Software hilft Lübeck im Kampf gegen den Stau
Die Stadt Lübeck ist Schleswig-Holsteins Stau-Hauptstadt. Das liegt in erster Linie an den vielen Baustellen in der Hansestadt. Ein Team kümmert sich jeden Tag darum, dass die Auswirkungen trotz allem so gering wie möglich bleiben.
Insgesamt 41 Stunden, fast zwei volle Tage pro Jahr stecken Lübecker Autofahrer im Stau. Das zeigen Daten des Verkehrsdienstleisters Inrix. Dieser errechnete daraus Staukosten pro Fahrerin und Fahrer von 411 Euro in Lübeck - und eine Durchschnittsgeschwindigkeit in der Lübecker Innenstadt von 26 Stundenkilometer. Hintergrund für die vielen Staus: Es wird gerade viel gebaut. Lübeck will seinen Sanierungsrückstand aufholen - das Baustellenmanagement muss den Verkehrsfluss trotzdem irgendwie am Laufen halten.
Verkehr soll trotz Baustellen fließen
In einem unscheinbaren Haus im Süden der Lübecker Altstadtinsel stehen zwei Männer und eine Frau um einen Tisch, dessen Platte aus einem großen Touchscreen besteht. Eine von vielen Dienstbesprechungen heute in dem Gebäude der Stadt. Auf dem Display ist eine Karte der Hansestadt zu sehen; eingezeichnet sind in verschiedenen Farben die aktuellen und geplanten Baustellen im Stadtgebiet. Die Software dafür heißt "Roads". "Wir haben hier beispielhaft die Magentafarbe für den Breitbandausbau der Telekom, orange für den Breitbandausbau der Stadtwerke, grün für den Bereich Stadtgrün und Verkehr, der bei uns für die Straßenbaumaßnahmen zuständig ist", erklärt Baustellenmanager Anton Wetzel.
In der Stadt wird intensiv gebaut
400 geplante Maßnahmen und dazu noch einmal 3.000 kleinere Baustellen - und das alles in diesem Jahr. Die Stadt bringt sich gerade auf Vordermann: für 25 Millionen Euro. Das ist mehr als doppelt soviel wie normal. Die Baustellenmanager müssen dafür sorgen, dass die Auswirkungen für die Lübecker so gering wie möglich ausfallen. "Zum Beispiel beim Breitbandausbau öffnen wir die Straße und dann stellen wir uns die Frage, was kann da noch mit erledigt werden, damit die Baumaßnahme nicht mehrfach eingerichtet und abgebaut werden muss." Mit dem Breitbandausbau wird deshalb noch das komplette Beleuchtungsnetz mit ausgetauscht. Auch die Geh- und Radwege werden erneuert. "Würde das alles einzeln durchgeführt, müsste die Straße für jede Maßnahme neu aufgerissen werden", erklärt Wetzel.
Gemeinsam planen
Es geht darum, Baustellen zusammenzufassen, die Akteure dann an einen Tisch zu bringen, zu moderieren. "Wenn wir gemeinsam planen, sparen wir uns viel Arbeit." Aber: Oft kommt etwas dazwischen. Aktuelles Problem in der Dienstbesprechnung: Auf der Hüxtertorallee wurde bei Bauarbeiten ein alter Friedhof entdeckt. Die Archäologen müssen die Baustelle untersuchen, das sorgt für eine lange Verzögerung. Und die wirkt sich wiederum auf eine Reihe anderer Maßnahmen aus - ein Dominoeffekt: "Das bedeutet ja, hier für unseren Ausbau Glasfaser in diesem Bereich, dass wir die Hüxtertorallee schieben müssen?", fragt Mitarbeiterin Mirjana Kayser. "Stimmt, aber wir können die Zeit nutzen und währenddessen in einem anderen Bereich ausbauen", meint Wetzel.
Nicht nur an dieser Stelle muss nun neu geplant werden. "Wir haben hier auch noch im Bereich des Mühlentortellers die Markierungsarbeiten, da haben wir uns schon abgestimmt, das ist unproblematisch, nur müssen wir jetzt aufpassen, dass wir mit denen nicht zu sehr in den Winter reinrutschen", erklärt Baustellenmanager Markus Schill.
Software sorgt für Transparenz
Die Software "Roads" stellt Überschneidungen von Baustellen grafisch dar und sorgt nach Meinung der Baustellenmanager so für eine bessere Übersicht. Außerdem können die verschiedenen Bereiche, die Baustellen planen, jederzeit darauf zugreifen. "Das sorgt für viel Transparenz", meint Wetzel. Das System gibt Informationen über den Straßenzustand, das Beleuchtungsnetz und die Buslinien. Es weist außerdem auf Konflikte hin, wenn zum Beispiel Maßnahmen auf einer Umleitungsstrecke geplant werden. Doch egal wie gut Anton Wetzel und sein Team mit der Software arbeiten: Ganz ohne Staufrust wird es in Lübeck nicht gehen. Mindestens noch zwei Jahre wird so intensiv weitergebaut. Gut möglich also, dass Lübeck Stau-Hauptstadt bleibt.