Plöner Zahnarztpaar behandelt Menschen auf Kapverdischen Inseln
Ute und Wolfgang Kehl aus Plön engagieren sich bei "Zahnärzte ohne Grenzen" auf den Kapverden. Seit 2016 behandeln die Senioren die Menschen vor Ort zweimal im Jahr unentgeltlich.
Bunte Kinderzahnbürsten, klinische Handschuhe in verschiedenen Größen, Zahnfüllmaterial, Desinfektionsmittel, Malbücher, Buntstifte, Ärztekleidung mit dem Logo der "Zahnärzte ohne Grenzen". Das Gästezimmer von Ute und Wolfgang Kehl in Plön gleicht einem Materiallager. "Zum Glück kann jeder von uns zwei 23-Kilogramm-Koffer mitnehmen", sagt Wolfgang Kehl.
Zwei Einsätze pro Jahr
Am 10. Januar geht es für die beiden pensionierten Zahnärzte zu ihrem nächsten Einsatz auf den Kapverdischen Inseln. Etwa acht Stunden Flug zur Inselgruppe im Atlantik knapp 500 Kilometer westlich von Afrika gelegen. Es ist ihr 17. ehrenamtlicher Einsatz auf den Kapverden und mittlerweile das zweite Zuhause des Paares.
Viereinhalb Wochen werden sie in einem der Gesundheitszentren in der Hauptstadt Praia die Zähne der kleinen und großen Kapverdianer behandeln. Die Patienten stehen morgens schon Schlange, wenn die Kehls in die Praxis kommen. Sie kommen mit Sammeltaxis kilometerweit aus dem Umland. Es sind vor allem Frauen mit kleinen Kindern, Menschen, die sich keine Zahnarztbehandlung leisten können und die keine Krankenkasse haben. "Bei einem Durchschnittsverdienst von 125 Euro können sich viele hier keine Behandlung leisten", sagt Ute Kehl. Da werde auch an Zahnbürsten gespart. Ute und Wolfgang Kehl behandeln sie kostenlos.
Viele braune Zahnstümpfe
Viele Zähne werden die Kehls ziehen müssen. "Das tut uns weh, wenn achtjährige Kinder mit völlig kaputten Backenzähnen kommen. Und das sind ja schon die bleibenden Zähne. Oder 30-jährige Mütter, die braune Zahnstümpfe offenlegen, wenn sie lächeln", sagen beide Zahnärzte. Sie versuchen, jeden Zahn zu erhalten und zu retten, was möglich ist. "Die Situation ist vergleichbar mit der in Deutschland vor 50 oder 60 Jahren. Es ist kaum Wissen über Zahngesundheit und Mundhygiene vorhanden", sagt Ute Kehl. "Und bis vor einem Jahr wurden kranke Zähne auf der Insel fast nur gezogen und nicht behandelt. Kein Wunder, wenn eine Füllung umgerechnet 20 Euro und das Zahnziehen 6 Euro kostet. Das ändert sich jetzt zum Glück", erklärt Wolfgang Kehl.
Die Zahnärzte aus Plön schenken jedem Kind nach der Behandlung eine Zahnbürste und zeigen ihm, wie sie benutzt wird. Dabei werde klar, dass viele Kinder zum ersten Mal eine Zahnbürste in der Hand halten, erzählen die Kehls.
Heimlicher Traum im Rentenalter leben
Als beide 2015 in den Ruhestand gingen, las Ute Kehl in einem Zeitungsartikel über die "Zahnärzte ohne Grenzen" und die ehrenamtliche Arbeit der Organisation in Afrika. Sie war begeistert, denn "es war schon seit Studienzeiten mein heimlicher Traum, einmal in der Entwicklungshilfe zu arbeiten", erzählt sie. "Und wir konnten ja nicht einfach nichts machen nach unserem intensiven Arbeitsleben", ergänzt Wolfgang Kehl.
Das erste Mal kamen sie zwei Wochen auf die Kapverden, um sich beraten zu lassen. Dann war die Entscheidung gefallen: seit 2016 kommen sie zweimal im Jahr auf die Insel Santiago, um in den Gesundheitszentren von Praia, Ribeira Grande, Sao Domingos oder Assomada zu arbeiten.
Ehrenamtliche arbeiten in Viererteams
Ihre Anreise, die Kosten für die Unterkunft zahlen sie selbst. Lediglich das Mittagessen stellen die Gesundheitszentren vor Ort. Die Organisation "Zahnärzte ohne Grenzen" nimmt den Ehrenamtlichen einen Teil des Verwaltungsaufwandes ab, schafft die Voraussetzungen für den Einsatz durch Vereinbarungen mit den Regierungen der Entwicklungsländer. "Zahnärzte ohne Grenzen" stellt auch Ausrüstungen und Behandlungsstühle zur Verfügung und gibt Zuschüsse für die Mitarbeiter, die sich die Kosten der Anreise für ihren Einsatz nicht leisten können. Das sind oft die Assistenten in den Viererteams, in denen gearbeitet wird. Die Teams lernen sich erst vor Ort kennen. Nicht immer stimme die Chemie sofort, erzählen die Plöner Zahnärzte.
Alte Behandlungsstühle
"Die Arbeitsbedingungen sind ganz anders als wir es aus deutschen Praxen kennen mit alten Behandlungsstühlen, die alles andere als rückenfreundlich sind", erzählt Wolfgang Kehl. Ein großes Risiko sei HIV. "Wenn es vorkommt, dass wir uns bei der Arbeit verletzen, gehen wir sofort in die Prophylaxe", so der 81-jährige Zahnarzt. "Aber es entschädigt uns, weil wir wissen, dass unsere Arbeit dort ankommt, wo sie gebraucht wird", sagt er. "Und natürlich ist es für uns auch angenehm, dem deutschen Winter bei 30 Grad zu entkommen."
Paar will sich noch lang engagieren
Neben ihrer Arbeit als Zahnärzte unterstützt das Ehepaar auch soziale Projekt auf den Kapverden. Gemeinsam mit dem europäisch-kapverdischen Freundeskreis finanzieren sie die Sanierung von Schultoiletten oder Küchen. Zuletzt haben sie Malerarbeiten und Elektrik für ein Behandlungszentrum in Cidade Velha bezahlt.
Wenn das Zahnarztpaar Ende Februar seine Koffer wieder in Plön auspackt, geht die Büroarbeit für Wolfgang Kehl los. Denn er ist auch Projektmanager für "Zahnärzte ohne Grenzen" und plant alle Arbeitseinsätze für die deutschen Teams auf den Kapverden. Auch die eigenen. Wolfgang Kehls Pläne? Seine Frau und er hofften, dass sie ihre Hilfseinsätze noch mindestens bis zu seinem 90. Geburtstag machen könnten, meint der Plöner verschmitzt.