Dunkelfeldstudie: Viele Straftaten in SH werden nicht angezeigt

Stand: 29.06.2023 18:17 Uhr

Viele Straftaten in Schleswig-Holstein werden offenbar nicht zur Anzeige gebracht. Das ist ein Ergebnis der sogenannten Dunkelfeldstudie, die Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Donnerstag vorgestellt hat.

Für die Studie wurden im Jahr 2020 etwa 23.500 Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner nach ihren persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen zu den Themen Kriminalität und Sicherheit befragt. 9.239 Menschen beantworteten die Fragen. Knapp 40 Prozent der Studienteilnehmer wurden demnach 2020 mindestens einmal Opfer einer Straftat.

Dabei handelte es sich überwiegend um Eigentumsdelikte. Dazu gehören zum Beispiel Fahrraddiebstahl oder Wohnungseinbrüche, aber auch Online-Betrug oder Sachbeschädigungen. Hier gaben 31,9 Prozent an, Opfer einer dieser Straftaten geworden zu sein. 13 Prozent der Befragten gaben an, Opfer von Raub-, Körperverletzungs- oder Sexualdelikten geworden oder bedroht worden zu sein.

Weniger als jede dritte Straftat gemeldet

Allerdings wurde weniger als jede dritte der erlebten Straftaten (29, 6 Prozent) angezeigt. Besonders häufig zeigen die Menschen den Ergebnissen zufolge Diebstähle und Einbrüche an: So wurde mit 95,4 Prozent fast jeder Autodiebstahl bei der Polizei gemeldet, ebenso Wohnungseinbrüche - unabhängig davon, ob etwas gestohlen wurde (80,1 Prozent) oder nicht (84,5 Prozent). 60,4 Prozent der Fahrraddiebstähle wurden angezeigt. Bei Cyberangriffen auf Online-Banking (29,6 Prozent) oder beim Betrug - sowohl im Netz (30,7 Prozent) als auch offline (28,9 Prozent) - informierten dagegen deutlich weniger Menschen die Polizei.

Nur jeder vierte sexuelle Missbrauch angezeigt

Sogenannte personenbezogene Delikte, also Körperverletzungen oder Sexualstraften werden insgesamt mit 11,1 Prozent deutlich seltener angezeigt. Am häufigsten wird die Polizei bei Körperverletzungen eingeschaltet - je nachdem, ob eine Waffe im Spiel war oder nicht oder ob es einer oder mehrere Täterinnen und Täter gab, wurden zwischen 43,6 und 46,4 Prozent der Delikte angezeigt.

Raub wird mit 45,9 Prozent ähnlich häufig gemeldet. Im Gegensatz dazu wurde nur etwa jeder vierte sexuelle Missbrauch oder jede vierte Vergewaltigung zur Anzeige gebracht (24,5 Prozent). Sexuelle Belästigung wurde nur in 6,4 Prozent der Fälle angezeigt. Manche hätten große Angst davor, so ein Verfahren mit wiederholten Befragungen zu durchlaufen, sagte Innenministerin Sütterlin-Waack.

Taten werden oft nicht als schwerwiegend angesehen

Es gibt jedoch noch weitere Gründe, eine Straftat nicht anzuzeigen. Bei Diebstählen und Betrugsdelikten gaben 44,5 Prozent derjenigen, die die Tat nicht angezeigt hatten, an, dass sie die Straftat als nicht schwerwiegend genug eingeschätzt haben. 45,3 gingen davon aus, dass die Polizei den Fall nicht hätte aufklären können - das gilt insbesondere für Fahrraddiebstähle (63,3 Prozent) und für Beschädigungen am Auto (72,1 Prozent). In 28,9 Prozent der Fälle lagen aus Sicht der Opfer keine Beweise vor, 21,9 Prozent war der Aufwand einer Anzeige zu hoch. Mehr als jeder Zehnte gab an, die Angelegenheit als Privatsache empfunden zu haben oder sie selbst geregelt zu haben. 13 Prozent wollten die Tat einfach vergessen.

Bei sexueller Belästigung war ein Mangel an Beweisen mit 55,4 Prozent der am häufigsten genannte Grund, warum die Taten nicht angezeigt wurden, insgesamt nannten 14,7 Prozent diesen Grund. Bei sexueller Belästigung und auch bei exhibitionistischen Handlungen gaben außerdem 42,1 beziehungsweise 39,1 Prozent an, dass sie die Taten vergessen wollten, insgesamt waren es 23,8 Prozent der Nicht-Anzeigenden.

Frauen meiden bestimmte Orte in der Dunkelheit

Grundsätzlich fühlen sich die Bürger nach den Ergebnissen der repräsentativen Studie sicher. 93,1 gaben an, sich im Alltag grundsätzlich sicher zu fühlen. Am unsichersten fühlen sich die Menschen demnach, wenn sie nachts allein im ÖPNV unterwegs sind - hier fühlt sich nur die Hälfte der Befragten sicher. Allerdings fühlen sich Frauen insgesamt weniger sicher als Männer: Während 63,0 Prozent der Männer angeben, sich auch sicher zu fühlen, wenn sie nachts allein in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, trifft dies unter den Frauen lediglich auf 35,4 Prozent zu.

Obwohl sich die meisten Menschen in Schleswig-Holstein sicher fühlen, meiden 41,8 Prozent bestimmte Orte wie Plätze oder Parks, um nicht Opfer einer Straftat zu werden. 41,1 Prozent weichen nachts Fremden aus. 36 Prozent der Befragten gaben an, dass sie nachts keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Frauen passen dabei häufiger ihr Verhalten an als Männer, um Straftaten zu entgehen: Sie vermeiden doppelt so häufig wie Männer bestimmte Straßen, Plätze oder Parks (56,7 zu 26,5 Prozent), ähnlich ist das Verhältnis, wenn es darum geht, nachts fremden Personen auszuweichen. 53,3 Prozent der befragten Frauen nutzen nachts keine öffentliche Verkehrsmittel, während nur 20,6 Prozent darauf verzichten.

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Ein Mann schaut auf einen unscharf dargestellten Bildschirm.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 29.06.2023 | 19:30 Uhr

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