Seelsorge im Urlaub: Der "Zuhör-Korb" im Ostseebad Dahme
Auch im Urlaub können sich Sorgen und Ängste melden oder Gedanken darüber, was im Leben nicht glatt läuft. Für solche Momente sind Urlaubs-Seelsorger da. Im Ostseebad Dahme bietet Pater Ralf Gespräche im Strandkorb an - einmalig an der Ostseeküste.
Der "Zuhör-Korb" steht rechts von der Seebrücke in Dahme (Kreis Ostholstein). Beschriftet und damit gut zu erkennen - und anders als die anderen Strandkörbe nicht in Richtung Ostsee, sondern in Richtung Promenade ausgerichtet. An diesem Vormittag ist nicht viel los, es regnet in Strömen. Pater Ralf Winterberg, katholischer Tourismus-Seelsorger für Ostholstein, sitzt trotzdem in seinem Korb, wie jeden Mittwochvormittag drei Stunden lang. "Wenn ich nur in der Kirche sitze, kommt ja keiner vorbei", sagt er. Also mischt er sich unter die Urlauberinnen und Urlauber. "Jetzt bin ich Teil der Strandkorbmieter-Community", sagt er und lacht.
Der katholische Pfarrer möchte erfahren, was die Menschen bewegt. Für die Urlauberinnen und Urlauber hingegen ist der "Zuhör-Korb" ein Angebot, sich ganz spontan mit jemandem unterhalten zu können. Viele würden berichten, wie oft sie schon in Dahme Urlaub gemacht haben, was sie erlebt haben, wofür sie sich engagieren, wofür sie dankbar sind, sagt Ralf Winterberg. Einige erzählten auch von ihren Sorgen und Verlusten. Manche brauchen nur jemanden, der zuhört, andere wünschen sich vom Seelsorger einen Rat.
"Mal gucken, was der Mann zu sagen hat"
Ein Urlauber, barfuß und mit Wollmütze, hat sich zu Ralf Winterberg in den Korb gesetzt. Nach dem rund 20-minütigen Gespräch erzählt der Urlauber, dass er "Hardcore-Evangelikaler" sei, Gott ist für ihn real. Er ist alleine an der Ostsee unterwegs, um zu wandern, zu surfen und um Antworten auf berufliche und private Fragen zu finden. "Mir ist ein bisschen langweilig", sagt der Mann. "Surfen kann ich nicht, da bin hier gerade den Strand runtergegangen und dachte: Mal gucken, was der Mann zu sagen hat." Eigentlich könne er mit der katholischen Kirche nichts anfangen, dennoch: "Gute Menschen gibt’s überall." Nach dem Gespräch ist der Urlauber zufrieden. "Das war cool. Und es hat sich gezeigt, dass die Ideen, die ich habe, nicht ganz blöde sind."
Auch Christiane Horn macht Urlaub in Dahme. Sie lebt in der Nähe von Bonn, wo sie sich auch in der Kirche engagiert. Darüber sei sie mit Pater Ralf im "Zuhör-Korb" ins Gespräch gekommen, erzählt sie: "Über Gott und die Welt und über die Kirche heute, da kann man ja eine ganze Menge zu sagen", sagt sie lachend. Zunächst war sie etwas unsicher, ob ein Gespräch im Strandkorb mit einem Fremden überhaupt funktionieren könne: "Man sitzt da zu zweit und man muss sich relativ nahekommen, das ist aber ein nettes Format. Und das Bedürfnis ist nach Corona wieder groß, mit Menschen persönlich zu sprechen."
"Zuhör-Korb" womöglich Vorbild für andere Küstenorte
In vielen Urlaubsorten gibt es zur Ferienzeit besondere Angebote der Kirchen: Von Segnungen auf Seebrücken bis zu Gottesdiensten am Strand, auch in anderen Orten sind Tourismus-Seelsorgerinnen und -Seelsorger für Gespräche da. Dahme jedoch sei der einzige Badeort an der Ostsee mit einem "Zuhör-Korb", sagt Ralf Winterberg - bis jetzt. Es gebe schon Anfragen aus anderen Kommunen zu seinem Angebot. Pater Ralf kann es sich auch vorstellen, die Strandkorb-Seelsorge hier in der Umgebung auszuweiten und dafür Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler mit einzuspannen. "Denen könnte ich dann ein paar Tage Urlaub schenken, gegen den Einsatz von zwei bis drei Stunden am Tag für die Urlaubs-Seelsorge."