Eierstockkrebs: Neue Erkenntnisse im Kampf gegen hohe Sterberate
Im Kampf gegen Eierstockkrebs forschen Kieler Ärzte an Tumorzellen, die im Bauchwasser schwimmen. Erste Ergebnisse zeigen, dass diese nach einer Behandlung gegen Eierstockkrebs eine Resistenz entwickeln. Diese Erkenntnis ebnet den Weg für bessere Therapien.
Vor fünf Jahren änderte sich das Leben von Bianca Malchow von Grund auf: Sie erkrankte an Eierstockkrebs. Nur wenige Wochen nach der Diagnose folgte die Operation - nicht nur der Tumor, auch die Eierstöcke wurden entfernt. Geblieben sind viele innere und äußere Narben - letztere überdeckt heute ein Tattoo auf ihrem Bauch. Inzwischen muss Bianca Malchow nur noch einmal jährlich zur Untersuchung ins Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) nach Kiel kommen.
Der Schlüssel liegt im Bauchwasser
Dirk Bauerschlag, Gynäkologe am UKSH, behandelt sie seit dem ersten Tag und ist zufrieden mit dem, was er heute auf dem Ultraschallbild sieht: "Das sieht alles sehr gut aus. Die gute Nachricht ist: Wir finden kein Bauchwasser." Bauchwasser ist ein Zeichen für weit fortgeschrittenen Eierstockkrebs. Zehn Liter oder mehr können sich im Bauch sammeln. Das Problem: Im Bauchwasser schwimmen Tumorzellen, die sich im ganzen Körper verteilen können. Für die Patientinnen, die im Durchschnitt über 50 Jahre alt sind, gibt es dann kaum noch Hoffnung - denn diese Tumorzellen sind resistent gegen die Chemotherapie. Vier von fünf Frauen erkranken deshalb selbst nach erster erfolgreicher Behandlung erneut an Eierstockkrebs.
Bisher war nicht klar, warum die Chemotherapie den Tumorzellen im Bauchwasser nichts mehr entgegensetzen kann und ohne Effekt bleibt. Genau daran forschten 20 Forscher des UKSH und der Christian-Albrechts-Universität (CAU) Kiel in einem interdisziplinären Team. Ihre Grundlage: die Daten von Bianca Malchow und anderen Patientinnen.
Die Zellen im Bauchwasser kommunizieren
Nach zwei Jahren Laborarbeit gibt es jetzt Ergebnisse, erzählt Professor Bauerschlag: "Wir haben herausgefunden, dass die Zellen im Bauchwasser sich durch kleinste Fettkörperchen unterhalten können und Informationen weitergeben. Man kann sich das wie einen Kettenbrief vorstellen." Die Zellen lernen also voneinander. Die Folge: Die Tumorzellen vermehren sich und der Eierstockkrebs kommt zurück.
Für den Arzt sind die Ergebnisse ein Meilenstein im Kampf gegen die hohe Sterberate. Sechs von zehn Frauen überleben den Krebs nicht. "Das Gute ist, dass wir jetzt das Bauchwasser der Patientinnen gezielt untersuchen können. Und dann können wir die Therapie bestmöglich und individuell zuschneiden", sagt Bauerschlag. Auch die Gynäkologin Barbara Schmalfeldt vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) bewertet die Kieler Forschungsergebnisse positiv. "Die Ergebnisse sind [...] ein wichtiger und interessanter Baustein für das Verständnis der Chemoresistenz beim Ovarialkarzinom. Die weitere Untersuchung am Lebendmodell ist absolut essentiell und birgt die Hoffnung auf neue Therapeutika", sagt sie NDR Schleswig-Holstein.
Selbsthilfegruppe hilft Patientinnen
Bianca Malchow hatte Glück: Nach Operation und Chemotherapie kam der Krebs bei ihr nicht wieder. Die Angst davor sei trotzdem immer da, sagt sie. Sie hat ihren eigenen Weg gefunden, mit der Krankheit umzugehen. "Ich bin dadurch auch viel mutiger geworden, da ich im Endeffekt nichts mehr zu verlieren habe im Leben." Als sogenannte Onkolotsin leitet sie die Eierstockkrebs-Selbsthilfegruppe in Kiel. Einmal im Monat trifft sie sich mit anderen Frauen. Fünf bis zehn von ihnen kommen regelmäßig.
Sie lernen gemeinsam, wieder Mut zu bekommen, reden über ihre Ängste und auch über die neue Forschung: "Es macht viel Hoffnung. Viele Frauen würden die Krankheit verstecken: "Es macht natürlich viel mit einer Frau, wenn Gebärmutter und Eierstöcke entfernt werden." Bianca Malchow möchte Mut machen und wünscht sich, dass in Zukunft noch mehr Frauen zu den Treffen kommen.