klangs. Der zweite Schwerpunkt galt den neuen "Klassikern der Moderne", Hindemith, Bartók und Strawinsky. Die Nationalsozialisten hatten ihre Kompositionen als "entartete Musik" diffamiert. Dem Publikum des ersten Nachkriegsjahrzehnts ermöglichten sie nach und nach einen Zugang zur Avantgarde. Die Partituren dieser Komponisten verlangten rhythmische Präzision und sorgfältige Klangbalance – und auch dies waren Grundpfeiler in Schmidt-Isserstedts Orchesterästhetik.

In seine Chefdirigentenzeit fiel denn auch ein weltweit beachtetes Ereignis zur Wiedergewinnung der Tradition: die konzertante Uraufführung von Arnold Schönbergs Oper "Moses und Aron" am 12. März 1954 unter der Leitung von Hans Rosbaud, in Anwesenheit von Schönbergs Witwe und seiner Tochter Nuria und unter großer Anteilnahme der gesamten deutschen Musikwelt.

Die Ära Günter Wand

Günter Wand dirigiert das NDR Sinfonieorchester (Aufnahme von 1981) © NDR
Günter Wand war von 1982 bis 1991 Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters.

Die siebziger Jahre, nach Schmidt-Isserstedts Tod 1973, waren zwangsläufig eine Übergangszeit, in der zunächst Moshe Atzmon und später Klaus Tennstedt die künstlerische Verantwortung für das Orchester übernahm. Mit Günter Wand begann 1982 eine neue Ära. Wand hatte sich in den fünfziger Jahren für die neue Musik eingesetzt, in den achtziger Jahren konzentrierte er sein Repertoire fast ausschließlich auf die große Sinfonik der deutsch-österreichischen Tradition, auf Beethoven, Schubert, Schumann, Bruckner und Brahms.

Referenzeinspielungen mit Bruckner-Werken

Geachtet und gefürchtet für seine strenge, ausdauernde Probenarbeit, kamen insbesondere seine Bruckner-Interpretationen einer Neuentdeckung gleich. Die Aufnahmen, die er während seiner zwanzigjährigen Zeit als Chef- und Ehrendirigent mit dem NDR Sinfonieorchester als Live-Mitschnitte aufzeichnen ließ, gelten bis heute als Referenzeinspielungen. Sie begründeten das weltweite Renommee des Orchesters und Günter Wands, der bis zu seinem 90. Lebensjahr regelmäßig am Pult des Orchesters stand.

Von Gardiner bis Dohnányi

John Eliot Gardiner, Chef des Orchesters von 1991 bis 1995, hatte seine Erfahrungen vor allem mit Ensembles der historischen Aufführungspraxis gesammelt. Mehr und mehr übertrug er sie auf die Arbeit mit großen Sinfonieorchestern. Seine Hamburger Jahre fielen in eine Zeit, in der sich das starre Gegenüber zwischen den Originalklang-Ensembles und den modernen Orchestern zu lockern begann. Dem NDR Sinfonieorchester erschloss sich ein größeres stilistisches Panorama; inzwischen zählt es zum selbstverständlichen Repertoire.

Christoph von Dohnányi © (c) dpa - Fotoreport
Christoph von Dohnányi

Herbert Blomstedts kurze Amtszeit knüpfte in den Repertoireschwerpunkten an die Ära Günter Wand an. Mit Christoph Eschenbach verpflichtete das Orchester 1999 einen Musiker, der als Pianist und Dirigent über große internationale Erfahrung verfügte. Seine Stärke liegt in der überzeugenden Darstellung der Werke, die in den spannenden Umbruchzeiten der Klassik in die Romantik, der Romantik in die Moderne entstanden. Er ist - wie Herbert Blomstedt - ein ständiger Gast am Pult des NDR Sinfonieorchesters geblieben. Von 2004 bis 2010 stand mit Christoph von Dohnányi ein weiterer großer deutscher Dirigentenname dem Orchester als Chefdirigent voran.

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