Der Oldenburger Historiker Lucas Haasis (l) und die Londonerin Jane Luetkens schauen zusammen historische Briefe an . © dpa-Bildfunk/ The National Archives Foto: Robert Green

"Sehr emotional": Forscher trifft Nachfahrin von Nicolaus Lütkens

Stand: 08.02.2025 10:52 Uhr

Der Oldenburger Historiker Lucas Haasis hat die "seltene Gelegenheit" bekommen, die Nachfahrin des Hamburger Kaufmanns Nicolaus Gottlieb Lütkens kennenzulernen. Dabei war die Suche nach Verwandten lange erfolglos.

Lucas Haasis ist Historiker, er forscht und lehrt an der Universität Oldenburg. Im Rahmen des Projekts "Prize Papers", das in Zusammenarbeit mit dem Londoner Nationalarchiv Gerichtsdokumente aus der Zeit zwischen 1652 und 1815 digitalisiert und zugänglich macht, hat er 300 Jahre alte Briefe des Hamburger Kaufmanns Nicolaus Gottlieb Lütkens entdeckt. Auf der Suche nach möglichen Nachkommen des im 18. Jahrhundert lebenden Kaufmanns wurde er dann selbst gefunden. NDR.de hat mit ihm über seine überraschende Begegnung mit der Londonerin Jane Luetkens gesprochen.

Herr Haasis, wann sind Sie auf die Dokumente von Nicolaus Gottlieb Lütkens gestoßen?

Ein historischer Brief © The National Archives, UK Foto: Robert Green
Einer der Briefe, die Lucas Haasis im Londoner Nationalarchiv gefunden hat.

Lucas Haasis: Die Briefe des Kaufmanns habe ich schon vor über zehn Jahren in London gefunden. Daraufhin habe ich meine Dissertation dazu geschrieben, die ich in dem Buch "The Power of Persuasion. Becoming a Merchant in the 18th Century" veröffentlicht habe. Im vergangenen Jahr ist das Buch nochmal in Open Access (Anm. d. Red. freier Zugang zu wissenschaftlichen Texten) erschienen. Dadurch wurde es etwas mehr publik.

Sie haben auch nach möglichen Nachfahren des Kaufmanns gesucht. Wie lief diese Suche?

Haasis: Ich habe jahrelang nach den Nachfahren gesucht, schriftlich, im Archiv, sogar über das Radio, aber kein Glück gehabt. Meine Suche zielte dabei in den letzten Jahren vor allem in Richtung Deutschland, in Großbritannien habe ich gar nicht gesucht. Und dann hat mich im Sommer letzten Jahres einfach aus dem Nichts eine gewisse Jane Luetkens aus London kontaktiert. Sie hatte mein Buch gefunden, gelesen und sich dann bei mir gemeldet. Sie war dabei sehr aufgeregt, sagte sie mir damals. Und ich dann natürlich auch.

Wer ist Jane Luetkens?

Jane Luetkens mit einem historischen Brief ihres Vorfahrens © The National Archives, UK Foto: Robert Green
Jane Luetkens besitzt noch immer den Siegelstempel ihres Vorfahrens.

Haasis: Jane ist quasi die letzte Nachfahrin mit dem echten Namen ihres Vorfahren: Luetkens. Was ein Glück! Sie lebt heute im Londoner Stadtteil Wimbledon - also gar nicht so weit weg vom Nationalarchiv. Seit sie mich das erste Mal kontaktiert hat, sind wir im engen Austausch per E-Mail. Auch mit weiteren Verwandten, die aber nicht mehr Luetkens heißen, hatte ich Kontakt.

In welchem Verwandtschaftsverhältnis steht Jane Luetkens zu dem Hamburger Kaufmann Lütkens?

Wenn wir richtig gerechnet haben, müsste Nicolaus Gottlieb Lütkens, der 1716 geboren wurde, der Groß-Groß-Groß-Großvater von ihr sein. Die Familie des Kaufmanns hat bis Gerhart Luetkens, Janes Großvater, in Hamburg gelebt, musste dann aber wegen der Nationalsozialisten nach England fliehen. Dabei konnten sie ein paar Wertgegenstände mitnehmen - darunter auch den originalen Siegelstempel von Nicolaus Gottlieb Lütkens, den sie diese Woche ins Nationalarchiv mitgebracht hat. Dort haben wir uns auch das erste Mal persönlich getroffen.

Wir war es für Sie, Jane Luetkens kennenzulernen?

Die Archivarin Amanda Bevan, Jane Luetkens und Lucas Haasis © The National Archives, UK Foto: Robert Green
Die Archivarin des Londoner Nationalarchivs, Amanda Bevan (l), gemeinsam mit Jane Luetkens und Lucas Haasis.

Haasis: Für uns beide war es sehr emotional. Für Historiker ist es ein sehr besonderer Moment und auch sehr selten, dass wir die Gelegenheit bekommen, mit echten Nachfahren zu sprechen. Und für Jane ist es natürlich aus vielen Gründen sehr besonders - plötzlich sind da über 2.400 Briefe ihres Vorfahren, das ist schon überwältigend.

Wie geht es jetzt weiter? Sehen Sie sich wieder?

Haasis: Ja! Jetzt planen wir, dass Jane auch einmal nach Hamburg kommt. Dort wird im Museum für Kunst und Gewerbe die "Bel Etage" von Lütkens ausgestellt. Und im Rathaus hängt sein Porträt.

Weitere Informationen
Ein Stapel mit historischen Briefen und ein Poststempel liegen auf einem Tisch. © picture alliance/dpa/The National Archives Foto: Robert Green

300 Jahre alte Briefe eines Kaufmanns: Spur führt bis nach London

Ein Oldenburger Historiker hatte die Briefe aus dem 18. Jahrhundert entdeckt - und suchte Nachfahren des einstigen Verfassers aus Hamburg. (07.02.2025) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 07.02.2025 | 12:00 Uhr

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