Ein Zug steht auf den Gleisen an roten Signalen © NDR

Weniger Störungen: Das neue elektronische Stellwerk in Osnabrück

Stand: 17.04.2025 00:00 Uhr

Das neue elektronische Stellwerk am Hauptbahnhof Osnabrück soll für mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit im Bahnverkehr sorgen. Weichen und Signale werden automatisch über eine Software gestellt - ganz ohne Fahrdienstleiter geht es aber nicht.

von Karoline Kempe

In dem kleinen Gebäude in der Nähe des Osnabrücker Hauptbahnhofs stehen viele Bildschirme im Kreis angeordnet, davor sitzen fünf Fahrdienstleiterinnen und Fahrdienstleiter. Eine von ihnen ist Charleen Zietlow, die heute für den westlichen Teil des Gebiets zuständig ist. Das, was nicht automatisch funktioniert, regeln die Fahrdienstleiter mit Befehlen über den Computer. "Wenn andere Stellwerke die Züge noch nicht gebrauchen können, weil noch keine Ablöse da ist, dann nehmen wir die Züge beiseite. Wir regeln die Zugfolge, Personenzüge haben Vorrang vor Güterzügen. Wenn es irgendwelche Störungen gibt, greifen wir ein. Das ist unser Job."

Auf 100 Kilometern wurden Signale und Weichen umgebaut

Eine Fahrdienstleiterin blickt auf die Computerbildschirme im elektronischen Stellwerk. © NDR Foto: Karoline Kempe
Bei Störungen muss Fahrdienstleiterin Charleen Zietlow eingreifen.

2016 wurde mit dem Bau des elektronischen Stellwerks begonnen. Seit Ende März 2025 ist das neue elektronische Stellwerk vollständig in Betrieb - ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant, so eine Pressesprecherin der Deutschen Bahn. Das ESTW vereint die Stellwerke am Hauptbahnhof Osnabrück mit den Bahnhöfen Eversburg, Lotte, Velpe und Wissingen. Auf einer Strecke von rund 100 Kilometern wurde umgebaut: Von Lembruch bis Natrup-Hagen (Nord nach Süd) und von Wissingen bis Velpe (Ost nach West). Laut Deutscher Bahn mussten auf beiden Streckenabschnitten die Signalanlagen komplett erneuert und alle Weichen umgerüstet werde. Diese sind jetzt mit Heizanlagen ausgestattet, damit es bei Frost zu keinen Störungen kommt. Die Kosten für das Projekt liegen laut Bahnsprecherin im dreistelligen Millionenbereich, exakte Zahlen nannte sie auf Nachfrage des NDR nicht.

Insgesamt gibt es vier Stellwerkstypen

Deutschlandweit werden alle bisherigen Stellwerke nach und nach durch elektronische ersetzt. Es gibt drei Vorgängermodelle: Mechanische Stellwerke sind teilweise über 100 Jahre alt. Dabei werden Weichen, Signale und Gleissperren mit Hebeln und Kurbeln bewegt. Laut der Deutschen Bahn sind ca. 25 Prozent aller Stellwerke in Deutschland noch mechanisch. 11 Prozent sind elektromechanisch. Dabei werden die mechanischen Vorgänge bereits elektrisch angetrieben. Die meisten Stellwerke in Deutschland sind aber sogenannte Relaisstellwerke, die per Drucktasten über viele einzelne Relais geschaltet werden.

Elektronische Stellwerke sind "State of the Art"

14 Prozent aller Stellwerke sind bereits elektronisch, so die Deutsche Bahn. Sie werden automatisch durch eine digitale Logik im Computer gesteuert. "Elektronische Stellwerke sind State of the Art", sagt Nils Mellenthin, Leiter des Betriebsbezirks Osnabrück. Durch die automatische Steuerung können in den Blöcken, das heißt zwischen zwei Signalen, mehr Züge in kürzerer Zeit fahren. Außerdem sorgt das elektronische Stellwerk für eine höhere Sicherheit im Bahnverkehr. "Das ESTW ist zuverlässiger als andere Stellwerkstypen. Es gibt seltener Störungen und wenn doch, lassen sie sich einfacher abarbeiten", erklärt Nils Mellenthin.

Nicht alle Verspätungen können verhindert werden

Das bedeute aber nicht zwangsläufig, dass es zu weniger Verspätungen oder Ausfällen im Bahnbetrieb kommt. Zwar können Probleme bei der Infrastruktur leichter behoben werden, aber viele andere Ursachen können die Fahrdienstleiter nicht beeinflussen - beispielsweise, wenn sich Menschen im Gleisbett aufhalten, die Wetterlage schlecht ist oder das Zugpersonal krankheitsbedingt ausfällt. Die Fahrdienstleiterinnen und Fahrdienstleiter im ESTW in Osnabrück sind für 17 Bahnhöfe und Haltepunkte zuständig. Auch wenn das meiste automatisch funktioniert, kann es stressig werden. "Man braucht schon gute Nerven und viel Selbstbewusstsein", sagt Fahrdienstleiter Louis Wolf. "Du bist für alles der erste Ansprechpartner und musst in kurzer Zeit eine Lösung finden." Aber auch er bestätigt: Das elektronische Stellwerk ist viel weniger anfällig für Störungen.

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Hallo Niedersachsen | 19.04.2025 | 19:30 Uhr

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