Thomas Hengelbrock: Ein neuer Ton im Orchester
Seit der Saison 2011/12 steht ein Norddeutscher am Pult des NDR Sinfonieorchesters: Thomas Hengelbrock. 1958 wurde er in Wilhelmshaven geboren, ging mit 16 in den Süden, um in Würzburg und Freiburg Geige zu studieren. Er war der Mitbegründer des Freiburger Barockorchesters, später gründete er den Balthasar-Neumann-Chor und das zugehörige Ensemble und war international als Gastdirigent unterwegs. In Hamburg hat Thomas Hengelbrock die Nachfolge von Christoph von Dohnányi am Pult des NDR Sinfonieorchesters angetreten.
Neben den vielfältigen Konzerten sind schon eine ganze Reihe gemeinsamer CDs entstanden, mit Schubert, Dvorak, Mahler, Schumann und Mendelssohn. Im Norden und bei Gast-Konzerten kommen Hengelbrock und "seine" Hamburger bestens beim Publikum an. Eine Erfolgsstory, die fortgeschrieben werden soll: der zunächst für drei Jahre geschlossene Vertrag wurde inzwischen bis Juni 2019 verlängert.
Das NDR Sinfonieorchester auf Asien-Tournee
Vor kurzem gab es wieder eine Nagelprobe für Chefdirigent Thomas Hengelbrock und das NDR Sinfonieorchester: zwei Wochen lang waren sie in Asien unterwegs. Ein riesiger Erfolg. Vor dem letzten Konzert in Japan begrüßte Hengelbrock die Musiker mit folgenden Worten: "Schönen guten Tag, alle zusammen. Sie sind Helden, Sie sind alle Titanen! Als achtes Konzert in zehn Tagen so einen Mahler zu spielen wie gestern, das ist einfach unglaublich, große Bewunderung. Ich habe aber gute Nachrichten für Sie: wegen des großen Erfolges wird die Tournee um acht Konzerte verlängert."
Ein neuer Ton im Orchester
Thomas Hengelbrock hat einen neuen Ton ins Orchester gebracht - musikalisch, aber auch im Umgang. Wenn er dirigiert, steht er meist nicht auf einem Podest. So kann er sich ganz frei bewegen - und er steht auf einer Ebene mit den Musikern. "Als Chefdirigent begreife ich mich als Primus inter Pares, das ist ganz klar. Ich gebe die Leitlinien vor, wobei ich natürlich auch schaue, was vom Orchester angeboten wird. Wir leben nicht mehr in irgendwelchen totalitären Zeiten, Gott sei Dank nicht, und ein Chefdirigent kann nicht die Mitmusiker zu Befehlsempfängern degradieren", erklärt Hengelbrock sein Selbstverständnis als Dirigent.
Der Teamgeist und die Bewegungsfreiheit - auch innerlich - das sind die zwei entscheidenden Attribute des Chefdirigenten Hengelbrock. Sein Hintergrund spielt dabei eine wichtige Rolle. Er hat selbst als Geiger in Orchestern gespielt, hat viel mit kleineren Ensembles der freien Szene gearbeitet, in denen sich jeder Musiker stark einbrachte. Für ihn geht es immer um ein gemeinsames Herantasten an den Kern der Musik: "Ich möchte einfach einem Stück auf die Schliche kommen. Ich möchte nachvollziehen können, wie ein Komponist das gemeint hat, unter welchen Schmerzen er es vielleicht auch geboren hat. Das sind sehr kreative Prozesse. Und in so einen kreativen Nach-Schaffensprozess möchte ich meine Musiker auch im Hamburger Orchester versetzen." Mit der Tradition des Orchesters hat er sich sehr beschäftigt und sieht sich durchaus in dieser Linie: "Ganz sicher ist mein interpretatorischer Ansatzpunkt für viele Werke ein anderer als es damals für Günter Wand war. Aber damit das Neue nicht modisch - oder noch schlimmer neumodisch - wird, brauchen wir die enge Anbindung an die Tradition."
Ein exzellenter Kommunikator
Das Neue, das ist bei Hengelbrock neben dem neuen Geist eine Ausweitung des Repertoires. Barockmusik mit Barockbögen und Naturtrompeten, Uraufführungen, Chorsinfonik, Oper - und die Komposition unkonventioneller Programme, in denen die Werke in einem neuen Licht erscheinen. Er ist ein exzellenter Kommunikator. Seine Ideen teilt er auch mit dem Publikum, etwa in Einführungsveranstaltungen vor den Konzerten oder in der neuen Fernsehsendung „Musik entdecken mit Thomas Hengelbrock“. Das NDR Sinfonieorchester präsentiert sich mit Thomas Hengelbrock zugänglicher, offener und moderner denn je.