Bahnstreik in SH: Folgen für Kunden und Wirtschaft
Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hat einen sechstägigen Streik bei der Deutschen Bahn angekündigt. Fahrgäste müssen sich auf hunderte Zugausfälle im Norden einstellen. Die Wirtschaft rechnet mit Kosten in Höhe von 50 Millionen Euro pro Streiktag.
"Wenn ich in meinem Job alle drei Monate streiken würde, wäre auch keinem geholfen", sagt ein Bahnpendler am Kieler Hauptbahnhof. Er hat kein Verständnis mehr für den angekündigten Streik der GDL im Tarifstreit mit der Bahn. Von Dienstagabend an soll der Güterverkehr bestreikt werden, ab Mittwochfrüh um 2 Uhr sollen dann die Lokführer im Personenverkehr für sechs Tage die Arbeit niederlegen. Einige Reisende am Bahnhof können den Streik noch verstehen: "Wenn die Bahnvorstände die Millionen einkassieren für nicht besondere Leistungen, dann können normale Arbeitnehmer auch gute Bezahlung einfordern", meint ein junger Mann.
Mietwagen als Alternative nur noch schwer zu bekommen
Ein Ersatzfahrplan für Schleswig-Holstein steht bereits, dennoch sollten sich Reisende nach Alternativen umschauen - zum Beispiel nach einem Mietwagen, wer kein eigenes Auto zur Verfügung hat. Doch auch das könnte schwierig werden: So heißt es von der Mietwagenfirma Sixt, dass alle Wagen für die kommenden Tage gut ausgebucht seien. Spontane Buchungen seien kaum mehr möglich. Auch das Vergleichsportal billiger-mietwagen.de misst nach eigenen Angaben eine vierfach höhere Nachfrage im Vergleich zum Bahnstreik Anfang Januar. Anders sieht es beim ADAC Regionalclub Schleswig-Holstein aus – der beobachtet, dass sich Menschen in Schleswig-Holstein zum Beispiel durch Fahrgemeinschaften gegenseitig helfen. Wer doch auf den Mietwagen zurückgreifen muss, den erwarten nur moderat höhere Preise auf den Strecken in Schleswig-Holstein als zu normalen Zeiten.
Airport-Bus Kielius stärker nachgefragt
Auch der Airport-Bus Kielius, der normalerweise Urlauber mehrmals täglich vom Kieler ZOB über Neumünster zum Hamburger Flughafen bringt, kann eine Alternative sein: Eine Sprecherin sagte, schon bei den drei Bahnstreiks der vergangenen Wochen sei der Kielius stärker genutzt worden als sonst. Normalerweise herrsche im Januar eher "Saure-Gurken-Zeit". Besonders morgens im Berufsverkehr sei die Nachfrage zu Streikzeiten groß, so die Sprecherin weiter. Nicht bestreikt werden die Nordbahn, die AKN und Erixx. Allerdings können trotzdem auch da Züge verspätet sein oder ausfallen.
Wirtschaft und Fahrgastverband Pro Bahn rufen zu neuen Tarifverhandlungen auf
Aus der Wirtschaft kommt großes Unverständnis für den Streik der Lokführer. Er passiere zur Unzeit, heißt es von der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein (UV Nord). Deren Hauptgeschäftsführer Michael Thomas Fröhlich sagte NDR Schleswig-Holstein, er rechne wegen empfindlicher Störungen im Güter- und Schienenverkehr durch den Streik mit volkswirtschaftlichen Kosten in Höhe von 50 Millionen Euro pro Streiktag für die norddeutsche Wirtschaft. Diese Kosten entstehen nach seinen Worten dadurch, dass Güter von der Schiene auf die Straße umdisponiert werden müssen, dass es Zeitverluste durch Staus zum Beispiel am Rendsburger Kanaltunnel (Keis Rendsburg-Eckernförde) geben wird und auch Verspätungen und Ausfälle bei Mitarbeitenden in Unternehmen.
"Wir werden Nachsicht haben mit verspäteten Mitarbeitern - nicht aber mit der GDL", so Fröhlich weiter. Die Gewerkschaft und die Bahn müssten sich endlich wieder an einen Tisch setzen, fordert er. Dieser Forderung schließt sich der Fahrgastverband Pro Bahn an und schlägt einen Moderator vor, der beiden Parteien wieder an den Verhandlungstisch bringt. Eine Lösung gebe es nur, wenn man miteinander redet, heißt es. Pro Bahn fordert in Zukunft auch einen vor dem Streik festgelegten Streikfahrplan, der dann mit allen Beteiligten abgestimmt wird. So könnten sich Wirtschaft und Gesellschaft besser auf einen Streik einstellen.
Arbeitnehmer sind trotz Streik in der Pflicht pünktlich zur Arbeit zu kommen
Denn trotz ausgefallener Züge oder Staus auf den Straßen gilt: "Wer in seinem Arbeitsvertrag stehen hat, dass er um 6.30 Uhr anzufangen hat, der muss auch um 6.30 Uhr antreten", sagt der Hamburger Arbeitsrechtler Heiko Hecht. Der Bahnstreik sei keine Art von Notstand oder Katastrophe. Er rät dazu, Fahrgemeinschaften zu bilden, wie das viele schon zur Corona-Zeit gemacht hätten.