Holocaust-Überlebender Weinberg hat Verdienstkreuz zurückgegeben
Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg aus Leer hat sein Bundesverdienstkreuz zurückgegeben - aus Protest gegen die Abstimmungen zur Migrationspolitik im Bundestag Ende Januar.
Der 99-jährige Weinberg hatte die Auszeichnung dem Mannheimer Fotografen Luigi Toscano mitgegeben. Dieser war am Dienstag nach Berlin gereist, um seinen Verdienstorden ebenfalls zurückzugeben. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bedauerte den Schritt "zutiefst", wie es in einer Mitteilung hieß. "Dass Albrecht Weinberg so kurz vor seinem 100. Geburtstag in brennender Sorge vor dem erstarkenden Rechtsextremismus lebt, schmerzt mich", sagte Steinmeier. Der Einsatz der Ausgezeichneten für die Demokratie in Deutschland sei von überragender Bedeutung, so der Bundespräsident; sein Respekt und seine Anerkennung für ihre Verdienste bestünden fort.
Verdienstkreuz-Rückgabe aus Protest gegen Abstimmung
Der 99-jährige Weinberg, der die Konzentrationslager Auschwitz, Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen überlebte, hatte zuvor angekündigt, sein 2017 erhaltenes Bundesverdienstkreuz zurückzugeben. Mit dem Schritt will Weinberg nach eigenen Angaben seinen Protest gegen eine Bundestagsabstimmung zur Migrationspolitik Ende Januar ausdrücken, bei der die Union Stimmen der AfD in Kauf genommen hatte. Das Bundesverdienstkreuz sei eine hohe Ehre für ihn, sagte Weinberg. Aber: "Es ist zu schwer geworden, es zu tragen, wenn man solche Nachrichten hat. Furchtbar", so der 99-Jährige. Nachdem auch Luigi Toscano angekündigt hatte, seine Auszeichnung zurückgeben zu wollen, lud Steinmeier beide Männer zu einem Gespräch ein. Weinberg ließ sich in dem Telefonat nicht umstimmen, auch Toscano blieb bei seinem Entschluss.
Weinberg: "Dann muss ich auch selbst ein Zeichen setzen"
Weinberg hatte nach eigenen Angaben sein Bundesverdienstkreuz in einem Umschlag gepackt und seinem Freund Toscano mitgegeben. "So sparen wir das Porto", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Seine Entscheidung begründete er damit, konsequent bleiben zu wollen. Er sage im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern häufig, wie wichtig es sei, den Mund aufzumachen "gegen die rechte Gefahr", sagte Weinberg dem Nachrichtenmagazin - "dann muss ich auch selbst ein Zeichen setzen". Weinberg berichtet seit einiger Zeit an Schulen über die NS-Zeit - und hatte auch dafür das Bundesverdienstkreuz erhalten.
Festakt zum 100. Geburtstag - ohne Steinmeier
Albrecht Weinberg wird am 7. März 100 Jahre alt. Nach Informationen des NDR in Niedersachsen hatte er am Ende seines Telefonats mit Steinmeier den Bundespräsidenten zu seinem Geburtstag eingeladen. Steinmeier habe aus Termingründen aber abgesagt. Anlässlich seines Geburtstages sind in Leer und seinem Geburtsort Rhauderfehn für Weinberg zwei Festakte geplant. Er ist Ehrenbürger beider Orte.
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