Zehn Fäuste bei der Heim-EM

Stand: 10.01.2023 19:10 Uhr

Eine der ältesten Sportarten der Welt: Faustball. Ähnlich wie Volleyball und erstmals im Jahr 240 nach Christus vom römischen Kaiser Gordianus erwähnt und auf einer Münze verewigt. An diesem Wochenende wurde im dänischen Grenzort Krusau ein neues Faustball-Kapitel geschrieben.

von Frank Goldenstein

Ein paar kurze Schritte, ein kraftvoller Absprung und ein blitzschneller Schlag in der Luft. Der Ball landet präzise im gegnerischen Feld. Diese Szene ist zwar nicht auf der römischen Münze abgebildet, gab es aber beim Abschlusstraining der dänischen Faustballerinnen in einer Sporthalle in Tingleff zu sehen. 

Tradition und Gegenwart in Dänemark 

Nördlich der deutsch-dänischen Grenze erfährt Faustball gerade eine Renaissance. In Nordschleswig hat Faustball insbesondere in der deutschen Minderheit Tradition. Diese wird seit 2016 wiederbelebt, indem aktive Trainer, Spielerinnen und Spieler in den dortigen Schulen Werbung machen für Faustball. Auf Vereinsebene nehmen Junioren- und Seniorenmannschaften als Team Nordschleswig in verschiedenen deutschen Ligen am Spielbetrieb teil. 

"Dass unsere beiden dänischen Nachwuchsteams jetzt Heimvorteil bei einer Europameisterschaft haben, ist eine tolle Gelegenheit, um für Faustball Werbung zu machen", sagt Thore Naujeck. Er ist einer der beiden Chef-Organisatoren und beim Deutschen Jugendverband für Nordschleswiger aktiv. 

Kurzfristig eingesprungen 

Die U19-Europameisterschaft wurde vom Europäischen Faustball-Verband für die ausgefallene U18-Weltmeisterschaft in Neuseeland neu ins Leben gerufen. Die Deutsche Minderheit und Leipzig hatten sich als Ausrichter für das Turnier beworben. Die der Minderheit ist aber laut Naujeck beim Verband zunächst untergegangen und Leipzig habe den Zuschlag erhalten. Nach einer Beschwerde von ihm wanderte das Turnier schließlich doch noch an die deutsch-dänische Grenze. "Wir hatten keine drei Monate Zeit für die Vorbereitung, das war ganz schön sportlich", gesteht Thore Naujeck. Mit Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz reisen vier Nationen mit ihren Nachwuchsteams an. Etwa 120 Spielerinnen und Spieler samt Trainerteam mussten untergebracht werden."

Die Regeln 

Beim Faustball stehen sich zwei Teams auf einem 40 Meter langen und 20 Meter breiten Feld gegenüber. Jede Mannschaft tritt mit fünf Spielerinnen und Spielern an. Ziel ist es, einen Ball über ein etwa zwei Meter hohes Netz ins gegnerische Feld zu schlagen. Der Ball darf nur mit der Faust oder dem Unterarm berührt werden. Maximal drei Kontakte sind in jeder Hälfte von den Teams erlaubt. Der Ball darf zwischendurch den Hallenboden berühren. Ab elf erzielten Punkten braucht es zwei Punkte Vorsprung, um einen Satz zu gewinnen. Um ein Spiel zu gewinnen, muss ein Team zwei oder drei Gewinnsätze erzielen. 

Die Vorbereitung der Dänen 

Die weiblichen Faustballerinnen aus Dänemark haben sich zwischen Weihnachten und Neujahr intensiv vorbereitet auf die Heim-EM. Mit dabei ist Sara Bargum. Sie hat Handball gespielt, bis sie auf dem deutschen Gymnasium in Apenrade erstmals Faustball gesehen und ausprobiert hat. "Das macht sehr viel Spaß, wir haben eine tolle Gemeinschaft", sagt die Sportstudentin. Mittlerweile spielt sie seit drei Jahren im Nationalteam, das mittlerweile nicht mehr nur aus Spielerinnen der deutschen Minderheit besteht. Ein paar Faustballerinnen gehen auch auf dänische Schulen.  

Extra-Motivation durch viele Fans 

Für das Wochenende haben Bargum und ihre Mitspielerinnen ordentlich Werbung gemacht und alle ihre Familien und Freunde eingeladen. Das soll für die entsprechende Stimmung sorgen und die Heim-Mannschaften anspornen. Das Turnier findet nur knapp zehn Kilometer von Flensburg entfernt in der Grenzland-Halle in Krusau statt.

Die Favoritenrolle ist geklärt 

Für die dänische Mannschaft standen insgesamt mindestens vier Spiele auf dem EM-Programm. Am Sonnabend haben alle Teams bereits einmal gegeneinander gespielt. Deutschland und Österreich sind laut Bargum und Naujeck zu stark, die Schweiz vermutlich auch. "Unser Ziel ist ein Sieg gegen Italien", gab sich Bargum im Vorgespräch kämpferisch. Bei den männlichen Teams war die Ausgangslage ähnlich. Favoriten sind andere, aber die Faustballer der deutschen Minderheit wollten Erfahrungen sammeln und ihre Auftritte vor heimischer Kulisse genießen. 

Triumph für Favorit Deutschland

Am Sonntag stand dann die Finalrunde und der Kampf um die Podestplätze an. Die dänischen Faustballerinnen gewannen ihr Spiel gegen Italien und schafften so den Sprung ins Halbfinale. Die Freude auf dem Feld und der Tribühne im Anschluss war riesig. Im Halbfinale war dann aber Endstation - Topfavorit Deutschland war zu stark. Auch im Spiel um Platz 3 zogen die dänischen Frauen den Kürzeren. Das Finale in Krusau hieß deshalb gleich zweimal: Deutschland gegen Österreich. Bei den Frauen gewann Deutschland glatt in drei Sätzen - bei den Männern erst nach einem hart erkämpften Fünf-Satz-Krimi.

Die Ausrichter waren mit ihrer Premiere der Faustball-Europameisterschaft zufrieden. "Jetzt freuen wir uns auf die gemeinsame Abschlussfeier  auf dem Knivsberg", hieß es aus den Reihen der Organisatoren.

Weitere Informationen
Eine Illustration der deutsch-dänischen Grenzlandschaft. © NDR
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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 08.01.2023 | 19:30 Uhr

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