SH: Oppositionsführer Thomas Losse-Müller wirft das Handtuch
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Thomas Losse-Müller, gibt sein Amt auf. Das teilte er in einem Schreiben an alle Mitglieder des Landesverbandes mit.
Es war eine Überraschung, als Thomas Losse-Müller 2021 zum Spitzenkandidaten der SPD für die Landtagswahl ausgerufen wurde. Eine Überraschung außerhalb und innerhalb der Partei. Weniger überraschend kommt nun aber für Beobachter sein selbstgewähltes Aus. Schon längere Zeit war spürbar, dass er mit seiner Rolle als Oppositionsführer im Landtag haderte, nicht richtig Tritt fassen konnte als Gegenspieler von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).
Rücktritt als Politiker und Neuanfang als Geschäftsführer einer Stiftung
In einem Schreiben an die Mitglieder der SPD Schleswig-Holstein teilte Losse-Müller mit, er werde in der kommenden Woche vom Amt des Fraktionsvorsitzenden zurücktreten und zum April kommenden Jahres auch sein Landtagsmandat niederlegen. Zuerst hatten die "Kieler Nachrichten" darüber berichtet. Er schrieb: "Ich werde ab April 2024 zur bundesweiten Stiftung Klimaneutralität wechseln und dort neben Rainer Baake und Regine Günther als dritter Geschäftsführer den neu gegründeten Sozial-Klimarat und Projekte im Bereich Industriepolitik, Gesundheit und Sicherheitspolitik verantworten."
Dort habe er eine Aufgabe, wo er das, was er wirklich gut könne - Politikprogramme und Strategien zu entwickeln - bundesweit umsetzen könne, so Losse-Müller gegenüber NDR Schleswig-Holstein. "Es wird um die Themen gehen, die ich auch hier behandelt habe: Wie geht Klimatransformation sozialgerecht und wie kriegen wir das industriepolitisch gut hin."
"Es war mir eine Ehre"
Thomas Losse-Müller, der als ehemaliger Grüner zunächst Finanzstaatssekretär und später Chef der Staatskanzlei in der Küstenkoalition war und erst 2020 von den Grünen zur SPD wechselte, geht nun neue Wege. "Es war mir eine Ehre für die SPD Schleswig-Holstein in die Landtagswahl zu ziehen." Er sei sehr dankbar, so Losse-Müller, für die außergewöhnliche und keinesfalls selbstverständliche Unterstützung, die er dabei aus vielen Teilen der Partei erfahren habe. "Es bedeutet mir viel, dass ich trotz der schweren Wahlniederlage im Mai 2022 von der Landtagsfraktion als Vorsitzender gewählt wurde."
Losse-Müller will zurück in den "Maschinenraum"
Er habe in den vergangenen drei Jahren viel über sich selbst sowie seine Stärken und Schwächen gelernt. Deshalb, so Losse-Müller, habe er schon vor einiger Zeit entschieden, nicht erneut bei der Landtagswahl anzutreten. "Stattdessen will ich in den Maschinenraum von Politik zurückkehren und strategisch arbeiten." Für die Zukunft der Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein sei es wichtig, dass andere die Bühne des Landtages nutzen können. In der SPD möchte er weiterhin aktiv bleiben.
Nachfolge noch offen
Unklar ist, wer Thomas Losse-Müller als SPD-Fraktionschef und damit als Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag nachfolgen wird. Denkbar ist, dass sich die Landesvorsitzende der SPD Schleswig-Holstein, Serpil Midyatli, um das Amt bewirbt. Sie hatte diesen Posten bereits einmal inne, diesen nach der Landtagswahl aber zugunsten von Losse-Müller räumen müssen.
Midyatli: Bedauern und Anerkennung
Midyatli lobte Losse-Müller inzwischen in einer Erklärung: "Thomas Losse-Müller hat unsere Fraktion als Vorsitzender nach der Landtagswahl neu aufgestellt und mit großem Verantwortungsbewusstsein geführt." Sie bedauere seine Entscheidung, rechne ihm aber hoch an, dass er seine Entscheidung so frühzeitig bekannt gegeben hat. Damit könne die SPD die Weichen frühzeitig neu stellen. Am kommenden Dienstag wird die SPD laut Midyatli über die Nachfolge entscheiden.
Petersdotter: folgerichtiger Schritt
Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter sagte, er respektiere Losse-Müllers Entscheidung. Er betonte, er habe immer gerne mit Losse-Müller gearbeitet und um politische Themen gerungen. Strategie sei dessen Stärke, der Schritt daher folgerichtig.
Kilian: Entscheidung konsequent
Lukas Kilian, Generalsekretär der CDU sagte, seiner Einschätzung nach, sei Losse-Müller an dem Versuch gescheitert, die SPD-Fraktion zu sozialdemokratischer Kontur zurückzuführen. "Thomas Losse-Müller hatte es von Anfang an schwer, in der Kultur der schleswig-holsteinischen SPD aufgenommen zu werden." Es sei konsequent, dass dieser sein berufliches und persönliches Glück nun in der Stiftungsarbeit suche, wo er "seine Visionen vermutlich besser wird platzieren können als in der nach Konturlosigkeit strebenden SPD-Fraktion."
Vogt bedauert Rücktritt
Christopher Vogt, Vorsitzender der FDP-Fraktion sagte, er bedauere Losse-Müllers Entscheidung. Trotz inhaltlicher Unterschiede hätten sie immer kollegial zusammengearbeitet. Losse-Müller habe eine Karriere hinter sich, die auch außerhalb der Politik stattgefunden habe, insofern kennen er die Exekutive sehr gut. "Ich hoffe, dass die SPD-Fraktion jetzt schnell schlagkräftig wieder aufsteht und dass wir weiterhin gut zusammenarbeiten werden in der Opposition."
Stegner lobt Losse-Müller für die gute Arbeit
Der frühere SPD-Fraktions- und Parteivorsitzenden in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, lobte Losse-Müller für dessen Arbeit. Er habe es mit einer sehr kleinen Landtagsfraktion sehr schwer gehabt gegen eine Regierung mit Zwei-Drittel-Mehrheit. "Dass er nicht der oppositionelle Kampfredner ist, das wusste man vorher." Das alleine mache Opposition aber auch nicht aus. Bei der Nachfolge an der Spitze der Landtagsfraktion gehe es nicht um Geschwindigkeit, so Stegner. "Die entscheidende Frage ist nicht, wie schnell es jetzt entschieden wird, sondern wie gut."