Nach tödlichen Schüssen in Oldenburg: Polizist freigestellt
Ein 21-Jähriger ist im Krankenhaus gestorben, nachdem ihn in Oldenburg mehrere Schüsse eines Polizisten getroffen haben sollen. Gegen den Beamten wird wegen des Verdachts auf Totschlag ermittelt.
Der Beamte, der in der Nacht zu Ostersonntag geschossen hat, wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft Oldenburg vom Dienst freigestellt. Derweil erhoffen sich die Ermittler der Kriminalpolizei vom Obduktionsergebnis unter anderem Antworten auf die Fragen, wie oft und in welche Körperteile der Getötete getroffen wurde. Ein Ergebnis werde heute nicht mehr erwartet, teilte die Staatsanwaltschaft Oldenburg am Dienstag mit. Informationen von NDR Niedersachsen, wonach der 21-Jährige am Bauch getroffen worden war, wollte die Polizei zunächst nicht bestätigen. "Die Ermittlungen laufen. Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir keine Details preisgeben", sagte eine Polizeisprecherin am Ostermontag. Auch, wie viele Schüsse gefallen sind und ob bei dem 21-Jährigen tatsächlich ein Messer gefunden wurde, sagte die Polizei nicht. Derzeit werden Zeugen gesucht und befragt, um den Vorgang lückenlos aufzuklären, hieß es.
Polizist schoss - war es verhältnismäßig?
Aus einem Polizeibericht soll hervorgehen, dass der Mann dem Beamten, der geschossen hat, zuvor bedrohlich nahe gekommen war. Der Polizist sei bereits durch Reizgas verletzt worden. Nun muss laut Polizei geklärt werden, ob der Polizeibeamte tatsächlich in Notwehr gehandelt hatte und die Schussabgabe verhältnismäßig war. Laut dem Polizeigesetz dürfen Schusswaffen gegen Personen nur eingesetzt werden, um Angreifer zu stoppen.
"Überreagiert" - Kritik an Polizei
Freunde des Getöteten legten derweil am Ort der mutmaßlich tödlichen Schüsse Blumen nieder und hinterließen Abschiedsbriefe. Wie NDR Niedersachsen erfuhr, soll der Getötete aktiver Fußballer und in der Stadt recht bekannt gewesen sein. Am Dienstag zeigten sich Freunde fassungslos und machten der Polizei schwere Vorwürfe. Diese habe überreagiert, sagten sie dem NDR Niedersachsen. Auch in den sozialen Netzwerken äußerten viele Nutzer Kritik an der Polizei. Enge Freunde wollen nun eine Demonstration organisieren und mit einer Spendenaktion Geld für die Mutter sammeln.
Mindestens vier Menschen durch Reizgas leicht verletzt
Die Schüsse fielen laut Polizei gegen 2.40 Uhr in der Nacht zu Ostersonntag. Der 21-Jährige sei mehrfach getroffen und dabei lebensgefährlich verletzt worden, so die Polizei. Ihren Angaben nach erlag der Mann anschließend in einem Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Dem 21-Jährigen sei zuvor der Zutritt zur Diskothek "Pablo's" verwehrt worden, hieß es. Daraufhin soll der Mann Reizgas in Richtung von zwei Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes versprüht haben. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden dabei mindestens vier Menschen leicht verletzt: die Security-Mitarbeiter sowie zwei Menschen, die vor der Disco standen.
Polizist schießt auf mutmaßlichen Angreifer

Anschließend sei der Angreifer geflüchtet, so die Polizei. Ihren Angaben nach sollen mehrere Personen den Mann zunächst verfolgt haben. Sie hätten gestoppt, als der 21-Jährige ihnen mit einem Messer drohte. Als Polizisten den Mann angesprochen hätten, sei er zunächst davongerannt. In einer benachbarten Straße sei er dann bedrohlich auf weitere Polizisten zugegangen und habe das Pfefferspray gesprüht. "Schließlich machte ein 27-jähriger Beamter von seiner Schusswaffe Gebrauch", so die Polizei.
Polizei Delmenhorst übernimmt Ermittlungen
Gegen den 27 Jahre alten Polizisten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Totschlags eingeleitet. Dies sei in solchen Fällen üblich, sagte der Polizeisprecher. Das Verfahren wird von der Staatsanwaltschaft Oldenburg geführt. Mit den Ermittlungen wurde aus Gründen der Neutralität eine andere Polizeiinspektion betraut, in diesem Fall Delmenhorst.
22 Tote bei Dienstwaffengebrauch im Jahr 2024
Im Jahr 2024 wurden nach Informationen der Zeitschrift "Bürgerrechte & Polizei" in Deutschland 22 Menschen von Polizisten im Einsatz erschossen - so viele wie seit über vier Jahrzehnten nicht mehr. Im laufenden Jahr wurden bundesweit bislang elf tödliche Schüsse aus Dienstwaffen abgegeben. Seit 1976 zählt die Statistik insgesamt 525 Todesschüsse.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, der Beamte sei vom Dienst suspendiert worden. Richtig ist, dass er freigestellt wurde. Wir haben die Stelle korrigiert.
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