Kommunalwahl: Tourismus und Streit-Themen im Kreis Schleswig-Flensburg
Bei der Kommunalwahl entscheiden am 14. Mai Wählerinnen und Wähler darüber, wie es im Kreis Schleswig-Flensburg und in den Städten und Gemeinden weitergeht. Ein Überblick der wichtigsten Themen.
Wer in Schleswig-Holsteins drittgrößtem Flächenkreis unterwegs ist, muss lange Wege zurück legen. Somit gilt es als Herausforderung, das Angebot an Buslinien mit neuen Modellen zu verbessern. Das würde auch dem Tourismus helfen, der durch Corona einen überraschenden Boom erlebte: Die Schlei war als Modell-Region eines der wenigen möglichen Ziele mit entsprechendem Zulauf. In Olpenitz sind zudem Tausende neuer Quartiere entstanden. Sollte die Politik jetzt auf die Bremse treten? Für viel Wirbel sorgte zuvor der Plastik-Skandal, der ohne politische Folgen blieb und volle Fahrt voraus gilt für die Sanierung des verseuchten Wikingecks in Schleswig.
Alle Fraktionen stellen sich zur Wiederwahl
Bisher stellt die CDU mit 22 Abgeordneten die mit Abstand stärkste Fraktion im Kreistag. Aktuell vertreten sind außerdem SPD (11 Sitze), Grüne (8), SSW (5), FDP (2), und Die Linke (2). Die Fraktionen von AfD (2) und Freien Wählern (2) sowie das "Bündnis für Bürger" (1) konnten bei der Kommunalwahl 2018 ebenfalls in den Kreistag einziehen, haben sich aber aufgelöst und neu gruppiert: So gibt es jetzt die Fraktionen "Freie und unabhängige Wähler für Südschleswig", "Deerns un Jungs" sowie zwei fraktionslose Abgeordnete. Alle aktiven Fraktionen stellen sich zur Wiederwahl. AfD und Freie Wähler treten mit eigenen Listen an. Neu ist die Partei "Volt" auf dem Stimmzettel.
Wikingeck: Hohes finanzielles Risiko mit voller Rückendeckung des Kreistags
Auf mehr als 15 Millionen Euro könnte der Kreis Schleswig-Flensburg sitzen bleiben, wenn es schiefgeht. Trotzdem fiel der Beschluss Ende März im Kreistag einstimmig: Die Sanierung des verseuchten Erdreichs an der Schlei in Schleswig wird europaweit ausgeschrieben. Dort hatten Industrieanlagen bis etwa ins Jahr 1950 Giftstoffe hinterlassen. Das Bundesverkehrsministerium hatte bereits zugesagt, zwei Drittel der Kosten zu tragen, dann aber einen Rückzieher gemacht. Notfalls müssen Gerichte die Kostenverteilung klären. Der künftige Kreistag könnte bald vor der Entscheidung stehen, ob er weiteres Geld vorstreckt und ins Risiko geht.
Schleswig: Die "Freiheit" ist noch längst nicht fertig
20 Jahre ist es mittlerweile her, dass die Bundeswehr die Kasernen in bester Lage an der Schlei verlassen hat. Der Bau eines neuen Stadtteils kommt nach einigen Rückschlägen jetzt auf die Zielgerade. Im Zentrum stehen dabei der Umbau und die Erweiterung des "Heimat"-Gebäudes zu einem multifunktionalen Theater- und Veranstaltungsgebäude. Auch hier hat die CDU aus Kostengründen immer wieder zur Vorsicht gemahnt und frühere Planungen auf dem Hesterberg ausgebremst. Im Kreistag gab es zuletzt eine große Mehrheit der Fraktionen dafür, eventuelle Mehrkosten und damit einen Betrag bis zu zwei Millionen Euro zu übernehmen. Mit dem Neubau der Kreisverwaltung für rund 1.000 Mitarbeiter bahnt sich außerdem ein neues Riesenprojekt an. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreis Ralf Wrobel wirbt dafür, in jeder Hinsicht nachhaltig zu bauen und würde dafür auch etwas mehr Geld ausgeben.
Verkehr: Schleiregion als Vorreiter für innovativen Busverkehr
Das Bus-Angebot hat sich nach einem zum Teil holprigen Start neuer Angebote deutlich verbessert: der Takt wurde verdichtet, neue Linien sind hinzu gekommen. Rund um die gesamte Schlei können Busse bald zwischen beliebigen Haltestellen angefordert werden. Dieses geförderte Pilotprojekt sei richtungsweisend, es werde aber Begehrlichkeiten wecken, erwartet der CDU-Fraktionsvorsitzende Walter Behrens. Er schätzt seine Partei als generell etwas vorsichtiger beim Geldausgeben ein und meint: Bei einer Ausweitung des "smarten" ÖPNV müssten feste Buslinien reduziert werden, wenn sie wenig genutzt werden. Radwege erhalten und ausbauen wollen alle Fraktionen. SPD und SSW erwähnen in ihren Wahlprogrammen zudem die Notwendigkeit zusätzlicher Ladesäulen. Für mehr Nahverkehr sprechen sich auch die Grünen aus, die als einzige Partei mit 2035 ein konkretes Jahr für die Klimaneutralität nennen und dafür eine Klimaschutzagentur einrichten wollen, die Bürgerinnen und Bürger bei Bau- und Energiefragen berät.
Küsten- und Naturschutz an Flensburger Förde, Schlei und Ostsee
Ein neuer "Nationalpark Ostsee", für den der grüne Umweltminister Goldschmidt wirbt, stößt bei der CDU auf Skepsis. Die Union neigt laut Behrens bei Abwägungen eher zum Küsten- als zum Naturschutz, wenn es etwa um die Steilküste der Flensburger Förde oder die zum Teil überspülte Vogelschutz-Halbinsel Schleimünde geht. Und sie möchte mit den Landwirten zusammenarbeiten anstatt zu reglementieren, etwa beim "integrierten Scheiprogramm" gegen Überdüngung. Dieses Programm will die SPD auf die Flensburger Förde ausweiten. Einige Anwohner fordern allerdings schärfere Regeln.
Kappeln: Mit Olpenitz ist eine zweite Stadt entstanden
Im Sommer halten sich in Kappeln inzwischen etwa genau so viele Touristen wie Einheimische auf. Durch den Umbau des ehemaligen Marinestützpunktes Olpenitz zu einem "Ostsee-Resort" kommen allein 5.000 Gästebetten hinzu. Mit den Schleiterrassen entsteht ein hochwertiger neuer Stadtteil, der auswärtige Käufer anzieht. Noch mehr Tourismus könnte die Akzeptanz gefährden. Somit sprechen sich die Fraktionen für einen ausgewogenen Tourismus aus.
Handewitt: Alles wächst - Gewerbe, Wohngebiete, Photovoltaik - und die Staus
Im Berufsverkehr und zu Ferienzeiten staut es sich regelmäßig auf der B199, die seit Jahrzehnten als Provisorium am Ort vorbeigeführt wird. Eine zusätzliche Umgehung hat beim Bund derzeit keine Priorität. Stattdessen könnte die Gemeinde einen "Turbo-Kreisverkehr" anstreben, der mit gut zwei Millionen Euro aber teuer werde, meint CDU-Politiker Behrens, der selbst in Handewitt wohnt. Die Gemeinde an Flensburgs Stadtrand wächst kontinuierlich. Ein großes Thema sind auch die Photovoltaik-Pläne. 353 Hektar und damit etwa 4,5 Prozent ihrer Gesamtfläche hat die Gemeinde dafür als vorrangig eingestuft, Interessenten stehen Schlange. Nicht nur in Handewitt können die Kommunalpolitiker darauf hinwirken, dass Projekte mit Bürgerbeteiligung schneller Baugenehmigungen bekommen.
Harrislee: Die dänischste deutsche Gemeinde
Mit 37 Prozent der Stimmen holte der SSW in Harrislee bei der Gemeindewahl vor fünf Jahren das beste Ergebnis, knapp vor CDU und SPD. Die Partei der Minderheit will weiterhin dafür sorgen, dass dänische Vereine sich einbringen können, kündigt Gemeindevertreterin Anke Schulz an. Das wird etwa relevant, wenn der Ortskern in den kommenden Jahren umgestaltet wird. Auch der Neubau der Schwimmhalle steht an. Dafür stehen jetzt zu zwei Dritteln Fördermittel bereit. Streit gab es zuletzt über die noch nicht beschlossenen Pläne, die Parkplätze am Strandbad Wassersleben zu erweitern. Die neue Ortsgruppe der Grünen will die Parkflächen erhalten, die dafür vorgesehen sind.