Ostfriesland statt sonniger Süden: Wintercamping im Wohnmobil
Entweder man liebt es, oder man hasst es: Camping. Und das eben nicht mehr nur im Sommer: Auch Wintercamping wird inzwischen immer beliebter. Was macht den Reiz in der kalten Jahreszeit aus?
Raus von zu Hause und ab an die Nordsee. In Neuharlingersiel ist der einzige große Platz an der Küste, der auch im Winter geöffnet ist. Glück gehabt, weil hinterm Deich. Also kann man da das ganze Jahr hin, wenn man denn will. Bei Nieselregen. Sturmböen. Hagelschauern. Ja, genau dann. Ruth Warnke ist quasi schon unterwegs. Sie ist Dauercamperin. Sie liebt dieses Wetter. Dann ist der Platz relativ leer. Sie hat ihre Ruhe. Geht am Strand spazieren. "Sobald ich ins Auto steige Richtung Campingplatz", sagt die Cloppenburgerin, "entspanne ich mich".
Dauercamping in Ostfriesland - bei jedem Wetter
Seit über 25 Jahren sind sie und ihr Mann Dauercamper in Neuharlingersiel. /nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/camping766_v-contentxl.jpgSeit 50 Jahren fährt sie auf den Platz, früher mit den Eltern, immer in einem Mietwohnwagen. So machte sie es auch mit Mann und Kindern. Erst in den Sommerferien. Dann Ostern. Dann Silvester. Das ging ins Geld. Durch Zufall konnte das Ehepaar Warnke einen Dauerstellplatz übernehmen. Das Gefühl dazu: unbezahlbar. "Ich mache es mir im Winter hier gemütlich, lasse die Seele ein paar Tage baumeln. Wenn ich auf dem Platz bin, habe ich sofort ein Urlaubsgefühl."
Heizung an beim Wintercamping
Dauercamping im Winter. Das verstehen manchmal sogar Freunde nicht: "Bei dem Wetter?", wird sie oft gefragt. "Ist das nicht viel zu kalt?" Warnke lacht: "Ich mache mir die Heizung an, wie zu Hause auch." Theoretisch dürfen Camper das ganze Jahr über auf dem Campingplatz sein, wenn sie andernorts einen ersten Wohnsitz haben.
Campingplätze investieren für Wintercamping
Saison ist immer. Darin sind sich die Dauercamperin und der Campingplatz-Geschäftsführer Andreas Eden einig. Im Sommer sind bis zu 3.000 Menschen auf dem Platz, wie eine kleine Stadt. Aber damit die Camper auch im Winter kommen, hat Eden nochmal Geld in die Hand genommen und 15 Millionen Euro investiert. In die Neugestaltung des Platzes, insbesondere in die Böden, damit man sich auch bei Schietwetter nicht mehr festfährt. Und außerdem in die schicken neuen Sanitäranlagen. "Man muss den Campern etwas bieten", sagt er, "auch die werden anspruchsvoller."
Am Strand spazieren, danach Wellness oder Kaffee trinken
Aber auch im Februar ist Betrieb auf dem Platz. Genau dieses Mistwetter zieht besonders die Nordrhein-Westfalen nach Neuharlingersiel. "Reizklima", sagt Eden. "Am Strand spazieren gehen, danach Wellness oder man geht einen Kaffee trinken: Reiz und Gegenreiz. Das kommt gut an." Noch vor 20 Jahren, erinnert sich der Kurdirektor, war in Neuharlingersiel um diese Zeit nichts los. Einfach gar nichts. Das hat sich verändert.
Was macht das Wintercamping so beliebt?
Vielleicht ist es die Suche nach Ruhe, in einer immer hektischeren Welt. Vielleicht ist es die Beständigkeit von Ebbe und Flut und den immer gleichen Camping-Nachbarn in einer unbeständigen Zeit. Und am Ende sind es vielleicht sogar die nassen Klamotten, die das Wintercamping so beliebt machen - wenn der Februar-Schauer mal wieder so plötzlich kommt.