Stand: 06.12.2015 17:35 Uhr

Zerstörte Friesenbrücke: Schiff hatte keine Mängel

Die Ursache für den Unfall, bei dem ein Frachter die Friesenbrücke bei Weener (Landkreis Leer) in zwei Teile riss, bleibt weiter unklar. Wie Karsten Wolf von der zuständigen Zentralen Polizeidirektion in Hannover mitteilte, sind an dem Schiff keine Mängel festgestellt worden. Ein technischer Defekt komme als Unfallursache damit nicht infrage. Die Untersuchung sei abgeschlossen, das Schiff wieder freigegeben. Allerdings kann der Frachter von Papenburg noch nicht losfahren, weil die Hauptschifffahrtsöffnung der Friesenbrücke immer noch blockiert ist. Steckt menschliches Versagen hinter dem Totalschaden in Millionenhöhe? Laut Wolf ist das "nicht auszuschließen".

Brücke ist irreparabel beschädigt

Bei dem Unfall am Donnerstagabend hatte der Frachter die Friesenbrücke im Landkreis Leer mit voller Wucht gerammt. Der Mittelteil der Eisenbahn-Klappbrücke wurde dabei stark in Mitleidenschaft gezogen, Teile des historischen Bauwerks wurden abgerissen. Die gesamte Brücke wurde durch die Kollision sogar um einige Meter verschoben. Verletzte gab es nicht. Zum Zeitpunkt der Kollision war die Klappbrücke geschlossen. "Nach jetzigen Erkenntnissen ist die Brücke irreparabel beschädigt", sagte Egbert Meyer-Lovis, Sprecher der Deutschen Bahn, die Eignerin der Friesenbrücke ist. Ein Neubau werde Jahre dauern. Sowohl der mobile als auch der maschinentechnische Teil seien zerstört. Das hätten die Untersuchungen des Notfallteams der Deutschen Bahn ergeben. Noch ist unklar, wie es zu dem Unglück kam.

Kleinere Binnenschiffe haben wieder freie Fahrt

Immerhin: Die Ems ist seit dem frühen Freitagnachmittag wieder für Binnenschiffe mit einer maximalen Höhe von vier Metern passierbar. Sie können laut Wasser- und Schifffahrtsamt durch die für die kleineren Schiffe vorgesehene Öffnung der Brücke fahren. Bei der Behörde in Emden geht man zurzeit davon aus, dass die Wasserstraße in der kommenden Woche auch wieder für Seeschiffe freigegeben werden kann. Geplant sei, so Behördenleiter Reinhard de Boer, das völlig zerstörte Mittelteil der Brücke - ähnlich wie bei den Passagen der Kreuzfahrtschiffe der Meyer Werft - mit einem Schwimmkran auszuheben. Das soll im Lauf der kommenden Woche geschehen.

10.000 Schiffe pro Jahr

Im Durchschnitt befahren nach Angaben des Wasser- und Schifffahrtsamtes 10.000 Schiffe im Jahr die Unterems. Das seien 30 Schiffe pro Tag, 28 davon Binnenschiffe. Seit dem Unfall an der Friesenbrücke hätten nur zwei Schiffe an der Brücke gewartet, die meisten seien rechtzeitig informiert gewesen und hätten Umwege über Küstenkanal oder Hunte genommen.

Strecke Leer-Groningen bis auf Weiteres gesperrt

Auswirkungen hat der Unfall auch für den Bahnverkehr: Die Eisenbahnbrücke ist nicht mehr befahrbar, und das voraussichtlich für längere Zeit. "Die Gleise sind völlig zerstört, und die ganze Brücke muss neu gemacht werden", sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei. Wann die von der britischen Bahntochter arriva betriebene Strecke zwischen Leer und dem niederländischen Groningen wieder freigegeben wird, ist unklar. Als Ersatz fahren Busse.

Polizei befragt Besatzung

Nachdem der Frachter von der Brücke gelöst worden war, wurde er zurück nach Papenburg geschleppt. Dort befragte die Wasserschutzpolizei am Freitagmorgen die Besatzung des Schiffes. Auch Lotse und Brückenwärter wurden vernommen, um die Unfallursache zu klären. Erste Ergebnisse soll es Anfang der kommenden Woche geben. Vorläufig darf der Havarist den Hafen nicht verlassen. Das 112 Meter lange Seeschiff "Emsmoon", das unter der Flagge von Antigua und Barbuda fährt, hatte laut der Internetseite "MarineTraffic" Papenburg gegen 18 Uhr Richtung Nordsee verlassen. Gebaut wurde der Frachter im Jahr 2000, der Heimathafen ist St. Johns, die Hauptstadt von Antigua.

Wahrzeichen und Nadelöhr

Die Friesenbrücke, 335 Meter lang und vier Meter hoch, ist ein Wahrzeichen der Region. Sie wurde 1926 eingeweiht und gilt als eine der längsten Klappbrücken der Eisenbahn in Deutschland. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie zerstört; 1951 aber wieder aufgebaut. Bei Überführungen von Schiffen der Papenburger Meyer Werft wird das Bauwerk zum Nadelöhr: Die Durchfahrtsbreite liegt bei lediglich 25 Metern. Daher wird die Friesenbrücke von einem Schwimmkran ausgehängt, wenn die Kreuzfahrt-Riesen die Ems passieren.

Meyer Werft vorerst nicht betroffen

Die Meyer Werft ist von der beschädigten Friesenbrücke vorerst kaum betroffen. Wie Werftsprecher Peter Hackmann auf NDR Anfrage mitteilte, würden Stahl und andere Baumaterialien fast ausschließlich über Straße und Schiene angeliefert. Allerdings hofft die Werft trotzdem auf eine zügige Beseitigung des Problems, da im März kommenden Jahres die nächste Überführung anstehe.

Karte: Die Unfallstelle auf der Ems

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 06.12.2015 | 12:00 Uhr

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