Erstes LNG-Terminal eröffnet: Scholz lobt "Deutschland-Tempo"
Das erste deutsche Importterminal für Flüssigerdgas ist eröffnet. Bundeskanzler Olaf Scholz lobte die schnelle Umsetzung. Die Deutsche Umwelthilfe kündigte weitere rechtliche Schritte an.
Der SPD-Politiker sprach am Sonnabend vom "neuen Deutschland-Tempo, mit dem wir Infrastruktur voranbringen". Es sei Vorbild für weitere Infrastrukturprojekte. "Insofern ist es ein guter Tag für unser Land, ein gutes Zeichen auch an die ganze Welt, dass die deutsche Volkswirtschaft in der Lage sein wird, weiter wirtschaftlich stark zu sein, zu produzieren und mit dieser Herausforderung umzugehen", sagte Scholz mit Blick auf die Energiekrise. Das Terminal solle helfen, unabhängig vom Pipeline-Gas aus Russland zu werden.
Olaf Scholz: LNG-Terminal innerhalb weniger Monate gebaut
Scholz betonte, dass die Entscheidung für eine solche Anlage erst nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Frühjahr getroffen worden sei. Binnen weniger Monate wurde für das Terminal eine neue, rund 26 Kilometer lange Anbindungspipeline und ein neuer Anleger an einer bestehenden Umschlaganlage nördlich des Tiefwasserhafens JadeWeserPort gebaut. Viele hätten gesagt, das sei nicht möglich. "Das Gegenteil ist wahr", sagte Scholz. Der Kanzler dankte am Sonnabend den Arbeitern und Ingenieuren, Unternehmen und Behörden. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) pflichtete dem Kanzler bei: Es gehöre zu den großen politischen Leistungen, "dass die leeren Speicher gefüllt worden sind und dass wir heute mit der Eröffnung des ersten LNG-Terminals hier in Deutschland zeigen, wie wir auch weiter Unabhängigkeit voranbringen."
Große Sicherheitsvorkehrungen in Wilhelmshaven zur Eröffnung
An dem Festakt nahmen neben Scholz und Weil unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) teil. Da die Sicherheitskräfte Protestaktionen befürchteten, waren im Umkreis der Umschlaganlage Voslapper Groden mehrere Straßen gesperrt - insbesondere im Bereich der Bäderstraße. Zudem galt ein Drohnen-Flugverbot im Umkreis von 2,5 Kilometern.
LNG-Terminal: Abwässer dürfen in Jade geleitet werden
Am Freitag hatte der Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz grünes Licht für die Inbetriebnahme LNG-Terminals gegeben mit seiner Erlaubnis, dass Abwässer in die Jade geleitet werden dürfen. Konkret ging es darum, dass das am Donnerstag in Wilhelmshaven angekommene Spezialschiff "Höegh Esperanza" chlorhaltige Abwässer in die Jade pumpen darf. Die "Höegh Esperanza" ist das Herzstück des Terminals. Das fast 300 Meter lange Spezialschiff wird künftig das von Tankschiffen angelieferte verflüssigte Erdgas in den gasförmigen Zustand umwandeln und in das deutsche Gasnetz einspeisen. Das Chlor sorgt dafür, dass die Rohre des Schiffes frei bleiben - insgesamt sollen es pro Jahre etwa 35 Tonnen sein, die ungeklärt ins Wasser geleitet werden.
Umweltschützer kritisieren das Verfahren und fürchten Schäden für das Wattenmeer. Sie verweisen darauf, dass es chemiefreie Reinigungsverfahren gibt. Imke Zwoch, Mitglied im BUND-Landesvorstand in Niedersachsen, sagte, alle anderen Spezialschiffe, die für den Umschlag von LNG in Deutschland zum Einsatz kommen sollen, kämen ohne den Einsatz von Bioziden wie Chlor aus. "Wir können nicht verstehen, warum man dieses halbe Jahr nicht genutzt hat, um das Schiff entsprechend umzurüsten." Nach Angaben des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) werden die gesetzlichen Anforderungen jedoch erfüllt. NLWKN-Direktorin Anne Rickmeyer verwies darauf, dass die Einleitungen anhand von Messungen rund um das Schiff und im Jadebusen streng kontrolliert würden. Die Deutsche Umwelthilfe kündigte am Sonnabend nichtsdestotrotz weitere rechtliche Schritte an.
BUND: Das Gegenteil von klimaverantwortlicher Politik
Die Umweltverbände kritisieren das Projekt generell auch als "überdimensionierte, klimaschädliche Infrastruktur". Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt, sagte am Freitag: "Der geplante Bau von LNG-Terminals schießt weit über das hinaus, was notwendig wäre, um gut durch die nächsten Winter zu kommen." Die Bundesregierung verfestigte damit auf Jahrzehnte eine fossile Infrastruktur - und betreibe das Gegenteil von klimaverantwortlicher Politik. Band fordert, den Betrieb des Terminals in Wilhelmshaven zeitlich deutlich stärker zu befristen.
Habeck: Alternative wäre Winter mit Gasmangellage
Habeck zeigte sich in den ARD-Tagesthemen überzeugt, dass die Genehmigung für die Terminals Klagen standhalten würde. "Wir agieren unter höchstem Druck, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten." Das bedeute, dass bei Beteiligungsprozessen "wir manchmal Verfahren einkürzen müssen", sagte der Minister. Das könne man nicht so gut finden, die Konsequenz aber wäre "ein Winter in Gasmangellage". Und Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Christian Meyer (Grüne) betonte, dass für die Genehmigung und den Betrieb hohe Umwelt- und Sicherheitsstandards verpflichtend seien. "Es gibt keinen Umweltrabatt." Außerdem seien rund 300 Einwendungen von Bürgern und Umweltverbänden eingegangen und geprüft worden. Laut dem Betreiber, dem Gasimporteur Uniper ist die Inbetriebnahme ist für kommenden Donnerstag geplant.