Basel Taifour - Der junge Mann
Basel Taifour lebt in Aleppo in Syrien. Der junge Mann studiert Jura, hat Freunde, Familie, ein ganz normales Leben. Bis der Krieg kommt. Er soll Soldat werden, mit der Waffe in der Hand. Er will das nicht und flüchtet. Nun lebt er in Ganderkesee. Dort hilft, arbeitet - und liebt er.
Basel und Katharina richten sich zur Adventszeit in ihrer ersten gemeinsamen Wohnung ein - und blicken zurück auf die vergangenen zwei Jahre.
Basel lernt gerade mit Online-Testfragen für den deutschen Führerschein. In Syrien ist er schon Auto gefahren, jetzt geht es vor allem um Verkehrsregeln, die in Deutschland anders sind. Zusätzlich hat er noch theoretischen Unterricht an einer Fahrschule in Ganderkesee.
Basel Taifours Fußballmannschaft vom TSV Ganderkesee hat offensichtlich hart trainiert und ist bei der Norddeutschen Meisterschaft dritte von zwölf Flüchtlingsmannschaften geworden. Herzlichen Glückwunsch! Trotz Knieproblemen hat Basel durchgehalten - eine Bandage machte es möglich.
Ihm geht es gut, aber was ist mit den Freunden in Aleppo? Basel Taifour stellt sich jeden Tag und jede Nacht diese Frage. Selbst wenn er seine Freunde telefonisch erreichen kann, weiß er nur: im Moment leben sie noch. Aber was ist in einer Viertelstunde?
Seit einigen Wochen trainiert Basel in Ganderkesee eine Fußballmannschaft mit anderen syrischen Flüchtlingen. Selbst spielen kann er derzeit nur schlecht, denn das Knie bereitet ihm seit Monaten Probleme. Möglicherweise muss er demnächst sogar operiert werden.
Basel war im Rahmen seines Bundesfreiwilligendienstes gerade fünf Tage bei einem Seminar im Bildungszentrum Ritterhude im Landkreis Osterholz. Im Auftrag des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ging es dabei besonders um den Umgang mit Menschen in Problemsituationen. Das war für ihn natürlich perfekt, da er in der Gemeinde Ganderkesee selbst Flüchtlinge betreut. "Ich hatte ganz viel Spaß und habe viel gelernt", sagt Basel.
Basel hat in Bremen an einer Mahnwache teilgenommen. Zwischen 150 und 300 Teilnehmer - so die Schätzungen - waren dabei. Sie wollten auf die Zustände in Aleppo aufmerksam machen. In der nordsyrischen Metropole waren in den vergangenen 14 Tagen mindestens 258 Menschen bei Kämpfen ums Leben gekommen. Sie ist die am heftigsten umkämpfte Stadt im syrischen Bürgerkrieg.
Basel in Berlin: In der Hauptstadt hat Basel Taifour seine Schwester besucht, die er seit vier Jahren nicht gesehen hat. Mit seinen beiden Neffen ist er auf Shopping-Tour gegangen.
Basels Aufenthaltsgestattung wurde verlängert, wieder um drei Monate. Jetzt bis Ende Mai. Das Verfahren läuft weiter.
Basel Taifour kann endlich kochen wie zu Hause. Er weiß mittlerweile, wo er die Zutaten findet, um typisch syrische Gerichte zu kochen. Gewiss, nicht alles bekommt er so hin wie seine Mutter. Aber Basels Verlobte Katharina ist trotzdem froh über seine Kochkünste.
Die Gemeinde Ganderkesee hat ihre neuen Mitarbeiter nun offiziell vorgestellt: Ibrahim Thabet, Zeinab Matar und Basel Taifour sind eine wichtige Hilfe für Sozialarbeiterin Marieke Purnhagen aus der Gemeinde Ganderkesee, vor allem beim Dolmetschen und Organisieren.
Basel feiert mit Familie, Freunden, Kollegen seinen 26. Geburtstag. Insgesamt sind wohl 40 Gäste da und eine Menge Kinder. Es gibt syrische Spezialitäten, Deftiges, Kekse und den typischen deutschen Sonntagskuchen. Der harte Kern lässt es sich bis in den Abend hinein schmecken.
Ein kleines Geschenk von Ganderkesees Bürgermeisterin Alice Geerken-Klaas (parteilos) zum Start des Bundesfreiwilligendienstes von Basel Taifour. Basel wird zunächst nur vormittags in der Gemeinde Ganderkesee arbeiten, weil er nachmittags noch Schule zur Schule geht. Ab April wird er dann im Rahmen seines Dienstes Vollzeit in der Gemeinde eingesetzt.
Basels monatlicher Friseurbesuch steht an. Haare und Bart werden diesmal deutlich kürzer. Er befürchtet: Manche halten einen für einen Terroristen, wenn man einen dunklen Bart hat. Aber das ist nicht der Hauptgrund: Ihm gefällt kürzer einfach besser. Dazu ist es gerade sehr modern - das sagt auch Basels Bekannter Slim Gharsallah. Der Delmenhorster Friseur, der aus Tunesien stammt, berichtet, dass fast alle seiner Kunden einen Bart wollen: "Entweder einen Dreitagebart oder einen Vollbart, fast alle in Deutschland tragen einen." Dass der Bart dann auch noch zur Religion passt, ist praktisch. Basel erklärt: "Alle Muslime lieben Mohammed, ihren Propheten. Sie wollen es machen wie er - und unter anderem auch den Bart tragen. Außerdem ist es modern und ich möchte alles gerne modern, meine Klamotten, meine Haare, alles." Friseur Slim ergänzt: "Ich habe es anfangs auch wegen der Religion gemacht, übrigens trugen ja auch die Christen damals Bart. Dann habe ich gesehen, Bart steht mir, das sieht gut aus, dann habe ich ihn beibehalten, und es hat keinen erschreckt." Er lacht.
Katharina und Basel zelebrieren den Wintereinbruch mit einem Spaziergang im Schnee und einer wilden Schneeballschlacht - die Basel gewinnt. Danach gibt es Kakao vor dem Ofen. Für Basel ist das Winterwetter nichts Besonderes. Er kennt viel härteres Wetter von seinem Militärdienst in den Bergen Syriens: Dort liegt bis in den August hinein ein halber Meter Schnee. So viel gibt es aber nur in den Bergen; ab und an schneit es auch im Rest des Landes.
Silvester sind Katharina und Basel zuerst bei seiner Familie - alle Cousins sind da. Danach feiern die beiden allein weiter. Angestoßen wird mit Traubensaft, dazu gibt es Konfetti und Luftschlangen. Die Knallerei ist kein Problem, auch wenn bei Basel Erinnerungen aus Syrien wieder hochkommen. Basel und Katharina zünden auch selbst ein kleines Feuerwerk - die Schönheit überwiegt.
Basel besucht seit einigen Wochen einen speziellen Sprachkurs für Asylbewerber, die bisher noch nicht anerkannt sind. Seine Mitschüler und er bekommen hier auch Hilfe bei der Suche nach einem Praktikum.
Täglich fährt Basel jetzt mit dem Zug von Gandekersee nach Oldenburg - und staunt über die Unterschiede bei den öffentlichen Verkehrsmitteln in Deutschland und seiner Heimat Syrien.
Diese Woche hilft Basel gleich mehreren Flüchtlingsfamilien bei der Schulanmeldung, mit dabei ist auch immer ein Vertreter der Gemeinde. Heute geht es um Farhan. Der Zwölfjährige soll künftig die Oberschule Ganderkesee besuchen. Der Vater und der fünfjährige Bruder Farhans sind mit dabei. Die Mutter des Jungen lebt noch in einem Dorf bei Horms in Syrien. Vater und Kinder sind erst seit kurzem in Ganderkesee, sprechen nur wenige Worte deutsch. Also übernimmt Basel die wichtige Rolle des Dolmetschers.
Heute ist Katharinas ganze Familie zum Adventskaffee zusammengekommen. Ganz international wurde bei selbst gebackenen Keksen und Waffeln arabisch, deutsch und japanisch (durch die Schwiegermutter von Katharinas Schwester) gesprochen. Und selbstverständlich gab es auch für Basel einen gefüllten Schuh vom Nikolaus - mit Schokolade und einem Grammatikbuch.
Glühwein trinkt Basel Taifour als Sunnit keinen. Den braucht er aber nicht, um mit seiner Verlobten den Lambertimarkt in Oldenburg zu genießen. Die beiden stoßen kurzerhand mit heißer weißer Schokolade an - und vergleichen ihre religiösen Traditionen.
Maronen essen ...
Auf dem Lambertimarkt in Oldenburg kosten Katharina und Basel Maronen. Die gebe es auch in Syrien, wo sie sehr teuer seien, sagt Basel. Zu Beginn seines Aufenthalts in Deutschland dachte er, dass hier ganz viele Bäume mit Esskastanien stehen ... Auf Arabisch heißen sie übrigens "kustana".
Weihnachtswünsche ...
Basel wünscht sich zu Weihnachten, dass endlich der fürchterliche Krieg in Syrien zu Ende geht, nach fünf langen Jahren. Katharinas Weihnachtswunsch: Dass sich endlich Basels Situation klärt, er Papiere bekommt und gesichert in die Zukunft blicken kann. Momentan hat er eine befristete Aufenthaltsgestattung bis Ende Februar.
Zwar spricht Basel inzwischen ganz gut Deutsch, für ein Studium reichen seine Kenntnisse aber wohl noch nicht aus. Daher besucht er seit ein paar Wochen einen Deutschkurs. Auch heute ist es wieder soweit. Für den Weg nutzt der 25-Jährige wie immer sein Fahrrad. Wieder bei Null anzufangen, dürfte ihm nicht gerade leicht gefallen sein: In Aleppo hatte Basel gerade ein Jura-Studium begonnen, als er zum Militär sollte. Basel weigerte sich, musste für einen Monat ins Gefängnis und floh daraufhin aus seiner Heimat. Das war im Frühsommer 2014.
Basel ist schwer beschäftigt. Heute hilft er im Weltladen aus, danach will er einen Flüchtling bei der Kontoeröffnung unterstützen. Kein ungewöhnlicher Tag für den Syrer - täglich engagiert er sich ehrenamtlich in der Gemeinde. "Ich möchte etwas von dem zurückgeben, was ich von den Menschen hier bekommen habe", so Basel.
Dass Basel Ganderkesee so lieb gewonnen hat, liegt auch an der Liebe. Denn direkt unter seiner Wohnung liegt das Büro der 29-jährigen Physikerin Katharina. Anfangs grüßten sich die beiden nur höflich, dann gab sie ihm Sprachnachhilfe. Ein paar Wochen später schickte Basel ihr eine "Whatsapp"-Nachricht, die kurzerhand den Beginn ihrer Beziehung einleitete. Katharina muss noch heute herzhaft lachen, wenn sie daran zurückdenkt.
Menschen, sagt Basel, seien ihm in den ersten Tagen nach seiner Ankunft in Ganderkesee im Sommer 2014 nicht so häufig begegnet. Stattdessen zählte er Kühe: 22 gebe es in seiner Umgebung, erzählt der Syrer. Im Vergleich zur Millionenstadt Aleppo sei ihm die 30.000 Einwohner starke Gemeinde im Landkreis Oldenburg vorgekommen wie ein Dorf. Ein Dorf, das der 25-Jährige inzwischen ins Herz geschlossen hat. Nicht zuletzt wegen der Behaglichkeit Ganderkesees und der Hilfsbereitschaft der Anwohner.
Seine Heimatstadt ist zerbombt, sein Zuhause liegt in Trümmern. Trotzdem spürt Basel auch heute, mehr als ein Jahr nach seiner Flucht aus der syrischen Stadt Aleppo, eine große Sehnsucht. Denn mit der Flucht ging auch die Trennung von seiner Familie und seinen Freunden einher. Jetzt ist das Handy sein wichtigstes Kommunikationsmittel: Über den Messenger "Whatsapp" erhält er Fotos seiner Eltern und Geschwister, die mittlerweile in der Türkei leben. Das Mobiltelefon hat aber noch eine andere Funktion: Wenn Basel eine deutsche Vokabel fehlt, zückt er es und übersetzt das Wort flugs online.