Eine Bäckerei aus Eutin wird zur Genossenschaft
Wegen der Kostenexplosion für Energie und Zutaten haben Bäckereien massive Probleme. Ein 45 Jahre altes Familienunternehmen aus Eutin (Kreis Ostholstein) will deshalb jetzt zur Genossenschaft werden.
Es riecht noch nach frisch gebackenen Brötchen, als der große Ofen in der Backstube mal wieder piept. So wie alle zehn Minuten an diesem frühen Morgen. Bäckermeisterin Jana Klausberger nimmt sich den drei Meter langen Brotschieber und holt ein Blech Apfelstrudel nach dem anderen aus dem Ofen. Der Geruch in der Bäckerei wird süßlich. Es ist die Produktion für den kommenden Tag. Apfelstrudel müsse abkühlen und fest werden, erklärt die Bäckermeisterin.
Jana Klausberger wird den Betrieb demnächst von ihren Eltern übernehmen. Allerdings nicht mehr als Einzelunternehmen, sondern als Genossenschaft. "Die Pläne hatten mein Partner und ich schon länger. Er kommt aus Frankreich und dort ist es ein gängiges Modell, dass Bäckereien Genossenschaften sind. Jetzt, nach Corona und durch den Ukraine-Krieg mit den verbundenen Kostenexplosionen, passt es umso besser", sagt Klausberger.
Mitarbeiter und Kunden können Teilhaber werden
Der Familienbetrieb aus Eutin hat 50 Angestellte. Sie sollen durch die Umstellung auf eine Genossenschaft langfristig im Unternehmen gehalten und eingebunden werden. Sowohl Mitarbeiter als auch Kunden haben künftig die Möglichkeit, Anteile der Genossenschaft zu erwerben. Mitarbeiter können für 100 Euro einsteigen, Kunden für 300 Euro. Gegenleistung: Rabatte bei Brot und Brötchen. Und bei Entscheidungen etwa zur Zukunft des Unternehmens hat jedes Mitglied dann eine Stimme.
Die Stimme möchte auch Verkäuferin Heike Moritzen haben. Sie arbeitet seit zwei Jahren im Unternehmen, kauft seit 30 Jahren bei der Bäckerei Klausberger ein. "Die Idee der Genossenschaft finde ich sehr interessant. Ich glaube, dass es die Gemeinschaft fördern wird. Ich möchte Teil der Genossenschaft werden und möchte, dass die Bäckerei auch weiter bestehen bleibt. Auf jeden Fall bedeutet es mehr Information und mehr Bindung ans Unternehmen", sagt Moritzen.
Dritte Bäckerei in Deutschland als Genossenschaft
Die Genossenschaft soll ein zukunftsfähiges Modell sein, um den kleinen Handwerksbetrieb weiter zu betreiben. Deutschlandweit gibt es bislang zwei Bäckereien, die eine Genossenschaft gegründet haben - eine in Hannover und eine in München.
"Ich glaube, das brauchen wir in Zukunft, dass wir uns auch anders mit unseren Lebensmitteln auseinandersetzen. Was wir konsumieren, wo das herkommt, wer das hergestellt hat. Und über die Genossenschaft haben wir da ganz andere Möglichkeiten, in den Austausch zu treten mit den künftigen Genossen und Genossinnen", sagt Jana Klausberger. Die künftige Chefin hofft, dass sich ihre Genossenschaft in ein paar Jahren dann selbst tragen wird.
Mehr als 50 Interessenten stehen auf der Liste
In der vergangenen Woche hat die Bäckerei ihre Pläne für die Genossenschaft veröffentlicht. Auf der Liste der Interessenten stehen fünf Mitarbeiter und 50 Kunden. Während Jana Klausberger noch in der Backstube produziert, sind die Geschäfte in Eutin schon geöffnet. Die Filiale am Markt ist schon am Vormittag gut besucht, draußen hat sich der Stammtisch versammelt, so wie jeden Tag. Auch hier ist der Zukunftsplan der Bäckerei Thema.
Ingrid Scheben begrüßt den Schritt, schließlich sei es wichtig, dass Traditionsunternehmen wie die Bäckerei Klausberger erhalten blieben. "Hier in Eutin gibt es schon genug Leerstand. Wenn die Bäckerei das startet und es gut läuft, werden vielleicht noch andere Unternehmen nachziehen", sagt die Stammkundin.
Ein Plan für die kommenden Jahrzehnte
Jana Klausberger ist überzeugt, dass der Schritt in die Genossenschaft für das Traditionsunternehmen der Richtige ist. Damit wolle sie die Zukunft ihres Unternehmens am besten gleich für die kommenden Jahrzehnte sichern, sagt sie. Anfang kommenden Jahres wird dann offiziell aus dem Familienbetrieb eine Genossenschaft.