Ein Mann wird in Handschellen abgeführt. © picture alliance / AP Photo Foto: Peter Dejong

Wie Ermittler geflüchtetem Sexualstraftäter auf die Spur kamen

Stand: 22.05.2024 09:24 Uhr

Nach der Flucht eines Sexualstraftäters in Leer hat die Staatsanwaltschaft Aurich Details bekannt gegeben. Demnach entkam der 63-Jährige zunächst mit einem gemieteten Leihwagen in die Niederlande.

Der Mann hatte am Donnerstag bei einem Freigang das Weite gesucht. Auf der Flucht war er mit EC-Karte und Personalausweis zu einem Autovermieter marschiert und hatte sich dort das Fluchtauto gemietet. Weil die Polizei das Konto des Mannes beobachtete, sei man auf die Buchung gestoßen und zügig an das Kennzeichen des Wagens gekommen, so die Staatsanwaltschaft auf Anfrage des NDR Niedersachsen. Als der 63-Jährige in die Niederlande fuhr, identifizierten niederländische Ermittler das Auto über die automatische Kennzeichenüberwachung. Am Freitag klickten in Zwolle, rund 155 Kilometer von Leer entfernt, die Handschellen. Der 63-Jährige wartet nun in Haft auf seine Auslieferung zurück in die Sicherungsverwahrung nach Meppen.

Mit EC-Karte und Perso auf Freigang - nicht unüblich

Der Mann war bei einem begleiteten Ausgang in Leer geflohen. Er entkam während eines Toilettengangs durch die Hintertür einer Bäckerei. Dass der 63-Jährige auf dem begleiteten Freigang mit EC-Karte und Personalausweis unterwegs war, ist nicht unüblich. Wie ein Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums dem NDR Niedersachsen sagte, dienen Freigänge dazu, die Straftäter auf den Alltag nach der Entlassung vorzubereiten. Warum der 63-Jährige flüchtete, sei unklar. Seit Dezember sei es der elfte Freigang des Mannes gewesen - der dritte in Begleitung eines Anstaltsseelsorgers. Das Justizministerium werde prüfen, wie es zu der Flucht kommen konnte, so der Sprecher.

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Mann vergewaltigte seine ehemalige Lebensgefährtin

Der 63-Jährige hat eine dicke Strafakte und befand sich nach Angaben des Justizministeriums seit Juli 2010 in Haft. Er verbüßte zunächst eine Freiheitsstrafe von einem Jahr wegen Betrugs. Anschließend verurteilte ein Gericht den 63-Jährigen wegen mehrfacher Vergewaltigung, Körperverletzung und sexueller Nötigung seiner ehemaligen Lebensgefährtin zu weiteren acht Jahren. Das Gericht verhängte damals auch anschließende Sicherungsverwahrung - das bedeutet, dass ein Straftäter so lange in Haft bleibt, bis er für ungefährlich erklärt wird. Das ist bei dem 63-Jährigen bisher nicht passiert. Der Staatsanwaltschaft zufolge werden Freigänge bis auf weiteres gestrichen.

Seit 2013 sechs Personen bei Freigängen geflohen

Es ist nicht das erste Mal, dass jemand aus der Sicherungsverwahrung flüchtet: Seit 2013 sind in Niedersachsen laut Ministerium sechs Menschen bei Ausgängen geflohen. Den letzten Fall gab es im Jahr 2022.

Was bedeutet Sicherungsverwahrung?

Die Sicherungsverwahrung ist eine freiheitsentziehende Maßregelung mit dem Zweck, die Allgemeinheit zu schützen und gefährliche Täter zu bessern. Sie wird bei Personen verhängt, bei denen nach Einschätzung des Gerichts der Hang besteht, auch zukünftig erhebliche und für die Allgemeinheit gefährliche Straftaten zu begehen. Laut Strafgesetzbuch betrifft dies insbesondere Taten, die sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richten. Die Sicherungsverwahrung schließt sich an die Verbüßung einer Haftstrafe an und ist grundsätzlich nicht zeitlich begrenzt. Ihre Fortdauer wird in regelmäßigen Abständen von der zuständigen Strafvollstreckungskammer überprüft. Sie kommt erst ab einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren in Betracht. Die Sicherungsverwahrung muss sich deutlich vom Strafvollzug unterscheiden und räumlich getrennt vollzogen werden.

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