Frau reckt die Hände in den Himmel. © Fotolia.com Foto: ryanking999

Kolumne: Sonne, Sonne komm hervor!

Stand: 24.02.2024 05:00 Uhr

Seit Monaten stecken wir im Norden unter einer Decke aus dicken grauen Wolken und Nieselregen. Langsam reicht es. Unsere Kolumnistin fragt sich - und eine Allgemeinärztin -, warum uns allen die Sonne so sehr fehlt und wie wir die Zeit ohne sie bestmöglich überstehen können.

von Stella Kennedy

Vor ein paar Tagen leuchtete es plötzlich extrem grell durch meine Fenster herein. Ängstlich blinzelte ich hinaus. Konnte das sein? Der Himmel hatte eine Farbe: Blau! Und dort, ja tatsächlich, über den kahlen, hässlichen Baumwipfeln und regennassen Hausdächern, schien die Sonne! Ich verfiel direkt in nervöse Hektik: Schnell raus, bevor dieses Wunderwerk aus Licht und Farben wieder erloschen war. Aus Erfahrung wusste ich: Mir blieb nicht viel Zeit. Auf der Straße dann, in den ersten Sekunden, in denen sich mein armes, blasses Gesicht dem Licht entgegenstreckte, hatte ich Angst wie ein Vampir zu verpuffen. Stattdessen blieb ich intakt und war, von Licht durchflutet, glücklich. Wie man diesen flüchtigen Zustand länger festhalten kann und warum nicht nur unser Geist sondern auch unser Körper die Sonne (und das "Sonnenvitamin" D3) unbedingt braucht, davon will ich schreiben.

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NDR Reporterin Stella Kennedy. © NDR Foto: Daniela Vagt

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Sonne, Glück und Gesundheit

Weil ich als Ottonormalsonnenlichtverbraucherin nur spüren kann, warum so ein kleiner Exkurs ins Tageslicht so verdammt gut tut, aber nicht verstehe, warum das so ist, habe ich eine Expertin gefragt. Dr. med. Yasemin Firat arbeitet in Kiel als Allgemeinärztin und erklärt mir, dass 80 bis 90 Prozent des Vitamin Ds vom Körper mit der Hilfe von Sonnenlicht hergestellt und nur 10 bis 20 Prozent über die Nahrung aufgenommen werden. Das Vitamin D können wir zwar dann in unserem Fett- und Muskelgewebe speichern, allerdings sinkt im Winter unser Vitamin-D-Speicher ab. "Die Vitamin-D-Synthese durch die Sonneneinstrahlung im Winter in Kiel ist, wenn man leere Speicher hat, in der Regel nicht ausreichend", sagt Frau Dr. Firat.

Selbst das Immunsystem braucht Licht

Einen Effekt davon kennen wir alle. Unser Immunsystem, was laut Firat aufgrund der Antikörper-Produktion direkt mit Vitamin D in Verbindung steht, wird anfälliger für Grippeviren und Bakterien. Aber auch schwerwiegendere gesundheitliche Risiken stehen in Verbindung mit niedrigen Vitamin-D-Werten oder einem Mangel, sagt sie. Osteoporose und sogar Krebs werden damit in Verbindung gebracht. Ältere, Schwangere oder auch übergewichtige Menschen und Menschen mit dunklerer Hautfarbe seien häufig von Vitamin-D-Mangel betroffen und sollten diesen ärztlich abklären lassen, empfiehlt die Ärztin. Aber es ist nicht nur unser Körper, der in der Schattenexistenz dahin siecht, auch unsere Laune leidet unter dem ständigen Halbdunkel.

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Butter, Eier, Fisch, Erbsen, Käse, Champignons, Fisch in der Dose, orangefarbene Kügelchen auf einem Teller und ein Holzbrett auf dem Vitamin D steht. © fotolia.com Foto: bit24

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Schlechte Laune bestrahlen

Also was tun, wenn man morgens zum gefühlt tausendsten Mal in einem dunklen Tag voll Wolken und Regen aufwacht? Was hält die Ärztin von Vitamin-D-Präparaten oder Tageslichtlampen? "Natürlich kann man, wenn man gesund ist, Vitamin-D Präparate auch schon über den Winter einnehmen, aber man sollte immer ärztlich Rücksprache halten." Tageslichtlampen, die es im Netz übrigens schon ab 25 Euro zu kaufen gibt, findet die Ärztin eine gute Idee. Bei der Bildung von Vitamin D im Blut würden diese zwar nicht helfen, bei der Bildung von guter Laune aber schon. "Die Lampen haben eine antidepressive Wirkung durch die Lichteinstrahlung über das visuelle System. Durch die Helligkeit, den Tag-Nacht-Rhythmus, können Glückshormone ausgeschüttet werden", sagt Dr. Firat. Und, bei Gott, wie wir diese brauchen!

Die Moral von der Geschicht', nur Bräunungscreme hilft nicht

Um wieder zurückzukommen auf meine Blitzkur auf der Straße in der Sonne. Klar, war das schön, aber genauso schnell wie die Wolkendecke, so schnell war auch meine miese Laune zurück und ich schlich wie Gollum zurück in meine Höhle. Alles frustrierte mich: Kiel, die Menschen, die pseudo-gebräunte Visage von Donald Trump in den Nachrichten, mein Leben. "Sonne, Sonne, komm hervor, aus dem gold'nen Himmelstor. Strahle mich so lange an, bis ich mit dir strahlen kann", sangen wir früher hoffnungslos naiv im Kindergarten. Bis ich also wieder mit der Sonne um die Wette strahlen kann, kaufe ich mir auf jeden Fall eine solche Lampe und einen Vitamin-D-Test beim Arzt (Kostet zwischen 20 und 30 Euro). Denn mit einem sonnigen Gemüt erträgt sich alles leichter: Im besten Fall sogar die Nachrichten.

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