Grüner Wasserstoff: Raffinerie Heide bricht Vorreiter-Projekt ab

Stand: 17.11.2023 10:57 Uhr

Die Öl-Raffinerie Heide hatte beschlossen, auf grünen Wasserstoff zu setzen. Drei Jahre nach Beginn des Leuchtturmprojekts wurde der zentrale Baustein von "Westküste 100" nun vorzeitig beendet. Die Elektrolyse-Anlage wird nicht gebaut.

von Carsten Rauterberg

Die drei Unternehmen Raffinerie Heide, Ørsted Deutschland und Hynamics Deutschland werden keinen sogenannten Elektrolyseur bauen. Das hat das Firmenbündnis am Donnerstag bekannt gegeben. Vor mehr als drei Jahren hatten sie sich zu "H2 Westküste GmbH" zusammengeschlossen, um im Rahmen des Projektes "Reallabor Westküste 100" eine Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff zu errichten. Diese sollte auf dem Gelände des Industriebetriebs in Hemmingstedt (Kreis Dithmarschen) entstehen. Hauptgrund für die nun bekanntgegebene Entscheidung gegen die 30-Megawatt-Anlage sind laut einer Pressemitteilung der drei Unternehmen die hohen Baukosten.

Vorzeige-Projekt der Energiewende

Das Projekt war seit 2020 vom Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen des Programms "Reallabore der Energiewende" mit einer Gesamtsumme von 36 Millionen Euro gefördert worden. Peter Altmeier (CDU), der zu jener Zeit Bundeswirtschaftsminister war, hatte damals in Berlin den Förderbescheid überreicht. Von der Gesamtsumme sind nach Angaben einer Firmensprecherin von H2 Westküste GmbH etwa eine Million Euro ausgegeben worden. Die Landesregierung hatte das Projekt unterstützt - im Rahmen der landesweiten Wasserstoff-Strategie galt es als eines der Vorzeigeprojekte.

Keine Wirtschaftlichkeit

Die Produktion von grünem Wasserstoff mache keinen Sinn, vor allem wegen der hohen Investitionskosten und wegen der damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken, heißt es in der Pressemitteilung. Trotz der Fördermittel lohne sich ein dauerhafter Betrieb der Anlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab wirtschaftlich nicht, so das Investoren-Konsortium.

Umweltminister Goldschmidt glaubt weiter an Idee

"Heute ist ein kleinerer Baustein eines Projektes in Heide abgesagt worden", resümiert Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) am Donnerstag. Doch das "große Elektrolyseur-Projekt" namens "Hyscale 100" laufe weiter. Die Landesregierung stehe voll dahinter. Hyscale 100 ist mehr als drei Mal so groß wie Westküste 100 und gilt als Projekt für die ganze Region. Auch Hyscale 100 ist noch in der Planungsphase.

Der Geschäftsführer der Raffinerie Heide, Roland Kühl, sagte NDR Schleswig-Holstein, man wolle die im Rahmen des Forschungsprojektes gewonnenen Erkenntnisse weiter nutzen. Ziel sei nach wie vor die Dekarbonisierung der Raffinerie - dabei spiele der Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft an der Westküste eine große Rolle.

Das Offshore-Wind-Unternehmen Ørsted aus Dänemark wollte sich ebenfalls an der Anlage in Heide beteiligen. Deutschland-Geschäftsführer Jörg Kubitza sagte, so ein Projekt lebe von der Wirtschaftlichkeit und die sei leider nicht gegeben. Die Kosten müssten stimmen und es müsse ein Markt geschaffen werden. Beides sei nicht der Fall, so Kubitza weiter. Dritter Partner des Konsortiums war Hynamics Deutschland, die Tochtergesellschaft des französischen Energieversorgers EDF, Electricite De France.

Enttäuschung in der Region

Eine Raffinerie in Heide. © NDR Foto: Laura Albus
An dieser Stelle hätte die Elektrolyse-Anlage gebaut werden sollen.

Die Stadtwerke Heide wollten sich als regionaler Energieversorger an dem Projekt Westküste 100 beteiligen - mit dem Unterprojekt "Grüner Heizen". Dabei sollte zunächst in einem Stadtteil in Heide grüner Wasserstoff dem Erdgas beigemischt werden. Der grüne Wasserstoff sollte per Pipeline von der Raffinerie Heide zu den Stadtwerken und dann in angrenzendes Wohngebiet verlegt werden.

Aufsichtsrat: "Beim Wasserstoff kein Stück weiter als vor drei Jahren"

Das jetzt beschlossene Aus für die Elektrolyse-Anlage bedeute nun auch das Aus für das Stadtwerke-Projekt Grüner Heizen, sagte Andreas Hein, Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke Heide. Er zeigte sich sichtlich enttäuscht: "Ich bin sauer auf den Bund, weil es 2020 die Wasserstoff-Strategie des Bundes mit insgesamt sieben Milliarden Euro an Förderung gegeben hat, um solche Projekte wie das hier in Heide zu fördern. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, um Projekte dieser Art umzusetzen, seien aber nicht vorhanden, so Hein weiter. Es mache ihn vor allem sauer, dass man im Prinzip beim Thema grüner Wasserstoff kein Stück weiter sei als vor drei Jahren.

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 16.11.2023 | 19:30 Uhr

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