Der Mann, der den Handball nach Handewitt brachte

Stand: 29.01.2023 05:00 Uhr

Günter Ahlers gründete 1966 die Handballsparte des Handewitter SV. Ohne ihn gäbe es heute wohl keine SG Flensburg-Handewitt. Der 88-jährige wird nun der erste Ehrenbürger der Gemeinde.

von Peer-Axel Kroeske

Es war zu der Zeit, als sich das Dorfleben im Handewitter Gasthof abspielte. "Feuerwehr, Landfrauenverein, Schützenverein - alles kam hierher," erinnert sich Günter Ahlers. Und so saß auch er 1966 an einem der Tische. Er war erst kurz zuvor in die damals noch landwirtschaftlich geprägte Gemeinde gezogen. In Kiel hatte er bei Holstein Feldhandball gespielt und in der Jugend geboxt. Nur vertrugen sich die Veilchen vom Boxen nicht so mit der kaufmännischen Ausbildung.

1966 bei einem Bier im Gasthof ...

Beim erst 1960 gegründeten Handewitter SV gab es noch keine Handballsparte. Und dann kam der neue Dorflehrer Horst Andresen in den Saal. Von ihm wusste Ahlers, dass er Handball spielt: "Dann kam mir die Blitzidee. Ich sagte: Mensch Horst, machen wir 'ne Mannschaft auf." Wenige Tage später forderten die Handewitter die Soldaten der Kaserne in Flensburg-Weiche zu einem Spiel heraus. Insofern gab es schon zur ersten Stunde eine Verbindung zu dem Stadtteil. Viele meldeten sich gleich an. Ahlers gelang es auch, einige Spieler der Handballteams vom Flensburger Finanzamt zu gewinnen. "Dreimal waren die Stadtmeister geworden," betont der Handewitter, der zu der Zeit im Außendienst der Behörde arbeitete.

Spontaner Handschlag bei einem Turnier: Die SG wird geboren

Archivfoto von 1975: Bau der Wikinghalle in Handewitt © Günter Ahlers
Handewitt bekam 1975 die große Halle, der ETSV Weiche hatte eine Oberligamannschaft. Mit der Spielgemeinschaft konnten beide Vereine ihre Kräfte bündeln.

Er kannte durch seine Arbeit viele finanzkräftige Flensburger. Dieses Netzwerk sollte später bei der Suche nach Sponsoren und Unterstützern eine wichtige Rolle spielen. Noch war der "HSV" im Handball klein, der Aufstieg in die Bezirksliga war gerade einmal vollzogen. Handewitt baute aber 1974 eine große Sporthalle, die erst später den Namen "Wikinghalle" bekam. Flensburg-Weiche spielte schon in der Oberliga. "Aber da waren ja keine Zuschauer!" Ahlers zählte eins und eins zusammen: Bei den Jugend-Kreismeisterschaften im Feldhandball im Nachbardorf Weding bot er Manfred Werner vom ETSV Weiche an, mit den Handballteams beider Vereine eine Spielgemeinschaft zu bilden. Ein Handschlag besiegelte die Geburtsstunde der SG Weiche-Handewitt.

Die Husumer sangen "Immer wieder Handewitt!"

Die Halle war immer voll. Auf Podesten saßen Zuschauer bis an den Spielfeldrand. Hinzu kam die Osttribühne. Offiziell hieß es: 2.000 Zuschauer. In Wirklichkeit waren es 2.500, verrät Günter Ahlers heute. Er organisierte in dieser Zeit viel im Hintergrund, warb Spieler aus der gesamten Region von Sylt bis Kappeln an. Und damit kamen auch die Zuschauer. Ein Schlüsselmoment für ihn war später der Besuch bei einem Lokalderby in Husum. Als er eher zufällig auftauchte, sangen die Husumer Fans "Immer wieder Handewitt!" Das erfüllte ihn mit Stolz: "Ich hätte beinahe heulen können! Wir haben's geschafft!"

Angebote aus dem Süden - dankend abgelehnt

All das ging aber nur mit viel Engagement im Ehrenamt. Auch er selbst war nie hauptberuflich dabei. Es gab in Süddeutschland Vereine, die mit großem Budget versuchten, Spieler und Management zusammen zu kaufen, erzählt er. Auch er selbst habe Angebote bekommen. "Aber diese Vereine tanzten nur einen Sommer," sagt Günter Ahlers.

Alarmstufe Gelb: Sowjets in der Wikinghalle

In die Handewitter Geschichte ging dann Anfang 1980 eine besondere Begegnung ein: Das Länderspiel zwischen Polen und der Sowjetunion in der Wikinghalle im Rahmen des Ostseepokals. Die Sowjetunion war zwei Wochen vor dem Spiel in Afghanistan einmarschiert. Ahlers erinnert sich noch, wie er für Sicherheit sorgte, um Störungen zu vermeiden: "Meine militärische Ausbildung bei der Bundeswehr kam mir zu Gute. Dann habe ich hier Feldposten eingerichtet mit dem Funk-Club aus Handewitt und dem Schäferhundverein aus Weiche." Natürlich war auch die Polizei vor Ort. Für Komplikationen sorgte dann ein Feuerwehrmann, der verlangte, eine Tür freizuhalten. "Da habe ich den Amtsvorsteher geholt und dann kam er [der Feuerwehrmann] gleich weg. Aber erst kriegte ich doch einen Bammel," sagt Ahlers, der die Partie schon kurz vor der Absage sah. Günter Ahlers konnte sich durchsetzen, bestätigt Horst Fleischmann vom heutigen Vorstand des Handewitter SV. Er hat Ahlers für die Ehrenbürgerschaft vorgeschlagen: "Günter Ahlers ist erstmal jemand, der weiß was er will. Wenn er eine Idee gefasst hat, versucht er sie, auch umzusetzen."

750 DM für die Fernsehrechte

Archivfoto Günter Ahlers 1984 jubelnd in der Zuschauermenge © Günter Ahlers
Der Lohn für viele Jahre Aufbauarbeit: 1984 konnte Günter Ahlers (Mitte) den Aufstieg bejubeln.

Dann kam das Aufstiegsspiel. 1984 trat die SG auswärts gegen den TuS Griesheim an. Als klar war, dass die SG Erstligist wird, fand sich Günter Ahlers mit dem Team plötzlich im Blitzlichtgewitter der Fotografen wieder. So langsam wurde ihm bewusst, was das Profigeschäft bedeutet. Einen kleinen Vorgeschmack bekam er bereits drei Jahre zuvor, als er erstmals Fernsehrechte aushandelte. Beim ersten, verpassten Anlauf der SG zum Aufstieg bekam jeder Verein 750 DM vom NDR. Ahlers fuhr in den folgenden Jahren durch die ganze Bundesrepublik, um Kontakte zu knüpfen, die für das Sportgeschäft so wichtig sind.

Stammplatz in der Flens-Arena

Nach dem Zusammenschluss mit dem TSB Flensburg wurde 1990 aus der SG Weiche-Handewitt die SG Flensburg-Handewitt. Die Heimspiele des Top-Teams laufen seit 1995 in Flensburg. Inzwischen geht es bei der SG um Millionensummen. Günter Ahlers trat aus gesundheitlichen Gründen in den Hintergrund. In der Flens-Arena ist er aber bei jedem Heimspiel dabei, auf seinem festen Platz gleich unterhalb der Sponsoren-Lounge.

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Eine Hand hält einen Pokal in den Himmel, durch den Konfetti fliegt. (Bildmontage) © iStock Foto:  PLAINVIEW, Lisa Fletcher

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin! Schleswig-Holstein – Von Binnenland und Waterkant | 26.01.2023 | 19:20 Uhr

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