Säugling verhungert - Mutter in Verden vor Gericht
Vor dem Landgericht Verden muss sich seit Montag eine 34-Jährige verantworten. Sie soll im Frühjahr 2019 ihren Säugling verhungern lassen haben. Am Mittwoch will sich die Angeklagte äußern.
Der Junge war Ende April 2019 im Krankenhaus geboren worden. Nachdem die Mutter aus der Klinik entlassen wurde, soll sie ihrem Baby viel zu wenig Nahrung gegeben haben, obwohl sie den am Ende lebensbedrohlichen Zustand erkannt habe, so der Vorwurf. Die Frau hatte zu dem Zeitpunkt bereits vier andere Kinder. Als das Baby zwei Wochen nach der Geburt dehydriert ins Krankenhaus kam, soll es 1.130 Gramm weniger gewogen haben als bei der Geburt. Schließlich versagten die Organe des Kindes.
Staatsanwaltschaft ging zunächst von Totschlag aus
Die Frau ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen angeklagt. Ursprünglich war die Staatsanwaltschaft von Totschlag ausgegangen. Diesen Vorwurf ließ das Gericht aber nicht zu, da es nach Aktenlage keinen Vorsatz habe erkennen können. Das teilte eine Gerichtssprecherin mit. Der Richter wies am Montag darauf hin, dass auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung möglich sei. Die angeklagte Mutter hat angekündigt, am nächsten Verhandlungstag am Mittwoch zumindest eingeschränkt auszusagen.
Mutter geht wegen Infektion zur Kinderärztin
Der Anklage zufolge soll die Frau ihren Sohn bei sechs täglichen Mahlzeiten lediglich mit je 20 Milliliter statt der mindestens 100 Milliliter Säuglingsmilch versorgt haben. Zehn Tage nach der Geburt habe die Frau wegen einer Mundsoor-Infektion des Babys eine Kinderärztin aufgesucht. Sie habe verschwiegen, dass ihr Kind nicht ausreichend Nahrung erhalte. Die Ärztin habe auf eine komplette körperliche Untersuchung verzichtet, da sie davon ausgegangen sei, die Frau sei eine erfahrene Mutter. Dass das Kind Gewicht verloren habe, sei ihr deshalb nicht aufgefallen.
Kinderärztin veranlasst Einweisung ins Krankenhaus
Zwei Tage nach dem ersten Arztbesuch war das Baby der Anklage zufolge völlig eingefallen und unterkühlt. "Es war nicht mehr in der Lage, den Saugreflex auszuführen", sagte die Staatsanwältin. Die Mutter vereinbarte einen weiteren Termin in der Kinderarztpraxis. Als Grund nannte sie, dass das Kind nicht gut trinke. Die Ärztin wies das Baby schließlich in eine Klinik ein. Sämtliche Werte seien zu diesem Zeitpunkt lebensbedrohlich gewesen, so die Staatsanwältin. Ein Ermittlungsverfahren gegen die Ärztin wurde nach Angaben des Gerichts eingestellt.