Raus aus dem toten Winkel: Schüler bekommen Lkw-Training
Ein Lkw will abbiegen und erfasst dabei einen Fußgänger oder Radfahrer: Immer wieder gibt es solche schweren Unfälle. Einer Mutter reicht es nun. Sie will die Kinder für die Gefahren sensibilisieren und startet ein Projekt.
"Ich möchte euch einmal bitten, dass ihr euch da einmal reinstellt." Fahrlehrer Dennis Lesch zeigt auf einen mit Flatterband abgesteckten Bereich neben dem Lkw. Das ist der Bereich, den der Lkw-Fahrer von seinem Sitz aus nicht sehen kann. Die Schülerinnen und Schüler der Erich Kästner Gemeinschaftsschule in Barsbüttel (Kreis Stormarn) sollen selbst erleben, wie groß der tote Winkel für Lkw-Fahrer ist.
Kinder dürfen hinterm Steuer sitzen
Und auch hoch ins Führerhaus dürfen sie. "Sonst sitze ich immer in flachen Autos", sagt die elfjährige Jonna Spelly, als sie es sich auf dem Fahrersitz gemütlich macht. "Es ist halt wirklich schon gefährlich, wenn man nicht so viel sehen kann, wie in normalen Autos" - und das trotz der sechs Spiegel, die der Lastwagen hat.
Fehler beim Abbiegen sind häufigste Unfallursache
Immer wieder verursachen Lkw beim Abbiegen schwere Unfälle. Erst Ende Juli dieses Jahres starb auf diese Weise eine Fußgängerin in Kiel. Fehler beim Abbiegen sind laut Verkehrssicherheitsbericht der Polizei außerhalb von Autobahnen die häufigste Unfallursache bei Lkw.
Abbiegeassistenten nur in neuen Lkw Pflicht
Gegen den toten Winkel helfen elektronische Abbiegeassistenten. Sie warnen den Fahrer, wenn Menschen neben dem Lkw stehen oder fahren - und machen notfalls sogar eine Vollbremsung. Für neue Lkw-Modelle sind sie seit Juli 2022 Pflicht. Bis alle Lkw auf den Straßen damit ausgestattet sind, wird es aber noch dauern.
Mutter will Kinder sensibilisieren
Die Idee für das Training am Lkw hatte Angela Tsagkalidis. Sie ist Mutter an der Schule und möchte, dass die Kinder lernen im Zweifel nicht über die Kreuzung zu laufen - auch wenn sie eigentlich Vorrang haben. Lehrer Marvin Burmeister findet die Initiative toll: "Die Schüler erzählen von brenzligen Situationen, die sie erlebt haben". Seine Stunde im Fach "Weltkunde" gibt er für das Lkw-Training gerne her.
Tipp vom Fahrlehrer: Lkw-Fahrer durch die Spiegel angucken
Fahrlehrer Dennis Lesch rät: An der Kreuzung über die Spiegel mit dem Lkw-Fahrer Blickkontakt aufnehmen. So könnten Kinder und Erwachsene sicher gehen, dass der Fahrer sie auf dem Schirm hat. Die Fahrschule von Dennis Lesch nimmt für das Lkw-Training kein Geld. Er hofft, dass noch mehr Schulen so etwas anbieten. Der elfjährige Ole Kortüm jedenfalls hat unter anderem gelernt, "dass ich den Lkw Fahrern ein bisschen helfe, dass die auch auf mich achten können".