Sendedatum: 25.04.2016 | 23:00 Uhr | NDR Story
1 | 15 Eine kleine Gruppe VW-Topmanager aus der Motorenentwicklung arbeitet im November 2006 an einem Diesel-Motor, der VW den Durchbruch auf dem US-Markt bringen soll. Die Konzernspitze erwartet Ergebnisse. Aber sie haben ein schier unlösbares Problem: Die Abgasnormen in den USA sind streng. Der Dieselmotor ist dafür zu dreckig.
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2 | 15 Nach außen behauptet VW, eine einfache und vergleichsweise billige Reinigungstechnik behebe das Problem. Die Stickoxide würden in einem Filter gesammelt und anschließend verbrannt. Tatsächlich werden die Abgase aber nur eine kurze Zeit lang richtig gefiltert - solange die Autos auf einem Prüfstand rollen.
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3 | 15 Weil Dieselfahrzeuge in Amerika als schmutzig gelten, wirbt VW mit einer kostspieligen Kampagne für seinen angeblich sauberen Diesel. Besonders in Kalifornien, wie hier in Los Angeles, gehört Umweltbewusstsein zum guten Ton.
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4 | 15 Die Kalifornierin Jan Hudson fühlt sich jedenfalls angesprochen. "Ich fand die VW-Werbespots großartig. Aber vor allem wollte ich ein Auto, das sauberer und umweltverträglicher ist. Ich stamme aus Kalifornien. Früher hatten wir hier große Probleme mit Smog, deswegen wollte ich unbedingt ein sauberes Auto."
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5 | 15 So wie Jan Hudson lassen sich Millionen Kunden weltweit vom angeblich sauberen Diesel überzeugen. In den USA etwa ist die Betrugssoftware in rund 600.000 PKW verbaut. Trotz Diesel-Offensive bleibt VW in den USA ein Nischenanbieter. Im fernen Europa aber verkauft sich der Diesel prächtig. Dass die Abgaswerte manipuliert sind, wird jahrelang nicht erkannt.
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6 | 15 Warum bemerkt niemand die Manipulation? Weil die Abgaswerte von Autos meist auf einem Prüfstand gemessen werden und nicht unter realen Bedingungen. Die Ingenieure haben eine Betrugssoftware programmiert. Damit erkennt das Auto, ob es auf einem Prüfstand steht.
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7 | 15 Tief in der hochkomplexen Motorsteuerung ist die Betrugssoftware versteckt. Tausende Algorithmen bestimmen nicht nur Leistung, Benzinverbrauch, Fahrverhalten, sondern auch die Abgasreinigung.
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8 | 15 Im Prüfzyklus fährt das zu testende Auto sauber. Im Normalbetrieb, auf der Straße aber schaltet es auf dreckig um und stößt viel mehr Abgase aus, weil die manipulierte Software im Motorsteuergerät das so vorsieht. Diese Vorrichtung nennen Experten "Abschalteinrichtung" (Defeat Device). Das ist verboten.
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9 | 15 "Die Software auf so einem Motorsteuergerät ist relativ komplex", erklärt Thorsten Holz, Professor für Systemsicherheit an der Universität Bochum. "Insgesamt sind das vier Megabyte an Code. Das sind 4.000 Funktionen, die in so einem Steuergerät abgelegt sind. Es geht um eine einzige Funktion in diesem großen Stück von Code."
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10 | 15 Dan Carder und andere Wissenschaftler von der Universität West Virginia entdecken den Betrug: Sie wollten eigentlich zeigen, wie sauber Diesel sind. Dass sie dazu zwei VW Modelle benutzten war reiner Zufall. Sie können kaum glauben, was sie messen: Auf dem Prüfstand sind die VW-Autos sauber. Auf der Straße aber, stoßen sie zu viel Stickoxide aus - 35-mal so viel wie der Grenzwert es zulässt.
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11 | 15 Ab Frühjahr 2014 ermitteln dann auch amerikanische Umweltschutzbehörden. Stanley Young, Sprecher der kalifornischen Umweltbehörde (California Air Resources Board) erinnert sich: "Als klar wurde, dass unsere Messungen stimmen, wurde Volkswagen immer ablehnender. Sie versuchten unsere Ergebnisse wegzudiskutieren. [...] Sie suchten nach immer neuen Ausflüchten, um unsere Ergebnisse in Frage zu stellen."
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12 | 15 Selbst nach dem die US-Behörden bereits ermitteln, wird weiter an der Abgassteuerung manipuliert. Ältere Autos bekommen sogar ein Update mit einer "optimierten" Betrugssoftware. Der Hamburger Software-Spezialist Felix Domke hat sich mit der älteren Version verglichen. Das Ergebnis: Das Auto erkennt nach dem Update sogar noch besser, ob es auf dem Prüfstand getestet wird oder unter realen Bedingungen.
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13 | 15 "Dass man also diese Dreistigkeit besitzen kann, hier noch mal den Betrug gewissermaßen im negativen Sinne nachzubessern." Hans-Gerhard Seeba zeigt sich erstaunt. Der Dozent der Ostfalia-Hochschule weiter: "Auf der anderen Seite: Wenn man sich da etwas hinein denkt und die Theorie vertritt, dass ja der 'point of no return' längst überschritten war, hat das auch eine gewisse Logik. Gewissermaßen auch ein letzter verzweifelter Versuch, die Katastrophe abzuwenden."
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14 | 15 Hat die Konzernspitze von dem Betrug gewusst? 2007 tritt Martin Winterkorn (Bild von 2010) seinen Job als Vorstandsvorsitzender von VW an. Da tüfteln seine Entwickler bereits an der illegalen Software. Es gibt bislang keine Beweise, dass die Entwickler ihren Chef über den Betrug informiert haben.
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15 | 15 Die internen Untersuchungen zum VW-Abgasskandal sprechen den damaligen Vorstand von einer Schuld vorerst frei. Unterhalb der Vorstandsebene gelten aber fast alle Führungskräfte, die in die Entwicklung des Motors eingebunden waren, als belastet. Das zeigen Recherchen von NDR und WDR.
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