Szenenbild aus der 64. Büttenwarder-Folge "Radio": Brakelmanns Radio steht in der Stube. © NDR

Von "Goebbels Schnauze" bis zur Heimatwelle: 100 Radio Rundfunk in SH

Stand: 27.10.2023 16:20 Uhr

Am 29. Oktober 1923 begann die Ära des Rundfunk in Deutschland. Bereits ein Jahr später ging man im Norden auf Sendung. Die NORAG mit Sitz in Hamburg sendete auch für Schleswig-Holstein.

von Karl Dahmen

Wo ist denn hier die "Goebbels Schnauze"? Was sich bei einem ersten Hinhören etwas absurd anhört, löst bei Egon Jensen nur ein leichtes Lächeln aus. Gleich führt er den Besucher zu einer Ecke seiner Radiosammlung im Heimatmuseum im Dithmarscher Ort Lunden. Hier stehen drei von den "Schnauzen" übereinander, die nach Hitlers großmäuligem Propagandaminister benannt sind.

Propaganda der Nationalsozialisten

"Goebbels Schnauze" nannten die Zuhörer den Volksempfänger. Ein legendäres Radio, das zum einen für viele Deutsche ein preiswertes Unterhaltungsgerät, aber für die Nazis auch ein Mittel war, um die Zuhörer in ihrem Sinn zu beeinflussen. "Ich halte den Rundfunk für das allermodernste und allerwichtigste Massenbeeinflussungsmittel, das es überhaupt gibt", meinte Joseph Goebbels und setzte deshalb auf den Volksempfänger. Jeder Deutsche sollte einen haben, damit die Nazi-Ideologie auch in jeden Haushalt gesendet werden konnte.

Die erste Rundfunksendung

Ein Mann steht vor einem Regal mit alten Radio-Apparaten. © NDR Foto: NDR
Die Radio-Sammlung von Egon Jensen ist zu sehen im Heimatmuseum Lunden.

Als die Nazis in Deutschland die Macht übernahmen, war das Radio erst zehn Jahre alt. Am 29. Oktober 1923 wurde zum ersten Mal eine Sendung über den Äther geschickt. Egon Jensen ist Besitzer von über 300 Radios - von Geräten aus der Anfangszeit des Rundfunks, bei denen Sendungen nur mit dem Kopfhörer empfangen werden konnten, über den Volksempfänger, bis zu den Kofferradios der 1970er und die Radioanlagen der 1990er Jahre. Seine Leidenschaft aber gehört vor allem den Röhren, ohne die die alten Radios nicht betriebsbereit wären.

Die NORAG sendet für den Norden

Eine Gruppe Mädchen tanzt in einer historischen Aufnahme. © NDR Foto: NDR
In den 1920 Jahren fuhren sie durch Städte und Gemeinden, um für das Radio zu werben.

Im Norden begann mit dem 2. Mai 1924 das Rundfunkzeitalter. Mit Beteiligung privater Geldgeber sendete in Hamburg die NORAG. Erst gab es nur 896 zahlende Hörer. Die Vertreter der neuen Rundfunkanstalt fuhren durch den ganzen Norden, auch nach Kiel, Lübeck und Flensburg. Selbst kleine Dörfer gehörten dazu, um neue Kunden zu werben und die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass "Schwarzhören" verboten ist. Ende 1931 hatte die NORAG stolze 600.000 Hörerinnen und Hörer, denn zum Beispiel Serviceleistungen wie das Wetter für die Regionen war für die Fischer in Nordfriesland genauso wichtig wie für die Bauern in Ostholstein.

Das Programm war äußerst vielfältig. Neben Musik gab es vor allem Sendungen über Kultur und Bildung im Programm. Politik spielte in den ersten Jahren des Radios eher eine kleine Rolle. Das änderte sich mit den Nazis, die mit dem Radio ihre Propaganda transportierte, die letztlich in den Zweiten Weltkrieg mündete.

Neuanfang nach dem Krieg

Einen Neuanfang war dann die Gründung des NWDR 1948 und das Senden des NDR ab 1955. 1950 gab es schon ein eigenes Landesstudio für Schleswig-Holstein in Flensburg. 20 Jahre später wurde das Kieler Studio zum NDR-Funkhaus in Schleswig-Holstein. Aktualität, Informationen, Unterhaltung, Bildung: Das sind 100 Jahre nach Gründung des Radios die Hauptpfeiler der NDR 1 Welle Nord. Seit ihrer Gründung berichten die Reporterinnen und Reporter des NDR über Naturkatastrophen, politische Ereignisse, Sportergebnisse und viele andere Themen - zeitnah und nah am Menschen. In unserer Zeitreise erzählen wir von 100 Jahren Berichterstattung im Norden.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 29.10.2023 | 19:30 Uhr

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