ECHO Klassik für fabergé-quintett
Das fabergé-quintett, bestehend aus fünf Mitgliedern des NDR Sinfonieorchesters, hat auf seiner ersten CD drei Streichquintette von Adolphe Blanc ersteingespielt. Nun wird die im Juni 2013 veröffentlichte Aufnahme mit dem ECHO Klassik in der Kategorie "Kammermusikeinspielung des Jahres (Musik 19. Jh) / Streicher" ausgezeichnet. Die Verleihung und das Preisträgerkonzert finden am 26. Oktober in München statt.
Julius Heile sprach mit den Quintett-Mitgliedern Rodrigo Reichel (Violine) und Peter Schmidt (Kontrabass) über ihr Ensemble und die CD.
Erst einmal herzliche Gratulation zum ECHO! Was sagen Sie dazu?
Peter Schmidt: Tja – das ist schon ein tolles Jahr: Erst gewinnt das NDR Sinfonieorchester den Grammy für die Hindemith-Einspielung, dann holt die Nationalmannschaft den Weltmeistertitel – und nun bekommen wir den ECHO. Wahnsinn!...
Rodrigo Reichel: Damit haben wir natürlich nicht gerechnet (lacht)... Wir freuen uns unheimlich über diese Auszeichnung. Toll, dass dieses wirklich unbekannte Repertoire hierdurch die Aufmerksamkeit erhält, die es unserer Meinung nach verdient. Und ein bisschen stolz sind wir natürlich auch, die Ersten gewesen zu sein, die diese Werke aufgenommen haben.
Seit wann gibt es das fabergé-quintett und wie hat es sich gegründet?
Schmidt: Auf der letzten Konzertreise mit Günter Wand nach Japan im Jahr 2000 hatten wir die Möglichkeit, auch in dieser Besetzung aufzutreten. Dort hat alles angefangen. Wir spielten in Japan drei Konzerte, nannten uns damals aber noch "Hamburger Streichquintett".
Reichel: Bald wollten wir uns natürlich einen originelleren Namen geben. Weil wir anfangs sehr viel französisches Repertoire interpretierten, in dem es ganz viele wunderbare, kaum bekannte Stücke für unsere Besetzung zu entdecken gibt, sollte er französisch klingen. Die meisten dieser so selten zu hörenden Werke für Quintett mit Kontrabass sind wahre Kleinode! So kamen wir auf das Fabergé-Ei aus der Juwelierskunst. Der allgemeine Name "Quintett" lässt dabei zugleich verschiedene Besetzungsvarianten (2. Geige oder Klavier) offen.
Nun ist ja die kammermusikalische Besetzung eines Quintetts mit Kontrabass relativ ungewöhnlich und das Repertoire eher schmal…
Schmidt: Denkt man! Ich als Kontrabassist war natürlich immer neidisch auf die vielen schönen Streichquartette, die meine Kollegen spielen können. Ich wollte unbedingt auch regelmäßiger Kammermusik machen, in der man in so beglückender Weise musikalische Verantwortung übernehmen kann. Landläufig bekannt sind als Kammermusikwerke mit Kontrabass aber eigentlich nur das "Forellenquintett" von Schubert (mit Klavier) und das Streichquintett op. 77 von Dvořák. Ich dachte mir: Da muss es doch mehr geben! Als ich dann mal genauer Nachschlagewerke durchforstete, entdeckte ich wahnsinnig viel Repertoire. Leider sind nur sehr viele Werke aktuell nicht mehr erhältlich und damit nur über Bibliotheken zu beschaffen. Nach wie vor verlangt die Suche nach Werken für Quintett mit Kontrabass noch einigen Spürsinn, wobei ich schnell erkennen musste, dass das im Grunde ein Fass ohne Boden ist.
Was zeichnet die Kammermusik mit Kontrabass besonders aus?
Schmidt: Viele dieser Streichquintette sind gewissermaßen wie ein solistisch besetztes Streichorchesterstück komponiert. Tatsächlich kann man es auch in diesem Sinne auffassen: Wir sind das kleinste Streichorchester, das man sich vorstellen kann! Was übrigens auch die Tür öffnet, Kompositionen für Streichorchester solistisch zu spielen. Damals in Japan haben wir z. B. gleich mit dem Klassiker, der „Kleinen Nachtmusik“ von Mozart, gestartet.
Reichel: Für einen Geiger ist die Umstellung bei der Kammermusik mit Kontrabass übrigens nicht groß. Ich denke eher für den Cellisten: Er wird von seiner Bass-Rolle entlastet und tritt solistischer hervor. Ich empfinde das Musizieren in diesem Quintett vor allem als ungeheure Bereicherung, da es Spaß macht, selten gespielte Werke der Vergessenheit zu entreißen. So wie eben im Fall dieser CD, auf der wir Streichquintette des kaum bekannten Komponisten Adolphe Blanc ersteingespielt haben.
Wer war denn eigentlich Adolphe Blanc?
Schmidt: Adolphe Blanc (1828-1885) war Geiger und Bratschist, studierte am Pariser Conservatoire Komposition und wirkte auch als Orchesterleiter am Pariser Théâtre Lyrique. Neben George Onslow und Louise Farrenc gehörte er seinerzeit zu den ganz wenigen französischen Komponisten, die überhaupt niveauvolle Kammermusik schrieben. Wer als Komponist in Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts etwas auf sich hielt, komponierte ja vor allem Opern. Von Blanc aber gibt es neben den insgesamt sieben Streichquintetten auch Streichtrios und -quartette sowie diverse Kammermusik mit Klavier...
Reichel: … und er wurde wegen seines großen Engagements für die ernsthafte Kammermusik in Frankreich sogar mit einem Preis der Académie des Beaux-Arts ausgezeichnet.
Wie würden Sie die Musik von Adolphe Blanc beschreiben?
Reichel: Formal und stilistisch könnte man seine Werke durchaus noch der Wiener Klassik zuordnen. Blancs Streichquintette zeichnen sich dabei durch großen Schwung aus und überraschen immer wieder mit originellen Einfällen – eine sehr lebendige Musik.
Gibt es auf der CD für Sie persönliche Lieblingssätze oder Lieblingsstellen?
Schmidt: Ich denke, die Tarantella aus dem Quintett Nr. 7 finden wir alle ganz toll, das hat schon "Hitqualitäten". Mir persönlich macht aber auch der 3. Satz aus dem Quintett Nr. 3 besonderen Spaß, in dem Cello und Bass Sechzehntelläufe unisono zu spielen haben. Da"fegen wir ordentlich was wech"...
Was sind Ihre nächsten Pläne?
Schmidt: Im November haben wir Konzerte in Südkorea, und am 16. Dezember spielen wir in der Kammermusikreihe des NDR Sinfonieorchesters, wo wir dann auch unsere neue CD vorstellen werden, dieses Mal mit Klavierquintetten von Hermann Goetz und Ralph Vaughan Williams, frei nach dem Motto: "Es muss ja nicht immer die Forelle sein..."
Das Gespräch führte Julius Heile.