Nordische Filmtage: Auf den Spuren des Comic-Pioniers W.H.D. Körner
"Hugo Hercules & The Wild West" feiert auf den Nordischen Filmtagen in Lübeck Premiere. Der Auswanderer Wilhelm Heinrich Detlev (W.H.D.) Körner hat damals den wilden Westen zu seinem Thema gemacht und unser Bild davon bis heute geprägt. Nun gibt es über ihn eine Dokumentation.
"Hugo Hercules" ist der erste Superheld der Comic-Geschichte - und stammt aus der Feder eines Dithmarschers: Heinrich Detlev (W.H.D.) Körner. Auch die Illustrationen für den allerersten Hollywood-Western-Film "The Covered Wagon" zeichnete Körner, der 1878 als Sohn einer armen Schuster-Familie in Lunden (Kreis Dithmarschen) geboren wird. Seine vier jüngeren Geschwister sind da bereits alle gestorben. Als Körner drei Jahre alt ist, wandern seine Eltern mit ihm nach Clinton (Iowa) in die USA aus. Dort erhoffen sie sich ein besseres Leben.
Vom festangestellten Illustrator zum freien Künstler
Die Filmemacherin Martina Fluck aus Heide (Kreis Dithmarschen) hatte für ihren Dokumentarfilm einige Orte in Amerika besucht, in denen W.H.D. Körner früher auch war. Seine Karriere begann in Chicago, erzählt sie: "Körner arbeitet als festangestellter Zeichner bei der 'Chicago Tribune' und in diesem Zusammenhang macht er auch seinen ersten Comic." Der Lundener erschafft den ersten Superhelden. Er nennt ihn "Hugo Hercules". Dem späteren Superman ähnelt er sehr. Nur den Umhang trägt Hugo Hercules noch nicht.
"Er hat übermenschliche Kräfte, er ist ein guter Mensch, er hilft gerne, besonders Frauen natürlich, und er sieht gut aus", beschreibt Martina Fluck den Superhelden von W.H.D. Körner. Sein Hugo Hercules erscheint wöchentlich auf der Titelseite des Comic-Supplements der überregional bekannten "Chicago Tribune Zeitung". "Sie war damals und ist heute die Hauptzeitung von Chicago. Neben New York war Chicago immer die zweite Stadt, wo die Innovationen gebracht wurden", erzählt Martina Fluck.
Nach 17 Episoden erscheint keine weitere Ausgabe von Hugo Hercules. Warum, das weiß man heute nicht mehr. Während W.H.D. Körner für die Zeitung arbeitet, studiert er noch Kunstgeschichte. Dort lernt er auch seine Frau kennen, mit der er später zwei Kinder hat. Körner bleibt nicht ewig Illustrator für Zeitungen. Er entscheidet sich, als freischaffender Künstler zu arbeiten und bereist mit seinem Foto-Apparat den mittleren Westen der USA.
Erster Western-Film basiert auf Körners Zeichnungen
Dort entdeckt er seine Leidenschaft für den später von Kolonialmächten so benannten "wilden Westen" und die amerikanischen Ureinwohner - die sogenannten Crows. Körner fängt an, die Ureinwohner zu zeichnen. Diese Werke erscheinen im Magazin "Saturday Evening Post" und werden von einem Millionenpublikum gesehen. Aus seinen Besuchen der Siedlungen der Crows zieht er auch die Inspiration für eines seiner bekanntesten Gemälde: die Madonna der Prärie. Darauf ist eine Frau in einem roten Kleid zu sehen, die auf einem Planwagen sitzt, wobei die Plane im Hintergrund wie ein Heiligenschein wirkt. Die Madonna der Prärie erscheint auf dem Titel der "Saturday Evening Post".
"Sie ist die Heldin. Das ist übrigens etwas Besonderes, weil wir in Western-Geschichten selten Frauen als Helden haben." Filmemacherin Martina Fluck aus Heide
Auf Grundlage des Romans "The Covered Wagon" und den Illustrationen des "wilden Westens" von Körner entsteht 1923 der erste Hollywood-Western-Film. Körners "Madonna der Prärie" wird zur Hauptfigur Molly. Das Film-Team hat eine Schauspielerin gesucht, die genau wie Körners illustrierte Frau aussieht. "Sie ist die Heldin. Das ist übrigens etwas Besonderes, weil wir in Western-Geschichten selten Frauen als Helden haben. Molly ist eben ganz tough und macht das alles ganz super", sagt Martina Fluck. Körners Zeichnungen der Crows, der Planwagen und der Siedlungen werden vom Filmteam komplett als Vorlage für die Kostüme, Masken und Sets verwendet.
Roman "The Covered Wagon" sorgt bei Ureinwohnern für Ärger
So genau und originalgetreu die Illustrationen von W.H.D. Körner der Crows waren, so frei erfunden ist die Geschichte von "The Covered Wagon". In dem Roman und Film werden die Ureinwohner als barbarisch und böse skizziert, die "Weißen" sind hingegen die Helden. Darunter leiden die Nachfahren der Crows noch heute. Martina Fluck traf in ihrer Doku einen von ihnen in Amerika. "Die Zeichnungen von Körner fand er gut. Die Geschichte von "The Covered Wagon" hingegen gar nicht", erzählt sie. W.H.D. Körners Leben fasziniert die Filmemacherin. Denn der Dithmarscher habe nicht nur den ersten Superhelden erfunden, sondern präge auch unser visuelles Gedächtnis vom sogenannten "wilden Westen".
Neue Körner-Ausstellung in Lunden in Arbeit
Mit 59 Jahren stirbt Körner 1938 in den USA. Seine Frau schließt damals alle seine Werke in seinem Atelier ein. Von dort finden sie Jahre später ihren Weg in verschiedene Museen und Archive. Ein paar Originale hängen auch im Heimatmuseum in Lunden. Dort sind die Ehrenamtler im Moment dabei, einen ganz neuen Körner-Raum zu erstellen. Hilfe bekommen sie vom Illustrator und Comic-Zeichner Tim Eckhorst, der große Zeichnungen über Körners Leben anfertigt. Er ist auch im Dokumentarfilm "Hugo Hercules & The Wild West" zu sehen. Der Film feiert am 4. November Weltpremiere auf den Nordischen Filmtagen in Lübeck. Am 9. November läuft er im "Lichtblick Heide".